Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Verletzte, die schon genug haben, nicht. Egal warum. Zumindest war das zu meiner Jugendzeit so.« Josef stellte sich zwischen ihn und den immer noch am Boden knienden Lars.
»Okay, Josef«, lenkte Max mit rauer Stimme ein. »Hast recht. Die Welt ist auch ohne Brutalität beschissen genug. Aber wir zwei sprechen uns noch, Bürscherl. So leicht kommst du mir nicht davon. Ich krieg schon noch aus dir raus, was ich wissen will. Wart’s nur ab.«
14
Die Sonne kitzelte Max im Gesicht. Er schlug die Augen auf und musste niesen. Wo bin ich, überlegte er. Aha, bei Josef im Gästezimmer, alles klar. Und Bellina lag neben ihm. Logisch. Sie hatte sich ja auch mit ihm hingelegt, nachdem der Notarzt seine Wunde versorgt hatte und die Uniformierten Lars Nielson mit aufs Revier genommen hatten. So war es doch gewesen? Oder? Doch, ja. Logisch. Hatte er eigentlich etwas mit ihr gehabt? Eher nicht. Oder? Nein. Auf gar keinen Fall. Flirten war okay, aber mehr war nicht drin. Das gab nur Stress. Seine Gefühle zu Monika waren ihm wichtiger. Obwohl die sich die ganze Zeit mit zwei jungen US-Boys herumtrieb. Egal. Das tat sie bestimmt auch nur wegen Anneliese. Oder? Woher sollte man es so genau wissen? Ruhe jetzt da oben. Nicht so viel denken so früh am Tag.
Der Arzt hatte zuerst gemeint, Max müsse in die Klinik, um die Wunde nähen zu lassen. Aber der hatte darauf bestanden, bei seinen Freunden zu bleiben. Außerdem hatte er Angst, sich im Krankenhaus dieses tödliche Virus einzufangen, von dem man oft hörte. Schon sein Vater hatte ihn früher vor dem Krankenhaus gewarnt. Er war davon überzeugt gewesen, dass man gesund oder minimal krank ins Krankenhaus hineinging und todkrank oder tot wieder herauskam.
Also hatte ihm der Doktor eine örtliche Betäubung verpasst und selbst genäht. Dann hat er ihn noch verbunden. Die Wunde könne gelegentlich klopfen, das wäre aber ganz normal, hatte er Max danach informiert. Nur wenn es gar nicht mehr aufhöre, solle er doch noch ins Krankenhaus gehen. So eine Stichwunde könne sich auch infizieren. Für alle Fälle hatte er ihm ein paar Schmerztabletten dagelassen. Schau mal an. Es war wohl doch nicht immer nur Franzi, der etwas abbekam. Seit gestern hatte er einen Konkurrenten.
Er wandte sein Gesicht Bellina zu. Sie atmete ruhig und gleichmäßig. Im Schlaf sah sie sogar noch schöner aus als sonst, fiel ihm auf. Dann stand er auf, nahm den Streifen mit den Schmerztabletten und seine Blutdrucktabletten und ging damit ins Bad. Dort las er den Beipackzettel des Schmerzmittels durch, um sicherzugehen, dass es, zusammen mit den Blutdrucksenkern eingenommen, keine gefährlichen Nebenwirkungen habe würde. Dann schluckte er je eine Tablette und spülte mit Wasser nach.
Du hast auch schon mal besser ausgesehen, stellte er fest, als er in den Spiegel sah. Franz sollte sich diesen Lars gründlich vornehmen. Oder besser sein Zimmerkollege, der scharfe Bernd. Den nannten sie nicht umsonst so. Der war wenigstens nicht zimperlich, wenn es darum ging, Geständnisse zu erwirken. Er sollte ihn ruhig hart anpacken. Der Bursche würde es schon aushalten. Seinen Arm hatte Max ihm nicht einmal gebrochen. Er würde nur einen sauberen blauen Fleck bekommen, hatte der Notarzt gemeint. Zu Recht, Strafe musste sein.
Oje, nachher mit Franz zu Schorschs Schwester. Und am Abend schon wieder auf die Wiesn zum Ermitteln. Das hielt ja die stärkste Leber nicht aus. Aber was sein musste, musste sein. Wohl oder übel. Nichts trinken war keine wirkliche Alternative. Wie sollte das auch gehen? Auf der Wiesn kam keiner am Bier vorbei, egal, wie sehr man es sich vornahm. Es sollte auch schmerzlindernd wirken, wegen dem Hopfen. Hoffentlich vertrug es sich mit den Schmerzmitteln. Ach was, bestimmt. Warum denn nicht? Herrschaftszeiten, sollte dieser Lars wirklich auf ihn angesetzt worden sein? Dann durfte Max die Sache langsam sehr persönlich nehmen.
Dauergähnend vor Erschöpfung stellte er sich unter die Dusche, streckte seinen verletzten Arm mit dem Verband nach oben zur Tür hinaus und drehte das kalte Wasser auf. Er blieb solange darunter stehen, bis er wieder einen klaren Kopf bekam. Dann kehrte er ins Schlafzimmer zurück, um sich anzuziehen.
»Hallo, schöner, Mann. Schon wach?« Bellina lächelte vom Bett aus zu ihm herüber.
»Jawohl, schöne Frau. Schon eine ganze Weile lang. Hast du Lust auf Frühstück?«
»Unbedingt. Ich habe Hunger. Kein Wunder nach der ganzen Aufregung gestern. Wie spät ist es denn?«
Weitere Kostenlose Bücher