Mordsonate
verlassen hat.«
»Ich habe dem Kind doch nicht nachgeschaut! Es war doch so etwas von normal, dass die Birgit nach ihrer Stunde bei uns war. Und sie ist immer gut heimgekommen. Wenn ich hinausgeschaut und was gesehen hätte, da hätte ich doch sofort etwas unternommen oder spätestens nach dem Verschwinden des Mädels Meldung gemacht, was glauben Sie denn!«
»Ihr Mann ist aber nicht gerade unzufrieden damit, dass jetzt Ihre Tochter …«
»Nein, nein, er, mein Gott, er ist schon sehr ehrgeizig, was die Anja angeht, denn sie kommt sonst mehr nach mir, glaube ich. Sie ist fleißig und alles, hat aber nicht diesen übergroßen Ehrgeiz. Und Zweite zu werden in ganz Österreich ist doch sehr viel!«
»Ihr Mann sagt, dass Sie im Zeitraum des Verschwindens des Kindes mit ihm im Büro übers Festnetz telefoniert haben?«
Petra nickte schnell. Offen die Unwahrheit zu bekennen, fiel ihr schwer. Aber Hans hatte ihr erklärt, dass man ihn sonst womöglich unnötig behelligen würde und er Anja dann vielleicht nicht beistehen könne, gerade jetzt, wo sie es am dringendsten brauchte.
»Sie haben mit ihm telefoniert?«
»Ja. – Sie glauben doch nicht etwa, dass Hans …«
»Wir müssen allem nachgehen, Frau Weger. Das Kind soll doch bald wieder gefunden werden, nicht?«
»Ja, natürlich. Was glauben Sie, wie mir die Frau Aberger leid tut! Es ist doch wirklich das Schlimmste … und ein Einzelkind noch dazu, wie bei uns … Aber wie soll man der Mutter jetzt helfen, es ist … ist doch unmöglich, oder? Ich habe … seit das mit Birgit passiert ist … ich würde die Anja am liebsten von überall abholen, aber sie will das nicht, das ist ihr peinlich, wissen Sie … Sie ist erst zehn, aber heute sind die Kinder … ich war in dem Alter noch nicht so weit entwickelt. Sie würde sofort weglaufen, wenn ich sie etwa vom Mozarteum abholen würde oder, noch schlimmer, gar von der Schule. Das hat sie mir angedroht. Dabei … ich darf mir gar nicht ausmalen … was man in letzter Zeit so hört von den Kinderpornos und so … das ist doch alles so grauenhaft, nicht?«
Koller nickte. »Frau Weger, besten Dank. Bitte sagen Sie Ihrem Mann, dass wir ihn in nächster Zeit persönlich kontaktieren wollen. Vielleicht kann er sein Handy öfter einschalten.«
Mühlbauer berichtete, dass es in den letzten fünf Jahren keine vergleichbaren Fälle gegeben habe. Weder in Salzburg noch im angrenzenden Bayern; den Großraum München eingeschlossen. »Nichts in Sicht, Chef, wo wir einhaken könnten.«
Erich nickte, er hatte nichts anderes erwartet.
Nachdem sein Stellvertreter gegangen war, dachte er darüber nach, ob es nicht sinnvoller wäre, Harlander, der sich mit Koller ein Zweierbüro teilte, zu Mühlbauer zu setzen. Ein erfahrener Beamter an der Seite eines jungen … Koller käme dann zu Seidl. Aber Seidl war krank geschrieben, also säße Koller allein. Natürlich ging es Erich inWahrheit darum zu vermeiden, dass der aufsässige Koller zu großen Einfluss auf den jungen Harlander ausübe. Aber momentan würde so ein Bürowechsel nach einer Strafaktion gegen Koller aussehen, der ohnedies umgänglicher zu sein schien, seit seine Mutter im Spital war und Erich ihm erlaubt hatte, sie jederzeit zu besuchen. Überrascht blickte der Chefinspektor auf, als Gruppeninspektor Koller in diesem Moment ins Büro kam, um vorab mündlich über seine Erkundungen zu Hans Weger zu referieren. »Das so genannte Alibi der Ehefrau – sie wirkte nicht überzeugend, Chef. Ich glaube ihr nicht.«
Bevor sich Dr. Laber danach dem Stapel mit der Post widmete, rief er jemanden an, um die Einlösung eines Versprechens vorzuschlagen.
Der Ober verteilte mit eleganten Schwüngen seines Arms die Speisekarten, die er virtuos mit einer Hand aufklappte, bevor er sie überreichte. Danach zückte er ein Stabfeuerzeug aus Metall, um die in der Tischmitte auf einem Kristallglasfuß stehende Kerze zu entzünden und sich nach der pro forma gestellten Frage, ob er vorab schon etwas zu trinken bringen dürfe, auf leisen Sohlen diskret zu entfernen.
Die übliche liturgische Inszenierung, die ein teures Restaurant seinen Gästen zu bieten pflegte, nahm im ersten Moment auch Professor Vera Stelzmann und Doktor Erich Laber etwas von der Ungezwungenheit, zu der sie trotz der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft in ihrem Umgang miteinander schon gefunden hatten. Und über allem lag das Schreckliche, dem sie ihre Bekanntschaft verdankten.
Als Erich bemerkte, dass Vera offenbar nach
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