Mordspech (German Edition)
Herstellung von Sarin gebaut haben.«
»Woher?«
»Ein russischer Offizier hat es mir erzählt.« Schlünz schlägt mit seiner Pfeife sachte gegen die Kornflasche und lächelt. »Wir haben gesoffen. Bei Conni. Man wird gesprächiger, wenn man zusammen trinkt.«
»Wie wir ja jetzt auch.« Hünerbein lässt sich nachschenken. »Prost!«
»Prost.«
Die Gläser klirren, und ich sehe zu, was selten ist. Aber heute kriege ich keinen Tropfen Alkohol mehr runter. Die letzte Nacht war schlimm genug.
»Wie sieht’s aus?« Hünerbein beugt sich verschwörerisch vor. »Kommt man da rein in den Bunker? Unauffällig?«
»Das hat der Kawelka auch gefragt. Aber das Gelände ist immer noch abgesperrt und wird streng bewacht.«
»Von wem?« Ich denke wieder an die dubiose paramilitärische Truppe, von der mir Enzo erzählt hat.
»Eine private Sicherheitsfirma«, antwortet Schlünz. »Sie nennt sich ›International Security‹. Die kleiden sich wie Polizisten aus einem Amifilm. Aber wenn Sie mich fragen, sind das alles alte Stasileute.« Er lacht dröhnend. »Was sollen die auch sonst machen? Die haben ja nichts anderes gelernt.«
Und das wäre die Verbindung zu Siggi, überlege ich.
»Natürlich gibt es einen Tunnel, von dem die alle nichts wissen.« Schlünz saugt an seiner Pfeife. »Den habe ich diesem Kawelka gezeigt. Ein alter Bahntunnel. Aber der ist halb geflutet. Das Grundwasser ist durch die Oderflut stark angestiegen. Das konnte den Kawelka aber nicht abhalten. Der ist da trotzdem rein.«
»Das kann uns auch nicht abhalten.« Hünerbein stößt mich an. »Nicht wahr, Sardsch?«
»Ich rate dringend davon ab«, mahnt Schlünz mit ernster Miene. »Da unten ist haufenweise giftiges Zeug. Es lagert in alten Stahldruckbehältern. Teilweise verrostet. Gas strömt aus. Ich musste diesen Kawelka halb ohnmächtig aus dem Tunnel holen. Allein hätte der das nicht mehr geschafft.«
Daher die Chlortrifluoridvergiftung, denke ich. Immerhin, allmählich wird der Fall klarer. Nicht wegen der Gefahr einer Überflutung wurde Altgrieben evakuiert. Sondern wegen der Verseuchung des gestiegenen Grundwassers. Und jetzt wird das giftige Zeug heimlich nachts mit Bundeswehrmaschinen abtransportiert.
Aber rechtfertigt das den Mord an einem Journalisten? – Wohl kaum.
»Es muss mehr dahinterstecken«, sage ich laut.
Hünerbein und Vatta Schlünz sehen mich fragend an.
31 BEYLICH HATTE ES GEWUSST . Von Anfang an. Schwungvoll stieß er die Tür auf und trat, gefolgt von seinem treuen Adlatus Rainer Matuschka, in das Büro des Chefs.
»Die Autobombe sollte nie töten, Edmund.« Er legte ein paar mehrseitige, geheftete Unterlagen auf den Tisch. »Ich war gerade in der KTU . Hier ist die Analyse.«
»Und?« Palitzsch sah sich beiläufig die Papiere durch. »Was schreiben die Kriminaltechniker?«
»Dass der Signalgeber für den Zünder nur auf die Funkfernbedienung des BMW reagierte. Hätte man stattdessen die Tür einfach aufgeschlossen, wäre nichts passiert.«
»Ergo wollten die Täter sichergehen, dass der Fahrer überlebt«, stellte Palitzsch fest. »Woraus sich zwangsläufig die Frage ergibt: Warum legen sie ihm überhaupt eine Bombe unters Auto?«
»Zur Verunsicherung«, antwortete Beylich. »Oder als Warnung. Die wollten diesem Meyer einen Schrecken einjagen.«
»Mit Erfolg, wie es scheint«, setzte Matuschka hinzu, »denn der Meyer ist wie vom Erdboden verschluckt.«
»Aha.« Palitzsch lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Was haben wir zu dem?«
»Siegbert Meyer, neunundvierzig Jahre alt, Oberleutnant a. D. beim MfS. War bis zu dessen Abwicklung für die Devisenreserven des Ministeriums zuständig.« Matuschka blätterte in seinem Notizbuch. »Vorbestraft wegen Veruntreuung von Staatsgeldern in Millionenhöhe zum Nachteil der Bundesrepublik. Hat deswegen anderthalb Jahre eingesessen. Von Oktober ’90 bis Mai ’92 in Tegel.« Er klappte das Notizbuch zu und sah auf. »Arbeitet als Immobilienkaufmann und ist seitdem nicht wieder auffällig geworden.«
»Der Kollege Knoop kennt den ganz gut«, setzte Beylich hinzu.
»Ach!« Palitzsch war ganz Ohr. »Unser Hauptkommissar Knoop hat Stasikontakte?«
»Zwangsläufig, denn seine Lebensgefährtin war mit dem Meyer mal verheiratet«, präzisierte Beylich. »Und Knoop hat Meyers Wagen auch als Letzter benutzt. Insofern könnte die Autobombe auch für ihn bestimmt gewesen sein. Eine Warnung, wie gesagt.«
»Dagegen spricht allerdings«, fügte Matuschka hinzu,
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