Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
seines Volks getötet hatte.
    Jhirun kehrte zurück; sie führte die braune Stute am Zügel. »Töte ihn!« drängte sie mit zitternder Stimme. »Er gehört doch zu deiner Sippe!« sagte er zornig — und mußte, als er die Worte sprach, daran denken, daß sie ihm einmal etwas Ähnliches gesagt hatte. »Los!« brüllte er, zerrte den Kopf ihres Pferdes herum und schob sie hoch, als sie den Fuß in den Steigbügel stellte. Kaum landete sie im Sattel, gab er der Stute einen Schlag auf das Hinterteil und ließ sie lostraben.
    Dann öffnete er die Boxen Siptahs und seines Pferdes, zerrte die Tiere an den Zügeln heraus und führte sie den Gang hinab, vorbei an den Toten. Seine Schwertscheide lag im Stroh; er hob sie auf und ging sofort weiter, wobei er im Licht der offenen Tür nur innehielt, um das Schwert wieder an seinem Gürtel festzumachen.
    Der Wallach drängte ins Freie; er versuchte das temperamentvolle Tier im Zaum zu halten, ohne den Baien-Hengt loszulassen, und holte Jhirun ein, die im Gedränge des Hofes mit ihrer kleinen Stute Schwierigkeiten hatte. Vanye brüllte, fluchte, spornte die Tiere brutal an, und die Menge teilte sich entsetzt vor ihnen.
    Ringsum strömten die Menschen bereits den verschlossenen Toren entgegen, auf dem Rücken Ballen und Pakete, einige führten Tiere oder zogen Wagen. Frauen trugen Kinder, ältere Kinder mühten sich mit jüngeren Geschwistern ab, und Männer torkelten unter ungefügen Lasten, die eine längere Flucht unmöglich machten.
    Und aus dem Mittelbau strömten noch immer Gestalten, beladen mit Gold und anderen aberwitzigen Dingen, die nun völlig nutzlos waren, Männer, die gekommen waren, die Schätze der Ohtij-ins an sich zu bringen und die bei seinem Untergang nun stur an diesem Ziel festhielten.
    Morgaine stand in sicherem Abstand bei den Ruinen des Turms, eine reglose Gestalt im wogenden Chaos, wartend, festes Gestein im Rücken und
Wechselbalg
unter beiden Händen.
    Sie erblickte die drei Pferde; und plötzlich erstarrte ihr Gesicht vor Zorn, ein Zorn, den Vanye bis ins Innerste spürte, doch als er neben sie ritt, bereit zu schwören, daß Jhiruns Gegenwart nicht von ihm geplant war, sagte sie nichts, riß ihm nur Siptahs Zügel aus der Hand, stellte den Fuß in den Steigbügel, schwang sich in den Sattel und ließ den Grauen sofort lostraben. Ein Schrei stieg aus der Menge auf. Eine Kuh hatte sich losgerissen und raste in viehischer Panik durch das Gedränge, und die Pferde scheuten und stampften.
    »Gib mir Zeit, die anderen Pferde aus den Ställen zu befreien!« rief Vanye Morgaine zu.
    Plötzlich bewegte sich die Erde erneut, ein sanftes Zittern, und ein Stück der Burgmauer glitt in den Schutt, ein zweiter Turm kippte und begrub zahlreiche Menschen unter sich. Die Pferde wollten lospreschen, kämpften gegen die Zügel. Das Jammern der verängstigten Menschen erhob sich über das abklingende Grollen und Poltern.
    Aus dem angeschlagenen Bauwerk hasteten weitere Flüchtlinge, die
qujal,
darunter die schwarze Robe eines Priesters — bleiche Gestalten, sehr auffällig in der Menge, die Kleidung viel zu dünn in der Kälte, bis auf einige Hauswächter, die Rüstung trugen.
    »Nein«, beantwortete Morgaine Vanyes Bitte. »Nein. Wir dürfen hier nicht bleiben. Wir reiten sofort los.«
    Er widersprach nicht, nicht wenn die Gefahr bestand, daß Ohtij-in noch weiteren Schaden nahm: seine Kurshin-Seele rebellierte bei dem Gedanken an die gefangenen Pferde und an die andere Häßlichkeit, die er halb getan zurückgelassen hatte. Der Einsturz der Burg würde dem wohl ein Ende bereiten, sagte er sich, würde Tote und Lebende begraben, würde eine Sache aus der Welt schaffen, die schon vor langer Zeit hätte abgeschlossen werden müssen, wie immer auch die Myya in dieses Land gekommen waren: er nahm es auf sein Gewissen, Morgaine niemals von diesen Dingen zu erzählen, die zu wissen sowieso sinnlos war, niemals diese Toten zu bedauern, die Morgaine verraten hatten und ihn hatten ermorden wollen.
    Die Pferde setzten sich in Bewegung. Morgaine ritt an der Spitze, bahnte einen Weg durch die langsam dahinströmende Menge, und ging dabei sanfter vor, als es dem kampferprobten Grauen recht war. Vanye hielt sich dicht hinter Morgaine und beobachtete die Menge und blickte auch einmal Jhirun neben sich an, als ein Geräusch seine Aufmerksamkeit in diese Richtung lenkte. Er begegnete dem Blick, ihren düsteren und verzweifelten Augen und dachte daran, daß sie ihn vor kurzem noch zu

Weitere Kostenlose Bücher