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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den Kopf so weit nach hinten drehen? Derlei hatte sie höchstens einmal in einem Horrorfilm gesehen. Weder das Fuchteln noch der Blick zurück waren mit dem morgendlichen Berufsverkehr in Bath zu vereinbaren.
    Taxis hupten, Bremsen quietschten, und ein Mann in einem weißen Lieferwagen zeigte ihnen den Stinkefinger.
    Lindsey riss das Steuer herum, lenkte den Wagen gerade noch von einem aufgestellten Plakat weg, das in seinem Rahmen bebte.
    Honey hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer Tochter den Vordersitz überlassen hatte. Vielleicht war es versponnen, aber sie hätte doch gern ihre Gene noch an künftige Generationen weitergereicht. Und Lindsey war der einzige Genpool, den sie hinterlassen würde.
    |191| Seltsam, dass man immer an die Ewigkeit und das Leben nach dem Tod denken musste, wenn Mary Jane in der Nähe war. Die schlaksige, hoch aufgeschossene Kalifornierin sah und hörte nichts. Ihr Mundwerk war im höchsten Gang.
    »Glaubt mir, diese Frau aus dem Mittleren Westen war nicht auf dem Spaziergang, um Gespenster zu sehen. Die hatte einfach nicht die richtige Aura. Erinnerst du dich? Das habe ich dir gleich gesagt.«
    Honey musste ihr zustimmen. »Ja, das weiß ich noch.«
    Keiner von den befragten Leuten hatte angegeben, Interesse an Geistern zu haben. Die waren alle nur zum Spaß mitgegangen. Aber Lady Templeton-Jones war wirklich die unwahrscheinlichste Kandidatin gewesen.
    Nun wurden alle Insassen des rosa Cadillac mit mehrfacher G-Kraft in die Sitze gepresst, als Mary Jane das Gaspedal bis zum Boden durchdrückte. Der Wagen machte einen Satz nach vorn, und drei umweltfreundliche Radler konnten sich gerade noch eine Rollstuhlrampe hinauf retten.
    Lindsey brüllte: »Mannomann!«
    Mary Jane bestärkte ihre Aussage: »Genau! An der Sache ist was faul!«
    Mehr mit Glück als Geschick schaffte es Mary Jane, den Wagen auf die Hauptstraße zu manövrieren, wenn auch mit einem ziemlich großen Umweg. Sie wollte es nicht riskieren, quer durch die Stadt zu fahren, und hatte daher beschlossen, erst einmal auf Bristol loszusteuern und dann einen großen Bogen am Green Park vorbei zu schlagen. Inzwischen bretterten sie auf den Queen Square und zwangen den Fahrer eines Müllwagens, voll auf die Bremse zu treten.
    »Was für ein übelgelaunter Bursche«, meinte Mary Jane leicht verwundert.
    Lindsey versuchte ihr den Wutausbruch des Mannes zu erklären – dachte sie jedenfalls. »Du hast nicht nach rechts und links geschaut, bevor du auf den Platz gefahren bist.«
    »O doch, das habe ich wohl«, antwortete Mary Jane in beleidigtem Tonfall. »Hab ich das nicht gemacht, Honey? Du hast es |192| doch gesehen, nicht? Nein, nein, ihr Briten seid schuld. Ihr fahrt einfach auf der falschen Straßenseite.«
    Lindsey seufzte und beschränkte sich darauf, ihr Anweisungen zu geben, wohin sie nun fahren sollte. »Also erstmal an Lambridge vorbei. Danach sag ich dir, wie’s weitergeht.«
    »In Ordnung!«
    Nun verlief die Reise ein wenig ruhiger. Sie fuhren nach Osten, ungefähr in die Richtung von Bradford-on-Avon. Winsley lag in den Außenbezirken. Komme was da wolle – und damit meinte Honey sämtliche Hindernisse, die sich ihnen noch in den Weg stellen könnten –, sie würden ihr Ziel erreichen. Zum Glück ging es jetzt eine ganze Weile geradeaus. Dann kamen sie zu dem Kreisverkehr, bei dem die Straße nach Bradford-on-Avon rechts abzweigt. Mary Jane fuhr geradeaus weiter.
    Honeys Nerven waren schon zu sehr zerrüttet, als dass sie darauf noch hätte hinweisen können. Lindsey ging die Sache diplomatisch an.
    »Ich glaube, wir hätten da eben rechts abbiegen müssen, Mary Jane. Da stand, dass es rechts nach Bradford-on-Avon geht. Es wäre vielleicht das Beste, wenn du umdrehen würdest.«
    »Mist!«, rief Mary Jane. »Ich wende gar nicht gerne. Ich fahre lieber immer geradeaus. Früher konnte ich gut wenden und rückwärts fahren. Aber heute fahre ich am liebsten nur vorwärts.«
    Das klang nicht gut. Autos sollten ja eigentlich, was die Fahrtrichtung angeht, ziemlich flexibel sein. Mary Jane brauchte ein Auto, das all das für sie von selbst erledigen würde.
    »Ich wette, wir können hier irgendwo auch noch abbiegen«, verkündete Mary Jane voller Zuversicht.
    Honey bemerkte, wie sich die Schultern ihrer Tochter zu einem perfekten Quadrat versteiften. Auch in ihrem Körper waren alle Muskeln zum Zerreißen angespannt. Das Adrenalin strömte in beunruhigenden Mengen durch ihr Blut, machte sie allzeit bereit zu Kampf

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