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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mich neulich entführt, verdammt, reicht das nicht?«
    »Hm. Aber er hat dich wieder gehen lassen. Das sieht Warren Price gar nicht ähnlich. Wenn der es gewesen wäre, müssten wir dich jetzt irgendwo ausbuddeln.«
    »Vielleicht hatte er einen schlechten Tag?«
    »Vielleicht war es einfach nicht Warren Price. Oder doch, und er hat nur seine Taktik geändert.«

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    Die Lichter der Stadt erhellten die hohen Gebäude und die weit geschwungenen Häuserreihen der Crescents. Lindsey spazierte die Alfred Street entlang, die von den Assembly Rooms zum Lansdown Hill verläuft. Hier bewegte man sich um Einiges über dem Autoverkehr, denn die Gehsteige lagen beinahe einen Meter höher als die Straße. In regelmäßigen Abständen führten ausgetretene Stufen hinunter. Über jeder dieser kleinen Treppen spannte sich ein schmiedeeiserner Bogen, in dem früher eine Feuerschale aufgehängt war, um den Weg zu erleuchten. Heutzutage waren diese Körbe leer, denn inzwischen hatten Straßenlaternen diese Aufgabe übernommen.
    Lindsey war auf dem Nachhauseweg von einem Konzert der Medieval Minstrels 1 . Eigentlich hatte sie mit einem Begleiter dort hingehen wollen, aber er war nicht gekommen. Sie war darüber ein wenig betrübt. Sie mochte ihn sehr, aber es nahm sie nicht gerade für ihn ein, dass er sie versetzt hatte.
    Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass sein Beruf ihn zu sehr eigenartigen Arbeitszeiten zwang. Das hat er dir doch auch gesagt, erinnerte sie sich. Normalerweise wäre deswegen eine Beziehung auf Grund gelaufen, aber er arbeitete eben hart. Und er war anders als die anderen. Ganz gewiss.
    Sie zwang sich zu angenehmeren Gedanken. Natürlich kam ihr das Konzert in den Sinn, das sie gerade gehört hatte. Ihr Kopf füllte sich mit Musik. Summend spazierte sie weiter.
    Das Geräusch eines näher kommenden Motorrades unterbrach ihre Gedanken.
    Der Fahrer machte bei einer der Treppen am Straßenrand Halt |183| und schob das Visier auf. »Tut mir leid, dass ich es nicht geschafft habe. Ich hatte noch eine Lieferung zu machen. Ich komme gerade von der Arbeit.«
    Sie warf einen Blick auf seine Stiefel. »Das sehe ich.«
    »Spring auf.«
    Sie lächelte. Der Abend hatte sich doch noch ganz gut entwickelt. »Aber gern.«

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    Es war schon spät. Die Geisterstunde war vorüber.
    Der Innenhof zwischen der Rückseite des Hotels und dem Kutscherhäuschen war auf allen Seiten von Gebäuden oder hohen Mauern umgeben. Honeys Schritte hallten aus sämtlichen vier Ecken wider.
    Irgendetwas ließ sie auf halbem Weg stutzen. Sie schaute zu dem Tor, das ihren Privatbereich von der Rasenfläche und dem für Hotelgäste reservierten Patio abtrennte.
    Die Kletterpflanzen an den Mauern sahen unverändert aus. Ebenso die Kübel mit Petersilie, Rosmarin, Salbei und Lavendel. Das war das Tolle an einem Innenhof: Kein Jäten. Kein Rasenmähen. Man zupft nur ab und zu mal ein Unkraut aus und schneidet die Pflanzen ein wenig zurück. Fertig.
    In einer Ecke wucherte, halb im Schatten verborgen, eine üppige Kletterrose. Sie bewegte sich leise in der abendlichen Brise. Honey schaute sie genauer an. Hatte ein Rosenzweig im Abendhauch gezittert, oder hatte sich da ein Schatten bewegt?
    Nur mit der Ruhe. Logisch denken. Es hätte auch ein Vogel sein können. Aber waren denn mitten in der Nacht Vögel unterwegs?
    Ein anderer, Besorgnis erregender Gedanke wollte sich einfach nicht vertreiben lassen. Sah sie da unten an der Rose etwa zwei Gummistiefel stehen?
    Bei Tageslicht hätte sie sich keinen Deut darum geschert. Aber bei Nacht war es schon etwas ganz anderes.
    Mit rascher werdenden Schritten steuerte sie auf ihre Haustür zu und pfiff »Wer hat Angst vorm bösen Wolf?« vor sich hin.
    Endlich fiel die Tür mit einem dumpfen Knall hinter ihr ins Schloss. Das war das Wunderbare an alten Türen: Sie hatten Substanz |185| und Charakter. Das Beste war allerdings ihr massives, dickes Holz. Für diese Tür hatte man damals eine Eiche oder Ulme gefällt. Mit klopfendem Herzen lehnte Honey sich dagegen. Die Tür fühlte sich gut an. Stark und solide.
    Zuhause! Es gab nichts Besseres.
    Der Gedanke an eine frische Tasse Kaffee schoss ihr durch den Kopf. Ein Schluck Wasser würde es auch tun. Das Bett lockte. Ein frisch bezogenes Bett, der Himmel auf Erden. Sie kickte die Schuhe von den Füßen und schlüpfte aus den Kleidern. Sie schlief ein. Allerdings erwachten dann in ihren Albträumen allerlei Schatten zum Leben. Aus einer

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