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Mordwoche (German Edition)

Mordwoche (German Edition)

Titel: Mordwoche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wierlemann
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Handtäschchen! Er musste schon ein seltsames Bild abgeben. Papas altes Hemd war heutzutage vielleicht schon wieder modern, aber Georg bezweifelte, dass Eau de Cologne jemals als Herrenduft in Mode kam. Lisa-Marie betrachtete ihren Kollegen mit einem verschmitzten Lächeln. Das war schon ein komischer Typ. Aber der hatte was. Der Schorsch war nicht so ein 08/15-Kerl, der war anders, interessant.
     
    Die junge Frau merkte, dass ihr Tempo für den Kollegen ein wenig zu forsch war und bremste sich. „Und was gibt’s bei Ihnen Neues, Chef?“ Georg Haller war ihr in den letzten Wochen immer sympathischer geworden und sie wollte ihn nicht verärgern. Instinktiv wusste sie, dass dieser Mann sich nicht in die Riege ihrer schnellen Eroberungen einreihen lassen würde. Mit dem Hauptkommissar musste man es ernst meinen, wenn man sein Vertrauen gewinnen wollte. Lisa-Marie Töpfer war sich zwar nicht sicher, wohin sie ihr gemeinsamer Weg führen würde, aber sie hatte sich sehr gefreut, als ihr Kollege sie heute morgen gefragt hatte, ob sie zusammen zum Mittagessen gehen wollen. Bislang war Georg Haller immer ein wenig reserviert gewesen im Umgang mit ihr. Dass er mit der Toten vor dem Friseurgeschäft jetzt vor einer in Bärlingen noch nie da gewesenen beruflichen Herausforderung stand, schien den Hauptkommissar auch im zwischenmenschlichen Bereich zu beleben.
    „Viel Neues kann ich Ihnen nicht berichten. Dass die Tote im Auto die Chefin des Autohauses Merz ist, wissen Sie bereits. Meine Befragung im Salon König hat uns leider nicht weitergebracht. Später kam noch eine Frau im Büro vorbei, die ganz aufgeregt erzählt hat, dass sie sich gestern Abend vor dem Salon noch mit ihrem Mann gestritten habe. Viel heiße Luft, aber keine brauchbaren Hinweise.“
     
    Adriano kam an den Tisch der Polizisten, um die Bestellung aufzunehmen. Georg Haller hatte noch keinen Blick in die Karte geworfen, aber er nahm sowieso immer das Tagesessen, das war günstiger als à la carte zu wählen. „Ich nehme einen gemischten Salat ohne Dressing.“ Lisa-Marie Töpfer reichte dem Wirt die Speisekarte zurück. „ Signorina , vielleichte noch eine kleine Pizza dazu?“ „Danke nein, ein Salat reicht mir.“ „Komme Sie, ich bine bekannt für die beste Pizze nördlich von die Alpe. Mit ihre Figur könne Sie sich alles von die Speisekarte erlaube.“ Der kleine Italiener ließ nicht locker. Georg Haller wollte eigentlich gern über den Fall und das weitere Vorgehen sprechen und hatte wenig Lust, sich das Süßholzgeraspel des Wirts anzuhören. Er fand diese Schmeicheleien peinlich, aber ganz offensichtlich gehörten sie zum Handwerk dazu. Vielleicht war es Teil der Ausbildung zum professionellen Pizza-Bäcker, zu lernen, wie man umsatzsteigernde Komplimente gezielt einsetzte.
    Lisa-Marie Töpfer lachte den Wirt an. Freute die sich tatsächlich über so eine Schleimerei? Oder wollte sie den Macho vom Dienst nur nicht bloßstellen? Waren alle Frauen so? Wenn Adriano Felice mit dieser Nummer schon öfter Schiffbruch erlitten hätte, dann hätte sich der geschäftstüchtige Italo-Schwabe diese Masche doch ganz schnell abgewöhnt. Vielleicht standen die Frauen tatsächlich auf diese Art von Komplimenten. Eigentlich müssten sie doch wissen, dass die nächste Kundin genau das Gleiche zu hören bekommt von wegen sie könne sich doch eine dicke Pizza erlauben, bei ihrer Figur. Ganz egal, ob sie sich ihre Garderobe in der Übergrößen-Abteilung kaufte. Soviel zum Thema Glaubwürdigkeit, dachte der Hauptkommissar. Am liebsten hätte Georg Haller den obligatorischen Schnaps, den der Wirt immer nach dem Essen ausgab, bereits vor dem Essen bestellt. Zum Glück ließ Adriano seine Kollegin jetzt in Ruhe und kümmerte sich um ihre Bestellung.
     
    „Ganz schön hartnäckig, der Bursche.“ Die Polizeiobermeisterin pustete von unten gegen ihren Pony, dass die Haare hochwirbelten. „Darf ich Sie mal etwas Persönliches fragen, Frau Töpfer?“ Lisa-Marie nickte. Taute ihr Kollege in dieser Umgebung etwa auf? Sie war gespannt. „Über welches Kompliment freut sich eine Frau wirklich? Ich meine, das eben war doch eine Lachnummer, oder?“ „Stimmt, aber so eine Floskel tut doch keinem weh. Ein bisschen komisch finde ich es allerdings schon, wenn ältere Männer mir so kommen, zumal, wenn sie auch noch einen Kopf kleiner sind als ich. Vielleicht hat er’s nötig.“ Lisa-Marie hatte die Stimme gesenkt und war Georg Haller über dem Tisch näher gekommen.

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