Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordswald - Hamburgkrimi

Mordswald - Hamburgkrimi

Titel: Mordswald - Hamburgkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Poets
Vom Netzwerk:
Name?", fragte
sie, die Hand schon an der Klinke.
    "Marcel Niemann."
    Irgendwie kam ihr der Name bekannt vor, und sie ging im Kopf
die Liste der Zeugen im Mordfall Birkner durch. Evelyn Riemann, die
Staatsrätin, fiel ihr ein. Vielleicht hatte sie sich durch die
Namensähnlichkeit täuschen lassen.
    Sie betrat den Raum. Als der junge uniformierte Kollege ihr
folgen wollte, schüttelte sie den Kopf. "Lassen Sie man, ich glaube, es
reicht, wenn Sie draußen warten." Der Kollege zuckte die Achseln und zog
sich zurück. Die ganze Zeit über hatte er nicht ein einziges Mal den Mund
aufbekommen.
    Marcel Niemann saß zusammengesunken auf einem der Stühle,
hielt sich die linke Wange und starrte Lina finster an. Unter der Hand erkannte
Lina die kräftige Rötung. Sebastian hatte also tatsächlich kräftig zugelangt,
dabei war der Junge eher schmächtig und nur wenige Zentimeter größer als Lina.
Ziemlich zart also, was bedeutete, dass er einiges auf dem Kasten haben musste,
wenn Melzer richtig lag mit der Vermutung, dass er inzwischen der Boss der
kleinen Niendorfer Gang war. Beim Stichwort Niendorf klingelte es. Antje
Niemann, das war doch die Zeugin aus der Waldschänke gewesen, die Lina zu Hause
aufgesucht und befragt hatte. Die zuerst geglaubt hatte, sie sei wegen ihres
Sohnes gekommen.
    Marcel beobachtete sie schweigend und ließ sie nicht aus den
Augen, als sie ihm gegenüber auf der anderen Seite des Tisches Platz nahm. Lina
erwiderte seinen Blick genauso wortlos. Er schien irritiert, weil sie kleiner
war als er, weil sie eine Frau war, weil sie allein hereingekommen war, weil
sie nichts sagte. Und dann war da noch etwas, etwas Vertrautes, nicht richtig
Fassbares, etwas, das er kannte: die Art, wie sie ihn anblickte, provozierend,
testend, fragend und zugleich mit der unmissverständlichen Botschaft: Mit mir
nicht! Er war verwirrt, diesen Blick kannte er nur von anderen, denen er auf
der Straße begegnete, die den gleichen Stallgeruch hatten, dieselbe Sprache
sprachen wie er. Aber nicht von einer Bullenschlampe.
    "Also", sagte Lina.
    Eine Weile geschah nichts, außer dass die Zeit verstrich.
Schließlich wandte Marcel den Blick ab, und Lina holte unbemerkt tief Luft.
    "Du weißt, wieso du hier bist, oder?"
    Der Junge gab keinen Ton von sich. Mir doch egal, sagte sein
Körper, die Art, wie er sich jetzt mit dem Ärmel übers Gesicht fuhr.
    "Was habt ihr am Donnerstagabend gemacht, nachdem ihr
die Frau am U-Bahnhof Niendorf Markt belästigt habt?"
    Keine Reaktion.
    "Seid ihr danach vielleicht noch im Wald spazieren
gegangen?"
    Marcel sah sie an, als sei sie nicht ganz dicht.
    "Wolltest du vielleicht deine Mutter von der Arbeit
abholen?"
    Er war sofort auf der Hut. "Lassen Sie meine Mutter da
raus."
    "Keine Sorge, deine Mutter hat ein Alibi. Du bist
derjenige, der einiges zu erklären hat."
    Er hatte die Augenbrauen leicht zusammengezogen, was
bedrohlich ausgesehen hätte, wenn er etwa vierzig Zentimeter größer und breiter
gewesen wäre.
    "Wo warst du Donnerstagnacht zwischen halb zwölf und
eins?"
    Achselzucken. "Keine Ahnung."
    "Solltest du aber besser. Diesmal geht's um Mord."
    Der Kopf schoss herum. Zum ersten Mal sah Lina Angst in
seinen Augen aufblitzen.
    "Ihr habt zu dritt, vielleicht auch zu viert oder fünft
oder sechst, einen Mann erschlagen. Ich will nur wissen: Wer von euch
war's?"
    "Wir haben niemanden verkloppt, verdammt, was soll der
Scheiß?" Die Augen waren größer als vorher, sein Atem ging hektischer.
    "Wieso sollte ich dir glauben? Es gibt
Videoaufzeichnungen, wie ihr auf dem U-Bahnhof randaliert und eine Frau
belästigt. Und am Tatort gibt es jede Menge Spuren. Es ist nur eine Frage der
Zeit, bis wir wissen, zu wem sie gehören." Es war ein billiger Trick, aber
Lina wunderte sich, wie oft er dennoch den gewünschten Erfolg brachte. Und
siehe da, Marcel trat der Schweiß auf die Stirn, und er rutschte unruhig auf
seinem Stuhl herum.
    "Wir haben niemanden umgebracht, echt ey, und wir waren
auch gar nicht im Wald, nicht richtig jedenfalls, nur auf dem Friedhof,
jedenfalls wollten wir dahin, aber dann war da dieser Penner mit seinem BMW,
der Macki fast umgenietet hat, und da sind wir abgezogen, den Tibarg hoch, aber
da war tote Hose, und außerdem war's schon spät, und dann hat mich meine Ma
erwischt und mich nach Hause geschleift." Endlich holte er Luft. "Wir
waren nicht im Wald, echt nicht, und wenn da irgendwelche Spuren sind, dann
will uns jemand was unterschieben, echt."
     

Weitere Kostenlose Bücher