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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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selbst drehte sich, wurde hin- und hergeschleudert. Sein Kopf wurde abrupt nach vorne gerissen und dann prallte er mit voller Wucht gegen die Lederkopfstütze.
    Plötzlich herrschte absolute Ruhe.
    In den Ohren dröhnte es, aber um ihn herum war alles ruhig. Keine Vögel, die eben noch gezwitschert hatten, kein beruhigendes Fahrgeräusch. Er hörte nichts mehr.
    Aber er spürte Schmerzen, bevor er wusste, was passiert war.
    Und dann spürte er den kalten Luftzug, wo eben noch wohlige Wärme gewesen war.
    Davídsson merkte, wie sein Puls raste. Zum Glück bin ich kein kleines Kind, dachte er. Gott sei Dank habe ich nicht an meine Augen gefasst.
    Jemand hatte ihn von rechts erwischt.
    Er sah schemenhaft die Lichter des Ostbahnhofs und davor ein Auto, dessen Marke er nicht erkennen konnte, weil es völlig zertrümmert auf der Straße zum Stehen gekommen war, oder zum Liegen.
    Die Ampel zeigte immer noch grün. Das Licht hatte sich über ihm ausgebreitet und wirkte jetzt bedrohlich und nicht beruhigend, wie es immer wieder hieß.
    Er versuchte, sich vom Sicherheitsgurt zu befreien. Die Airbags hingen schlaff vom Lenkrad. Sie sahen fast wie zerplatzte Luftballons aus. Es gelang ihm schließlich, sich aus der metallenen Hülle zu befreien, die einmal sein Auto gewesen war. Ein Stück Heimat, eine gefühlte Geborgenheit, die ihn von A nach B gebracht hatte.
    Davídsson stolperte zu dem anderen Wagen. Es war ein weißer Golf der ersten Baureihe. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie die Typenbezeichnung für das Modell war, aber es fiel ihm nicht ein. Die Suche in seinem Gedächtnis ließ ihn nicht mehr los, obwohl die Antwort völlig nebensächlich war. Vielleicht war es eine Art Schutzreaktion des Gehirns, aber seine Gedanken kreisten nur darum, diese verdammte Nummer aus der Erinnerung zu holen. Sie waren wie festgefahren. Es musste ein Schutz sein, um sich nicht der Wirklichkeit stellen zu müssen.
    Er hörte ein Stöhnen aus dem Innern, als er durch das Loch sah, das einmal eine Windschutzscheibe geschlossen hatte.
    Der Junge blutete am Kopf. Überall waren Glassplitter und es roch nach verbranntem Kunststoff.
    Davídsson versuchte die Tür zu öffnen, aber sie bewegte sich nicht mehr. Er versuchte es auf der Beifahrerseite, aber auch sie klemmte.
    Vom Bahnhof entfernte sich ein Taxi. Es gelang ihm, auf sich aufmerksam zu machen, bevor es in Richtung Innenstadt abbiegen konnte.
    »Typ 17«, sagte er schließlich völlig atemlos, als er den Jungen endlich aus dem Wrack befreit hatte. Er hatte die Rückscheibe mit dem Griff seiner Waffe eingeschlagen und war schließlich auf diesem Weg in das Wageninnere gelangt. Dann hatte er den bewusstlosen Jungen wie bei einer Schwimmrettung aus dem Auto gezogen. »Das war ein Golf vom Typ 17. Gebaut 1974 bis 1983.«
     
    Der Krankenwagen war schnell am Unfallort eingetroffen.
    Der Taxifahrer war zum Ostbahnhof zurückgefahren und hatte dort die Bundespolizeidienststelle informiert, die sofort alles Weitere veranlasst hatte. Die Kreuzung war noch immer gesperrt und das würde auch noch einige Stunden so bleiben.
    Ólafur Davídsson saß in der Aufnahme des Oskar-Ziethen-Krankenhauses in Lichtenberg. Der Junge war direkt zur Notaufnahme gebracht worden. Ihn hatte es deutlich schlimmer erwischt als Davídsson. Der alte Golf verfügte über keine Airbags oder einen Seitenaufprallschutz.
    Davídssons Kopfwunde musste genäht und die Rippenprellungen versorgt werden. Jede Bewegung schmerzte, aber vor allem dröhnte der Kopf.
    Es war bereits früher Morgen, als das Taxi vor dem großen Gittertor hielt. Die Müdigkeit war trotzdem verschwunden, auch wenn sich sein Puls wieder normalisiert hatte. Als er das Portemonnaie hervorgeholt hatte, hatte sein Nacken gebrannt. Er würde beim Duschen viele Hämatome vorfinden, die er im Krankenhaus noch nicht gesehen hatte.
    Es war angenehm ruhig auf der Straße und im Haus. Nur die Vögel sangen ihre Lieder und am Horizont hatte sich ein hellgrauer Streifen gebildet, der der ganzen Szenerie etwas Friedliches gab.
    Ólafur Davídsson hatte nach dem Jungen gefragt.
    Er wurde noch operiert, während Davídsson schon nach Hause gehen durfte, aber er war geblieben, bis die Ärzte ihm versicherten, dass der Junge durchkommen würde.
    Für ihn selbst hätte es deutlich schlimmer enden können. Die Ärzte hatten von Glück gesprochen, und von einem Schutzengel, der offenbar verhindert hatte, dass seine Kopfverletzung unheilbare Folgen hatte.
    Wenn man

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