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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Diese Seite ist knapp 94 Millimeter dick, die andere 92.
    Das war merkwürdig. Die meisten Maschinen sägen das frische Holz auf eine Dicke von 92 Millimetern. Erst dann trocknet das Holz und wird dünner.
    Das Holz der Leiter war aber auch nach dem Trocknen noch so dick wie frisches Holz, an einem Ende sogar noch dicker. Weil industrielle Holzsägen nur bestimmte, fest eingestellte Stärken sägen, gibt es nur eine Erklärung: Das Holz kam aus einer Maschine, die 95 Millimeter dicke Leisten sägt.
    Das ist die erste wichtige Information für Koehler und dieJury. Denn es gibt nur einige Dutzend Maschinen an der amerikanischen Ostküste, die das Holz für die Leiterstücke 12 und 13 gesägt haben können.
    Koehler fährt zurück in sein Labor in Madison. Die Polizei von New Jersey sendet ihm die Leiterstücke. Da fällt dem Holzfachmann noch etwas auf. Unter schrägem Licht zeigen sich kleine Fehler auf den maschinell geglätteten Seiten der Leisten. Diese Fehler rühren von kleinen Scharten in den Hobelmessern der Maschine her. Er zählt und vermisst die Scharten und errechnet, dass die Hobelwalzen auf der breiten Seite jeweils acht Messer aufweisen (die Walzen an den schmalen Seiten des Brettes besitzen je sechs Messer). Das ist die zweite wichtige Information.
    Denn jedes Messer hinterlässt bei jeder Drehung der Walze seinen Abdruck. Diese Abdrücke sind nichts anderes als Abstandsmarken. Da sich die Holzschneidewalzen in der Regel mit 50 Umdrehungen pro Sekunde bewegen, kann Koehler nun ausrechnen, wie schnell das Holz durch die Maschine geschoben wurde: Im Abstand von jeweils 24 Millimetern ist immer wieder die gleiche Scharte zu sehen. Das bedeutet, dass sich die Walze mit den Messern alle 24 Millimeter einmal gedreht hat und dann wieder beim ersten der acht Messer angekommen ist.
    Wenn eine Umdrehung der Walze eine fünfzigstel Sekunde dauert und das Holz dabei 24 Millimeter weiterwandert, dann bewegt sich die Leiste in der Maschine mit insgesamt gut vier Stundenkilometern. Eine schnelle Holzschneidemaschine! Die üblichen Geräte bearbeiten das Holz mit nur etwa zwei Stundenkilometern Durchsatz.
    Koehler hatte allerbeste Detektivarbeit geleistet, Sherlock Holmes wäre angetan: Unter den 1600 Holzwerken der Ostküste kam nur noch dasjenige infrage, das eine Sägemaschine besaß, die folgende Merkmale aufwies:
    • sechs Messer an den Seiten und je acht oben und unten;
    • eine seltene Holzdicken-Voreinstellung von 95 Millimetern.
    Koehler schreibt daraufhin alle Holzwerke an. Nur 23 besaßen vor dem Tag der Kindesentführung ein solches Gerät, und nur ein einziges hatte zugleich den schnellen Vortrieb von über vier Stundenkilometern! Der Grund: Die Techniker im Holzwerk der Familie Dorn in McCormick in South Carolina hatten im September 1929 an ihrer Maschine herumgebastelt und dabei die doppelte Geschwindigkeit eingestellt.
    Und es kam noch besser. Weil die Kunden sich über Scharten beschwert hatten, ließen die Dorns die Messer noch im selben Jahr schleifen. Danach gab es keine Scharten mehr. Das Holz, aus dem die Leiter im Lindbergh-Fall gebaut worden war, hatte also zwischen September und Dezember 1929 das Holzlager der Dorns verlassen. Ein Blick in das Fahrtenbuch ergab, dass nur 46 Lastwagenladungen des gesuchten Holzes mit Scharten ausgeliefert wurden.
    Nun begann eine der unglaublichsten Touren der Kriminalgeschichte. Koehler und der Polizist Lewis Bornman suchten in allen Holzhandlungen in der Nähe von Lindberghs Haus nach Holz aus den Dorn’schen Lieferungen. Ende November 1933 wurden die beiden – nach eigenen Angaben mittlerweile unzertrennlichen – Ermittler fündig. In der National Lumber & Millwork Co. fanden sie Holzreste, die aus der Maschine der Dorns stammten. Dieses Holzlager lag nicht nur in der Bronx, sondern die Lieferung war dort am 1. Dezember 1931 eingetroffen – drei Monate vor der Entführung des Lindbergh-Babys.
    In der Bronx war auch das Lösegeld durch Dr. Condon an Cemetery John übergeben worden. Hier musste der Verbrecher anzutreffen sein. Doch die Ermittlungen steckten anfangs fest, weil es keinen Verdächtigen aus der Bronx gab.
    Erst neun Monate später wurde der Schreiner Bruno Hauptmann verhaftet. Nachdem seine Frau aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war, durchsuchten zwei New Yorker Polizisten mit Koehlers Partner Bornman den Speicher der Hauptmanns. Noch immer fehlte das restliche Lösegeld. Vielleicht war es dort unter den Bodenleisten versteckt?
    Mit

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