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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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jemanden wie Sie hat, der seine
wohltätige Arbeit fortführen kann. Vor allem in Zeiten des nationalen
Notstands. Die Leute hier richten ihren Blick in unsicheren Zeiten aufs
Schloss, das war schon immer so.«
    »Sehr
freundlich von Ihnen, Mrs. Potts. Wir tun unser Bestes.«
    »Sie
werden doch sicher heute Nachmittag im Gemeindesaal dabei sein und dem
Evakuierungskomitee helfen?« »Selbstverständlich.«
    »Ich war
heute Morgen schon mal da und habe die Dosen mit Kondensmilch und Corned Beef
bereitgestellt, von denen wir jedem Kind jeweils eine mitgeben. Es ist nicht
viel, aber da die Behörden uns kaum unterstützen, konnten wir nicht mehr
anbieten. Und jede noch so milde Gabe hilft, nicht wahr? Ich habe gehört, dass
Sie auch ein Kind aufnehmen wollen. Sehr großzügig von Ihnen. Mr. Potts und ich
haben natürlich auch darüber gesprochen, und, Sie kennen mich ja, ich würde
nichts lieber tun, als meinen Beitrag zu leisten, aber mein armer Cedric mit
seinen Allergien ...« Sie verdrehte die Augen himmelwärts. »Also, da ist gar
nicht dran zu denken.« Mrs. Potts beugte sich vor und legte ihren Zeigefinger
an die Nase. »Nur eine kleine Warnung: Die Leute im Londoner East End leben in
ganz anderen Verhältnissen als wir. Sie wären gut beraten, sich ein starkes
Desinfektionsmittel zu besorgen, ehe sie einen von denen ins Schloss lassen.«
    Zwar hatte
Percy selbst ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, ein fremdes Kind bei sich
aufzunehmen, doch sie fand Mrs. Potts' Bemerkung so geschmacklos, dass sie sich
eine Zigarette anzündete, um keine Antwort darauf geben zu müssen.
    Mrs. Potts
fuhr unbeirrt fort. »Ich nehme an, die andere aufregende Neuigkeit haben Sie
schon gehört?«
    Percy trat
von einem Fuß auf den anderen und sah sich verzweifelt nach einer
Beschäftigung um. »Was genau meinen Sie, Mrs. Potts?«
    »Na, oben
auf dem Schloss müssen Sie doch im Bilde sein. Sie sind doch sicherlich mit den
Einzelheiten viel besser vertraut als wir hier unten im Dorf.«
    Natürlich
breitete sich in dem Augenblick Schweigen im Raum aus, und alle Augen richteten
sich auf Percy. Sie gab sich alle Mühe, die Blicke zu ignorieren. »Einzelheiten
worüber, Mrs. Potts?«, fragte sie und straffte sich. »Ich habe keine Ahnung,
wovon Sie sprechen.«
    »Also
wirklich«, die Augen der Klatschbase weiteten sich, und sie strahlte über das
ganze Gesicht, als sie gewahr wurde, dass ihr Auftritt die gewünschte Wirkung
erzielte. »Die Neuigkeit über Lucy Middleton natürlich.«
     
    3
     
    Schloss Milderhurst, 4. September 1939
     
    Offenbar
war ein Kniff dabei, wie man den Leim und dann das Stoffband anbrachte, ohne
die ganze Fensterscheibe zu beschmieren. Die kesse Frau auf dem Bild in der
Bedienungsanleitung schien kein Problem damit zu haben, ihre Fenster bruchfest
zu machen; im Gegenteil, das Ganze machte ihr offenbar richtig Spaß: Sie hatte
eine schlanke Taille, einen modischen Haarschnitt und lächelte zuversichtlich.
Zweifellos würde sie auch mit den Bomben fertigwerden, wenn sie fielen. Saffy
dagegen war völlig überfordert. Sie hatte schon im Juli mit der Arbeit an den
Fenstern angefangen, als die ersten Flugblätter des Ministeriums verteilt
wurden, aber trotz der Ermahnung auf Flugblatt Nummer 2 - Schieben Sie es nicht bis zum letzten
Moment auf! — hatte sie die Dinge ein bisschen schleifen lassen,
als es so ausgesehen hatte, als könnte der Krieg doch noch abgewendet werden.
Aber nach Mr. Chamberlains schrecklicher Ansprache im Radio hatte sie sich
sofort wieder an die Arbeit gemacht. Zweiunddreißig Fenster waren bereits mit Stoffkreuzen
versehen, aber fast hundert lagen noch vor ihr. Warum sie nicht einfach
Klebeband benutzt hatte, würde ihr immer ein Rätsel bleiben.
    Sie drückte die Ecke des letzten Stoffbands an, stieg vom Stuhl
und begutachtete ihr Werk. Je, oje. Sie legte den Kopf schief und betrachtete
stirnrunzelnd das schiefe Kreuz. Es würde halten, aber es war kein Kunstwerk.
    »Bravo«,
sagte Lucy, die in dem Augenblick mit einem Teetablett hereinkam. »Mit einem X
markiert man das Ziel, nicht wahr?«
    »Das will
ich doch nicht hoffen. Wir sollten Adolf Hitler warnen: Er bekommt es mit Percy
zu tun, wenn seine Bomben dem Schloss auch nur einen Kratzer zufügen.« Saffy
wischte sich mit dem Küchentuch die klebrigen Hände. »Dieser Leim hat was gegen
mich. Ich weiß nicht, womit ich ihn beleidigt habe, aber das habe ich ganz
gewiss.«
    »Ein Leim
mit Launen! Wie schrecklich!«
    »Er ist
nicht der

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