Mordsdeal
Innereien unerträglich. Eine kurzfristige Erlösung brachte der erste unkontrollierte Rülpser in Samejas Richtung, die gerade den Plüschteddy hochhob und sich zu Tode erschrak.
Heiner stöhnte auf und verschwand Richtung Toiletten. Statt seiner schämte sich Gitti, sie stammelte ein »Entschuldigung«. Sameja winkte ab. »Das kenne ich von so manchem Studenten. Die rülpsen auch wie die Hirsche in der Brunftzeit. Meine Mutter und ich machen es da wesentlich leiser.«
Heiner quälte sich. Die Minuten gingen nur schleppend voran, er sah ständig auf die Uhr. Seine Beschwerden kamen im regelmäßigen Takt und wurden von Mal zu Mal stärker. Schweißausbrüche kündigten die Krämpfe an. In dem Zustand konnte er jedenfalls nicht nach Hause fahren und auch nicht den Stand abbauen. Im Moment hatte er Ruhe. Vielleicht war es jetzt ausgestanden. Wenn nur Gitti nicht immer so blöde besorgt zu ihm schauen würde. Das machte ihm Angst.
Ein Junge im Grundschulalter trat an den Stand. In der Hand hielt er ein rotes Plastikspielzeug in Form eines Flugzeuges. Er besah sich die Trödelsachen und staunte über die schöne Taschenuhr.
»Was kostet die?«, fragte er und fuhr vorsichtig mit dem Zeigefinger der freien Hand über das Relief im Jagdmotiv.
»Bleib davon und hau ab!«, befahl Heiner barsch. » Kannste sowieso nicht bezahlen! Verschwinde!«
Der Junge nahm das Flugzeug in die Rechte und holte aus. Er zielte genau auf Heiners Gesicht.
Heiner reagierte schnell, schnappte danach und hielt es dem Jungen unter die Nase. Genüsslich zerdrückte er es vor seinen Augen. Sein gehässiges Grinsen wurde zur Fratze. Er schrie kurz auf, fluchte und zog einen feinen Draht aus dem Handballen, den er zusammen mit dem unbrauchbaren Flugzeug in den Abfallkarton unter den Tisch warf. Er ging um den Trödeltisch herum und packte den fassungslos dastehenden Jungen mit einem Karnickelfangschlag.
Gitti flehte Heiner an, er solle Vernunft annehmen.
Sameja half sofort. Sie kniff Heiner in den Arm und drehte ihn um. Heiner wehrte sich heftig. Mia sah es, ließ ihren Kunden stehen und kam zu Hilfe, schnappte sich den anderen Arm. Ein Gerangel entstand. Der Junge befreite sich und lief heulend aus der Halle.
»Mein Flugzeug. Er hat mein Flugzeug kaputt gemacht«, schluchzte er unaufhörlich.
Ein Mann kam auf ihn zu. »Hier, kauf dir ein neues«, sagte er sanft und gab ihm einen Fünf-Euro-Schein.
*
Sameja und Mia standen zusammen. Es war nicht mehr viel los eine halbe Stunde vor Trödelmarktende, abgesehen von den Leuten, die sich in letzter Minute ein Schnäppchen erhofften und die Stände abgrasten nach Schildern wie: »Jeder Artikel nur 1€.«
Rings um sie herum hatten die Händler bereits ihren Platz verlassen oder waren beim Abbauen. Nachdem der Junge heulend den Stand verlassen hatte, musste Gitti sich um Heiner kümmern. Sie hatte ihn im Fünf-Minuten-Takt zur Toilette begleitet, aus Sorge, er würde dort umkippen. Trotzdem weigerte Heiner sich, ins Krankenhaus gefahren zu werden. Jetzt waren sie schon eine ganze Weile weg.
Mia machte sich daran, Heiner und Gittis Trödelsachen schon einmal zusammenzustellen, damit es beim Einpacken in die Kartons nicht so lange dauerte. Ihre Sachen standen fix und fertig zum Abtransport bereit, auch Sameja beherrschte das schnelle Einpacken. Irgendwann konnten sie mal einen Wettbewerb starten.
Nach weiteren 10 Minuten stellte Mia sich an Heiners und Gittis Stand, während Sameja ihren Wagen einräumte. Mia war anschließend an der Reihe. Als Sameja ihre Mission beendet hatte, brachte sie den schönen Heinz mit.
»Habt ihr schon gehört? Heiner ist in der Toilette zusammengeklappt. Es wurde Erste Hilfe geleistet und der Notarztwagen gerufen. Gitti meinte, ich soll euch Bescheid geben und fragen, ob ihr euch um die Sachen kümmern könnt.«
»Wie geht es Heiner?«, unterbrach Mia ihn. »Was hat der Notarzt gesagt oder Gitti?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ist wohl nichts Schlimmes. Ein Schwächeanfall, nichts Bedrohliches. Sie bringen ihn nach Kamp-Lintfort, wo er ein paar Infusionen bekommt, und wenn es ihm besser geht, soll er gründlich untersucht werden. Gitti ist dem Wagen hinterhergefahren.«
Mia nickte und schon war der schöne Heinz an den nächsten Stand verschwunden. »Habt ihr schon gehört?«
Es ging herum wie ein Flächenbrand, und die Ausmaße der Gerüchte wuchsen ebenso schnell an. Heiners Gesundheitszustand wurde immer bedrohlicher geschildert. Als Hilla nach
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