Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
ihnen raten, ich kann sie drängen, damit zu warten, bis diese Geschichte überprüft und seine Identität zweifelsfrei festgestellt wurde, doch sie sagen, er weiß viel zu viel über die Familie, um nicht echt zu sein. Sie wollen nur, dass er endlich wieder geht, und wenn dazu Geld nötig ist, dann werden sie es ihm vielleicht anbieten. Letztendlich ist es ihre Entscheidung, wenn sie ihn abfinden, und ich kann sie nicht daran hindern. Übrigens breche ich keine Schweigepflicht, wenn ich dir das alles erzähle. Ich habe ihnen gesagt, dass ich überlege, mit dir zu reden, und sie waren sehr dafür. Kannst du vielleicht einmal nach Fourways fahren und mit ihnen reden? Sie kennen dich, und sie kennen unsere Familie schon seit langer Zeit, sogar den verrückten alten Onkel Henry. Ich bin sicher, sie werden auf dich hören.«
Fünfzehn Minuten später kam der zweite Anruf, diesmal von Pamela Painter.
»Ich schätze, Sie mögen es nicht, bei der Arbeit gestört zu werden, Alan. Geoffrey mag es auch nicht«, begann sie auf ihre forsche Art.
»Aber das ist ein quasioffizieller Anruf. Sie haben von diesem Kerl gehört, der sich selbst Jan Oakley nennt?«
Markby bejahte die Frage. Ja, er hatte auch von dem Testament gehört und von den Behauptungen, die Jan Oakley vorgebracht hatte. Nein, die Geschichte gefiel ihm nicht ein bisschen.
»Na«, sagte Pamela rigoros,»dann müssen Sie etwas unternehmen, Alan.«
»Es ist keine Angelegenheit der Polizei, Pam.«
»Auch keine der Politik. Aber wir sind verantwortlich, Alan! Wir sind mit den alten Damen bekannt! Wir sind menschlich verantwortlich!«
»Haben Sie schon mit James Holland gesprochen?«, fühlte sich Markby durch diesen drängenden Appell veranlasst zu fragen.
»Vielleicht, wenn ein Geistlicher sich an Jan Oakley wendet …«
»Das ist eine gute Idee, Alan! Ich werde mich gleich mit James in Verbindung setzen! Aber wir müssen alle unseren Teil beitragen. Wir alle, Alan! Dieser Jan Oakley darf nicht ungeschoren davonkommen!« Als Ergebnis wurde Meredith, als sie an jenem Abend von der Arbeit nach Hause kam, bereits von Alan erwartet.
»Wir gehen aus zum Essen«, sagte er.
»Großartig!« Sie ließ ihren Aktenkoffer auf einen Stuhl fallen und trat sich die Schuhe von den Füßen.
»Gib mir nur eben Zeit zum Duschen und Umziehen …« Dann bemerkte sie den rätselhaften Ausdruck in Alans Gesicht. Misstrauen erfasste sie.
»Warum denn und wohin eigentlich?«
»Ich dachte, wir könnten mal das The Feathers ausprobieren.«
»Dieses Pub in der Nähe von Fourways House? Das Essen soll höchst mittelmäßig sein dort, habe ich gehört.«
»Jan Oakley isst dort zu Abend.«
»Oh«, sagte Meredith.
»Ich wollte sowieso mit dir über diesen Oakley reden. Juliet und ich haben uns heute in der Mittagspause getroffen.«
»Laura hat mich angerufen. Pamela Painter ebenfalls«, erwiderte Markby.
»Dann geht es also um dieses Testament, ja? Um Jan Oakleys Plan, Geld aus den beiden alten Schwestern zu erpressen?«
»Er hat kein Gesetz gebrochen«, warnte Alan sie.
»Wir müssen sehr behutsam vorgehen. Andererseits wüsste ich keinen Grund, warum wir nicht unsererseits ebenfalls ein wenig Druck ausüben sollten.«
»Höchst durchschnittlich«, entschied Meredith, als sie das Pub betraten, und es war in der Tat eine passende Beschreibung. Das Pub war in einem alten Bruchsteingemäuer unter einem Schieferdach untergebracht. Irgendwann, wohl um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, war es ohne Rücksicht auf den ursprünglichen Stil erweitert worden, was zu einem hässlichen Mischmasch geführt hatte. Im Innern des Hauses herrschte ein ähnlicher Mangel an Geschmack. Eine alte Strukturtapete, frisch in Cremeweiß gestrichen, verfärbte sich bereits vom Zigarettenrauch bräunlich. Sie löste sich in breiten Streifen von der Wand, und sämtliche Nähte standen ab. Gerahmte alte Sepiafotografien von historischen Landschaften verstärkten den Eindruck von umfassender
»Braunheit« noch. Die Fotografien mochten vielleicht echt sein, doch besonders interessant waren sie deswegen noch lange nicht. Die besten darunter zeigten das Personal des The Feathers um etwa 1900 herum, in Positur vor dem Haus. Sämtliche Männer trugen Bowlerhüte mit Ausnahme eines jungen Burschen, der eine Schottenmütze auf dem Kopf trug. Die Wirtin schien Trauer zu tragen, ganz in Schwarz gehüllt und verschleiert. Das Feathers, entschied Meredith, war offensichtlich noch nie ein fröhlicher Ort
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