Mordsgefluester
dagegen gehabt, oder?
Nach verdächtig langem Schweigen sagte er: »Ich weiß nicht, ob ich es heute Abend zum Great Bods schaffe, bevor du abschließt.«
»Das ist okay. Kein Problem.« Ich hatte das Great Bods jahrelang ohne ihn abgeschlossen; ich war ziemlich sicher, dass ich noch wusste, wie das ging. »Und pass auf dich auf, okay? Adieu.«
Ich hörte ihn mit unterdrückter Wut »Fuck« sagen, dann legte er auf.
Lynn stand immer noch neben mir. »Ich schätze, was du da tust, könnte man als lächeln bezeichnen, weil ich alle deine Zähne sehen kann, aber ganz ehrlich, es sieht verflucht gruslig aus. Tolle Frisur übrigens.«
»Danke.« Ich hob mein Haar kurz an und ließ es zurückschwingen. Dabei lächelte ich immer weiter.
13
Wyatt schaffte es nicht ins Great Bods, bevor ich abschloss, und er war auch nicht bei mir zu Hause, als ich dort ankam. Ich hatte leichte Gewissensbisse, weil ich ihm so zugesetzt hatte, denn er wäre bestimmt da gewesen, wenn er nicht bis über beide Ohren in der Arbeit gesteckt hätte, und das bedeutete wiederum, dass jemand ermordet worden war oder so. Er machte keine Spurensicherung mehr, aber er musste immer noch die Arbeiten am Tatort überwachen und so weiter.
Außerdem war ich irgendwie erleichtert, dass er nicht zu Hause war, weil es mich Mühe kostete, meinen Ärger im Zaum zu halten. Ehrlich gesagt tat ich das nur, weil ich ihn verstehen konnte. Er musste innerhalb des gesetzlichen Rahmens handeln, und solange ich keine handfesten Informationen liefern konnte, waren ihm die Hände gebunden.
Aber es gibt eine professionelle Einschätzung und eine persönliche Einschätzung, so wie es einen Unterschied zwischen den eigentlich angebrachten und meinen tatsächlichen Gefühlen gab. Ganz gleich, was er offiziell tun konnte, er hätte trotzdem etwas sagen können wie: »Hör zu, ich glaube dir. Ich kann im Moment nichts unternehmen, aber ich vertraue deinem Instinkt.«
Nur hatte er nichts dergleichen gesagt, so wie er mir auch den mysteriösen Anruf nicht geglaubt hatte. Was den Anruf betraf, hatte er wahrscheinlich recht, nachdem bislang kein weiterer gefolgt war, aber hier galt das gleiche Prinzip. Ich wünschte mir nur etwas Unterstützung in Notzeiten.
Okay, manchmal bringen meine Gedanken sogar mich zum Lachen. Offen gesagt wollte ich die Sonne, den Mond und die Sterne dazu, aber wozu sollte ich meine Träume freiwillig beschneiden? Ich konnte mich noch nie für Kompromisse begeistern. Ich wollte alles, und ich wollte es sofort; oder noch besser gestern. Was ist daran auszusetzen?
Ich schloss die Haustür auf, verriegelte sie dann hinter mir und schaltete die Alarmanlage wieder ein. Obwohl ich wusste, dass ich den Wagen abgeschlossen hatte, drehte ich mich noch einmal um, zielte mit der Fernsteuerung durch das Fenster in der Hintertür und drückte ein zweites Mal die Verriegelungstaste, nur um ganz sicherzugehen. Ich fühlte mich in meinem eigenen Haus nicht mehr sicher, das gefiel mir gar nicht. Mein Heim sollte eigentlich ein sicherer Hafen sein, ein Ort, an dem ich entspannen und ruhig schlafen konnte.
Allerdings hatte mein Gefühl der häuslichen Geborgenheit schwer gelitten, als mich Jasons Frau umzubringen versucht hatte, und sich seither nicht mehr erholt. Ich freute mich schon darauf, nach der Hochzeit zu Wyatt zu ziehen. Warum ich nicht gleich zu ihm zog? Na eben … darum. Zum einen sollte er es nicht für selbstverständlich halten, dass ich bei ihm war. Er sollte das Gefühl haben, etwas geleistet zu haben, indem er mich zum Umzug bewegte. Dass er mich nicht für selbstverständlich nahm, war wahrscheinlich auch Grund Nummer zwei. Und Nummer drei. Wenn wir erst verheiratet sind und er mich an seinem Tisch sitzen sieht, soll er das Gefühl haben, dass er eine schwere Schlacht siegreich ausgefochten hat – indem er mein Herz gewonnen hat. Dann weiß er mich mehr zu schätzen. Ich mag es, wenn man mich zu schätzen weiß.
Dasselbe Prinzip bewirkt, dass sich junge Leute sorgsamer um ein Auto kümmern, das sie sich erarbeiten und von ihrem eigenen Geld kaufen mussten, als um eines, das ihnen geschenkt wurde. Das liegt in der Natur des Menschen. Ich wollte das Auto sein, für das Wyatt teuer bezahlt hatte.
Ich sah dem Tag, an dem ich meine Wohnung aufgeben würde, gleichzeitig glücklich und traurig entgegen. Dies war mein Heim – oder war es zumindest gewesen. Ich hatte es ganz allein eingerichtet, und zwar sehr geschmackvoll, um mich ein wenig selbst zu
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