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Mordswald - Hamburgkrimi

Mordswald - Hamburgkrimi

Titel: Mordswald - Hamburgkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Poets
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Stirnrunzelnd
musterte Lina den Jungen. Sie glaubte ihm, hatte ohnehin nie daran geglaubt,
dass randalierende Jugendliche etwas mit Philip Birkners Tod zu tun haben
könnten, aber das brauchte Marcel jetzt noch nicht zu wissen. "Was war das
mit dem BMW, der euch fast umgenietet hat?", fragte sie.
    Marcel zuckte die Schultern. "Keine Ahnung."
    "Ich frag ja nur, könnte ja ein Zeuge sein, der deine
Aussage bestätigt." Sie machte Anstalten, aufzustehen.
    "Der war dunkel, schon älter, aus der 3er-Reihe, so'ne
Opa-Kiste. Mit 'nem HSV-Sticker."
    Lina versuchte zu schätzen, ab wann jemand für Marcel ein Opa
war, doch sie gab es auf. "Hast du den Fahrer erkannt?"
    Kopfschütteln.
    "Das Kennzeichen?"
    "Irgendwas mit HH."
    Sehr vielversprechend. Wie viele dunkle BMW der 3er-Baureihe
mochten in Hamburg gemeldet sein? Eindeutig zu viele. Selbst wenn man sich nur
auf die mit HSV-Aufkleber beschränkte.
    Schweigend und ohne die Miene zu verziehen, sah Lina den
Jungen an. Er starrte zurück, kaute an seiner Unterlippe, die Nasenflügel
zitterten leise bei jedem Atemzug. Lina dehnte das Schweigen aus, bis der Junge
stockend Luft holte und sich noch einmal mit dem Ärmel über das gerötete
Gesicht strich. Dann ließ er den Kopf hängen, und Lina wusste, dass sie jetzt
an ihn herankäme, dass sie jetzt, in diesem Moment, etwas sagen musste, ehe er
wieder dichtmachte, sich in sein Schicksal ergab, das es sowieso nur schlecht
mit ihm meinte und ihm den Buckel runterrutschen konnte. Sie hatte sich gerade
auf dem Stuhl etwas vorgebeugt und den Mund schon geöffnet, als sie aus dem
Augenwinkel wahrnahm, wie sich die schwere Eisentür neben ihr bewegte. Kurz
darauf ertönte ein heiseres Knarren, und der Moment, der kostbare Moment, war
vorbei. Wütend fuhr sie herum, überzeugt, Sebastian hereinstürmen zu sehen,
doch es war nur ein uniformierter Kollege, der die Tür aufstieß, von Lina zu
Marcel und wieder zurück zu Lina schaute, ein knappes "Tut mir leid"
murmelte und die Tür wieder zuknallte.
    Lina brodelte innerlich, auch wenn sie versuchte, sich nichts
anmerken zu lassen. Doch der Junge hatte seine Verteidigungsanlagen schon
wieder in Stellung gebracht, dem war wieder alles egal, sollten sie ihn doch
wegen Mordes einlochen, wie cool wär das denn, ey. Er sah ihr sogar wieder in
die Augen, den Kopf leicht schräg gelegt, die Mundwinkel nach unten gezogen,
als könnte er dieses Häufchen Bullentussi, das da vor ihm saß, ohnehin nicht
ernst nehmen.
    Nachdenklich musterte Lina den schmächtigen Jungen vor sich.
Sie sah seine Mutter vor sich, die mit ihm garantiert überfordert war. Und der
Vater?, fragte sie sich im Stillen, aber nicht laut, weil sie schon ahnte, dass
die Antwort nicht mehr als ein Schulterzucken sein würde. Festhalten konnte sie
den Jungen nicht, wollte es auch gar nicht, was also blieb ihr anderes übrig?
Seufzend stand sie auf, nickte und sagte: "Okay, das war's dann."
    Sie ging zur Tür. Als sie sich umdrehte, saß der Junge immer
noch an seinem Platz, die Arme verschränkt, den Mund schmal. "Kommst du?
Ich bringe dich nach Hause." Dann konnte sie sich gleich Marcels Alibi von
der Mutter bestätigen lassen, vielleicht noch ein, zwei Worte mit Anja Niemann
wechseln, möglicherweise irgendwas verhindern, verändern, verbessern. Marcel
starrte sie mit zusammengezogenen Brauen an, versuchte zu begreifen, was sie
gesagt hatte. Nach Hause? Zu seiner Ma? Er kam nicht in den Knast?
Achselzuckend stand er auf. Sollte einer daraus schlau werden, was die Bullen
wollten. Der eine verprügelt ihn, die Nächste schleimt sich an, bis er fast weich
wird, und dann kutschiert sie ihn noch nach Hause. Hoffentlich mit Blaulicht,
ey, sonst hätte sich die ganze Sache doch gar nicht gelohnt.
    Die ganze Zeit auf dem Weg nach draußen sagte der Junge
keinen Ton. Nicht, als sie im Fahrstuhl standen und Lina Hanno übers Handy
anrief, und auch nicht, als sie sich und den Jungen vorn in der Wache
abmeldete. Mit verkniffenem Gesicht stand er daneben, als sie die Formulare
unterschrieb, dann drückte der Beamte hinterm Empfang den Türöffner. Wie sie so
nebeneinander über den Parkplatz zum Wagen gingen, hätte man sie glatt für
Geschwister halten können, mit Lina als kleiner Schwester, die einen halben
Schritt hinter ihrem Bruder hertrottete. Nur die Hand an seinem Ellenbogen, mit
dem sie ihm hin und wieder dezent in die richtige Richtung lenkte, passte nicht
ins Bild. Marcel hatte immer noch nichts gesagt. Er hielt den Kopf

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