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Mordsee

Mordsee

Titel: Mordsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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schien. Charlotte bewegte sich als Erste. Sie stapelte behutsam die Teller aufeinander und sammelte die Bestecke ein.
    »Was werden Sie tun?«, beendete der Kapitän das Schweigen.
    »Nichts«, erwiderte Jung. »Ich habe ja nur eine Hypothese aufgestellt. Weiter nichts.«
    »Sind Sie heute Nachmittag mit dabei?«
    »Nein. Ich habe offiziell mit der Untersuchung nichts zu tun. Ich erwähnte das bereits.«
    »Schöner Marineexperte«, bemerkte der Kapitän vergrätzt. »Nehmen Sie einen Kaffee?«
    Sie stimmten zu und er gab die Bestellung auf.
    »Sie würden lieber freihaben als die Staatsanwälte an Bord, nicht wahr?«, sagte Jung versöhnlich.
    »Ja, natürlich. Aber … « Er brach ab und lehnte sich zurück. »Das ganze Trallala an Land ist nicht so toll, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. Nach jedem ›Besanschot an‹ muss ich mich auf strapaziöse Tage einstellen. Ich bin heilfroh, wenn ich endlich wieder abgelegt habe und auf See bin.«
    »Zählt ein Empfang im Royal Jachtklub auch zum Trallala? Hummer, Lachs, Champagner … « Jung ließ den Rest offen.
    »Was wollen Sie jetzt von mir hören?« Die Frage des Kapitäns war so gestellt, als erwarte er gar keine Antwort. Nach einem Moment des Schweigens fuhr er fort: »Ich will Ihnen mal was dazu sagen. Unter uns.« Sein Blick streifte Charlotte und heftete sich dann wieder auf Jung. »Die unchristlichen Attacken auf mich als Kommandant eines Windjammers gehen mir tierisch auf den Keks. Ich bin ein Mensch mit endlicher Geduld und normaler Leber. Unbeschadet kann ich meine Verpflichtungen nur bei eiserner Disziplin durchstehen.«
    »Und wie geht das?«
    »Ich faste regelmäßig und ich jogge, wann immer ich Gelegenheit habe.«
    »Sogar unter der erbarmungslosen Sonne Afrikas. Ich weiß«, lachte Jung verhalten.
    »Ja, wir trafen dort das erste Mal zusammen.«
    »Übrigens haben Sie in Frau Bakkens eine überzeugte Mitstreiterin. Sie ist heute schon kurz nach Sonnenaufgang durch Québec gejoggt.«
    Der Kapitän fixierte Charlotte anerkennend. »Ich habe Ihnen gleich angesehen, dass Sie Sport treiben. Sie wären die Richtige für dieses Schiff, Frau Bakkens. Wir sollten mal zusammen laufen. Was meinen Sie?«
    »Gern, Herr Kapitän. Morgen?«
    »Aber bitte nicht schon bei Sonnenaufgang. Später wäre mir lieber.« Er lächelte sie an und wandte sich dann Jung zu. »Und Sie? Was tun Sie für Ihre Gesundheit?«
    Jung antwortete nicht sofort, weil der Kaffee kam. Der Seemann trat zu ihnen und stellte Tassen, Kanne, Milch und Zucker auf den Tisch.
    »Ich werde nachher einen Spaziergang machen«, sagte Jung und gab einen Zuckerwürfel in die Tasse. »Zur Escalier du Cap-Blanc. Charlotte hat sie mir empfohlen. Ich soll sie hochlaufen. Das sei gut für mich. Sie ist Expertin.«
    Sie lachten.
    »Danke, Erwin. Wir sind fertig«, entließ der Kapitän den Seemann. Der nickte und zog sich zurück.
    »Sie haben sich nicht am Gespräch beteiligt, Frau Bakkens«, wandte sich der Kapitän an Charlotte.
    »Ich höre zu. Deswegen bin ich hier«, erwiderte sie sachlich.
    »Haben Sie aus Ihrer Sicht überhaupt nichts zum Tod der Kadettin zu sagen?«
    »Ich habe eine Frage. Ihr Butler, ist der taubstumm? Er hat noch kein einziges Wort gesagt.«
    »Mein Butler?«, lachte der Kapitän. »Er ist unser Messesteward. Er ist nicht taubstumm, nein.«
    »Was hat er denn?«
    »Er trauert um seinen Sohn. Er ist ins Hafenbecken gefallen. In Flensburg, da, wo Sie herkommen, Herr Jung. Konnte nur noch tot geborgen werden. Er war Offiziersanwärter und sollte zu uns an Bord kommen. Er gehörte übrigens der gleichen Crew an wie die verunglückte Kadettin. Schrecklich, das Ganze.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Charlotte und schüttelte den Kopf.
    »Sein Sohn war alles, was er an Familie noch hatte«, ergänzte der Kapitän. »Seitdem redet er nur, wenn es unbedingt sein muss.«
    »Das meine ich nicht. Ich frage mich, wie man ins Wasser fällt und gleich tot ist. Das Ufer ist nahe. Er war bei der Marine.«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht war’s der Alkohol.«
    »War er betrunken? Wie viel Promille hatte er denn?«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Und der Vater weiß das?«
    »Wie gesagt, er spricht nicht darüber. Er ist ein erfahrener Seemann. Ich schätze ihn.«
    »Apropos erfahren und Seemann«, schaltete sich Jung ein. »Ich würde gern mal in einen Mast klettern. Mir wurde gesagt, Sie müssten dafür Ihre Erlaubnis erteilen.«
    »Normalerweise habe ich kein Problem damit. Aber

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