Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
Vom Netzwerk:
liefen nun wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner umher. Eine Frau stieß einen Schrei aus, als neben ihr einer der Kronleuchter auf den Fußboden krachte. Dann verschwanden sie alle nach und nach. Zurück blieben nur Armand, Hakon und Nora.
    »Und du solltest auch aufwachen«, sagte sie zu Armand und grinste. »Keine Angst, ich schließe ab, wenn alle gegangen sind.«
    Armand wurde zu einer feinen Wolke und verschwand.
    »So, und nun zu euch beiden. Die Gist haben ihr Refugium verloren. Jetzt haben sie die Wahl: kämpfen oder untergehen.« Sie wandte sich an Hakon. »Dir kommt nun eine besondere Bedeutung zu. Du wirst das Verbindungsglied zwischen allen Gist sein.«
    »Und wie?«, fragte Hakon.
    »Wenn du erwachst, wirst du es wissen. Und nun geht!«, rief Nora. Ein weiteres Beben erschütterte das Hotel. »Geht!«
    Hakon wollte Tess umarmen, doch er löste sich schon auf. Er rief noch etwas, aber Tess konnte ihn nicht mehr hören. Dann erwachte sie.
     
    ***
     
    »Ich kann nicht mehr«, sagte Mersbeck. »Ich muss hier raus, sonst werde ich wahnsinnig.« Er schlug die Bettdecke beiseite und wollte sich aufrichten, wurde aber von der Ärztin sanft zurück in die Kissen gedrückt.
    »Ein wenig Geduld müssen Sie schon noch haben«, sagte sie streng und deckte ihn wieder zu.
    »Das hier hat nichts mehr mit Geduld zu tun, sondern ist eine reine Schikane. Meinen Füßen geht es gut.«
    »Ach wirklich? Dennoch empfehle ich Ihnen, auf keinen Fall aufzustehen, sonst werden die Nähte wieder platzen.Und auch sonst sind Sie nicht in sonderlich guter Verfassung«, sagte die Ärztin. Das Schild, das über der Brusttasche angebracht war, wies sie als eine Frau Doktor Grozny aus. »Sie glauben nicht, was wir alles aus Ihrem Körper herausgeholt haben. Mit solch einem Laborunfall ist nicht zu spaßen. Fragen Sie Wissdorn und Haxby.«
    »Die sind beide tot«, sagte er kühl.
    »Richtig«, entgegnete die Ärztin. »Und das könnten Sie jetzt auch sein. Minister Strashok hat sie jedenfalls bis auf Weiteres krankgeschrieben.«
    Oder besser gesagt, aus dem Verkehr gezogen, dachte Mersbeck. Seit vier Tagen lag er auf dem Krankenrevier, abgeschnitten vom Rest der Welt – wenn man einmal vom steten Geplapper des Kollektivs absah. Nur so viel hatte er auf diese Weise mitbekommen: Strashok führte auf eigene Faust die Experimente mit den Blumen fort und hatte in diesen vier Tagen gut weitere zweihundert von ihnen herangezüchtet. Nun war ihm das Rhodium ausgegangen und er hatte etliche Forschungstrupps ausgeschickt, um neue Vorkommen dieses seltenen Edelmetalls zu erschließen. Die Erkenntnisse, die Haxby noch vor seinem Tod in einem vorläufigen Bericht zusammengefasst hatte, waren die Grundlage für die Auswahl seiner Expeditionsziele gewesen.
    Mersbeck hatte das Gefühl, dass ihm die Kontrolle entglitt. Doch im Moment waren ihm die Hände gebunden. Eigentlich konnte er niemandem im Kollektiv trauen, Strashok am allerwenigsten. Deswegen hätte es Mersbeck nicht gewundert, wenn er nach dieser Spritze, die ihn narkotisiert hatte, überhaupt nicht mehr aufgewacht wäre. Aber natürlichbrauchte man ihn noch. Nachdem Wissdorn sich in Rauch aufgelöst hatte und Haxby ebenfalls in einen anderen Aggregatzustand übergegangen war, blieb nur noch er, der Leiter von Station 9, als einziger Eskatay, der sich mit der Technologie der alten Zeit auskannte. Noch war er unentbehrlich.
    Doch was würde geschehen, wenn die Zahl der Eskatay anstieg? Was für Begabungen würden sich noch herausdifferenzieren? Und wie würde das Kollektiv die zunehmende Zahl von Eskatay vertragen? Schon jetzt war es manchmal schwierig, sich im Chor der elf Gehör zu verschaffen. Oder nicht durchzudrehen. Mersbeck versuchte sich vorzustellen, wie einhundert oder gar tausend Eskatay munter durcheinanderredeten. Es war der blanke Horror, Begarell musste das wissen. Doch der Präsident trieb die Revolution, wie er sie nannte, unbekümmert voran, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.
    Seine Blase meldete sich. Mersbeck stand vorsichtig auf. Ein rasiermesserscharfer Schmerz durchzuckte ihn, als er sich auf seine bandagierten Füße stellte. Vorsichtig humpelte er zum Schrank, in dem ein Morgenmantel hing. Dann öffnete er die Tür vorsichtig einen Spalt und spähte hinaus. Aus dem Schwesternzimmer drang unterdrücktes Gelächter, von der Ärztin war weit und breit nichts zu sehen. Mit festem Griff hielt er sich an dem Geländer fest, das an der Wand befestigt war, und arbeitete

Weitere Kostenlose Bücher