Mordspech (German Edition)
Uta nicht mehr zurechtkomme, aber das weiß ich ja schon von Maren. Und dass keiner wolle, dass Karl kündige, doch auch das hat mir Maren schon so ähnlich vermittelt.
»Die Frage ist also: Wie kriegen wir die zwei wieder zusammen?«
»Die kriegen wir nicht mehr zusammen«, sagt Maren entschieden. Sie ist aus der Küche zurückgekommen und stellt die entkorkten Rieslingflaschen auf den Couchtisch. »Das wird nix mehr.«
»Sitze ich in deinem Sessel?«
»Aber nein«, antwortet sie mir und sammelt die leeren Flaschen ein, »bleib ruhig sitzen, das geht schon. Ich nehme mir einfach einen Stuhl.«
Sie verschwindet wieder im Flur und kommt kurz darauf mit einem Küchenstuhl zurück. »Wir werden Uta kündigen müssen, wenn wir Karl behalten wollen. So einfach ist das.«
»So einfach ist das eben nicht«, widerspricht Carlos Lederer. »Uta hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag, den kann man nicht so einfach auflösen.«
»Arbeitsrechtlich ist das schwierig«, nickt Hugo, der Richter. »Um jemandem kündigen zu können, braucht es gute Gründe. Und die haben wir, soweit ich das sehe, nicht.«
Es klingelt erneut an der Tür, und Maren steht wieder auf. Diesmal ist es Claudine Stamm, die zu spät kommt.
»Entschuldigt«, lächelt sie etwas abgehetzt, »aber ich hatte noch einen späten Termin bei einem Kunden.« Sie sieht sich suchend nach einem Stuhl um, und Maren bringt einen zweiten Küchenstuhl.
»Oh, vielen Dank, Maren, das ist ganz lieb.« Claudine setzt sich und blickt scheu in die Runde. Auch sie ist Mutter von Zwillingen. Zwei süßen Mädchen, eineiig, was, wie allgemein gemunkelt wird, eine Folge der künstlichen Befruchtung sei, der sie sich vor drei Jahren unterzogen hatte, um doch noch Kinder zu bekommen. Es hat geklappt und gleich doppelt.
»Ich bin eine glückliche Spätgebärende«, wie Claudine Stamm gerne betont.
Allerdings wirkt sie oft etwas überfordert, ist wie Jana Heidenreich alleinerziehend und wohnt irgendwo außerhalb der Stadt im Brandenburgischen. Ihre Kinder habe sie deshalb bei den »Stoppelhopsern«, weil ihre Arbeitsstelle ganz in der Nähe liege, da sei es praktischer, die Kinder hier morgens abzugeben und nachmittags wieder abzuholen.
»Erzählt ihr mir, wo ihr gerade seid?« Claudine Stamm sieht fragend in die Runde. »Nur kurz, damit ich im Bilde bin.«
»Wir überlegen gerade, wie wir Uta kündigen können«, antwortet Klaus Thurn, »ohne arbeitsrechtliche Bestimmungen zu verletzen.«
»Moment mal!« Ich trinke mein drittes Glas Wein mit einem Zug aus, sonst kann ich der fortgeschrittenen Debatte nicht mehr folgen. »Wieso wollt ihr Uta kündigen? Hat die irgendwas verbrochen? Außer, dass sie Karl nicht leiden kann?«
»Uta hat nichts gegen Karl«, winkt Jana Heidenreich ab. »Ich habe mit ihr geredet, sie wusste gar nicht, dass Karl so eine Intrige gestartet hat.«
»Eine Intrige? Wieso eine Intrige?« Klaus und Bea regen sich auf. »Wieso erzählst du ihr überhaupt davon?«
»Na, ich wollte mal ihre Meinung dazu hören. Ist das verboten?«
»Jana, wir hatten doch eindeutig vereinbart, dass wir uns hier erst mal treffen und die Sache ergebnisoffen besprechen, bevor wir Uta damit konfrontieren …«
»Ergebnisoffen?« Jana Heidenreich lacht auf. »Ihr diskutiert seit einer Stunde, wie ihr Uta loswerden könnt!«
»Weil wir Karl behalten wollen«, erwidert Maren. »Oder willst du das etwa nicht?«
»Doch«, nickt Jana Heidenreich. »Aber wir können Uta nicht so ohne Weiteres den Laufpass geben.« Sie verdreht spöttisch die Augen. »Nur weil Karl plötzlich mit seiner Freundin bei uns arbeiten will.«
»Mit seiner Freundin?« Das höre ich zum ersten Mal. »Mit was für einer Freundin?«
»Jana meint diese Ann-Kathrin«, erklärt mir Carlos Lederer, und Sabine Goltermann fügt hinzu: »Die junge Studentin, die Utas Urlaubsvertretung übernommen hat.«
Stimmt, ich erinnere mich. Monika nannte es die »Chaostage der Stoppelhopser«. Da klappte rein gar nichts. Karl und diese junge Studentin waren vermutlich zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
»Die haben sich ineinander verliebt.« Bea kichert verhalten.
Darauf noch ein Glas Wein. »Prost!« So langsam mache ich Boden gut.
Karl will also lieber mit seiner neuen Freundin unsere Kinder erziehen. Wie niedlich. Und dafür versucht er jetzt, seine Kollegin rauszumobben. Das ist weniger amüsant, aber wohl folgerichtig in einer Gesellschaft, die das Arschloch zum Ideal erhoben hat. Wo allerorten kolportiert
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