Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
und war dann nach Nordwesten gezogen, wo sie im Staat Tarnaulipas auf die mexikanische Küste traf. Hier mußten die Wolken die Sierra Madre Oriental übersteigen, wo sie sich zunächst einmal kräftig abregneten. Bis die Sturmfront über der Chihuahua-Wüste eintraf, war sämtliche Feuchtigkeit aus ihr verschwunden. Vollkommen ausgetrocknet zog sie durch Nordmexiko, bis sie um sechs Uhr früh von Süden kommend die Jornada-del-Muerto-Wüste erreichte.
    Die Sturmfront war so knochentrocken, daß weder Wolken noch Regen von ihrer Ankunft kündeten. Von dem einstigen Gewittersturm über dem Golf von Mexiko war einzig und allein der Wind übriggeblieben, der aus dem enormen Energiepotential zwischen der vierzig Grad heißen Wüstenluft und der gut zwanzig Grad kühleren Sturmfront resultierte. Mit der Geschwindigkeit eines Schnellzugs brach der Sturm, der bei seinem Eintritt in die Jornada eine anderthalb Kilometer hohe, orangefarbene Staubwand bildete, über die Wüste herein. Mit sich führte er zerfetzte Steppenpflanzen, Tonstaub, Sand und feine Salzkristalle aus den weiter südlich gelegenen Playas, und in einer Höhe von bis zu zwei Metern über dem Erdboden blies er sogar ganze Zweige, vertrocknete Kakteen und scharfkantige Kieselsteine vor sich her.
    Ein solcher Wüstensturm, der glücklicherweise nur alle paar Jahre einmal auftritt, kann in Minutenschnelle die Scheiben eines Autos bis zur Undurchsichtigkeit verkratzen. Er schmirgelt lackierte Flächen blank, reißt Wohnwagen die Dächer ab und drückt ausgewachsene Pferde in Stacheldrahtzäune. Um sieben Uhr früh, als der Sturm die Mitte der Jornada-Wüste erreichte, war Gilbert Teece, der kleine Inspektor mit der dicken Aktentasche, in einem Geländewagen bereits seit fünfzig Minuten in Richtung Radium Springs unterwegs.

    Scopes saß an seinem Piano und schien tief in Gedanken versunken zu sein. Seine Finger ruhten bewegungslos auf den Tasten aus Elfenbein und schwarzem Rosenholz. Neben ihm, auf dem handgeschnitzten Notenhalter, lag eine zerfetzte und zerknitterte Boulevardzeitung, die aussah, als hätte sie jemand in einem Anfall von Wut zusammengeknüllt und dann wieder glattgestrichen. Die Schlagzeile des Blattes lautete: »Grausiger Unfall: Harvard-Professor beschuldigt Gen-Firma.« Nach längerem Nachdenken stand Scopes plötzlich auf, ging in den Lichtkreis in der Mitte des Raumes und ließ sich auf sein Sofa fallen. Dort nahm er die Tastatur auf den Schoß und tippte eine rasche Folge von Befehlen. Kurz darauf wurde der riesige Videoschirm an der Wand vor ihm hell. Nachdem ein paar Zeilen Computercode darübergehuscht waren, war darauf das Gesicht eines Mannes zu sehen. Er hatte einen fleischigen, von einem mindestens zwei Nummern zu kleinen Hemdkragen eingezwängten Hals und entblößte die Zähne wie jemand, der es nicht gewohnt ist zu lächeln. »Guten Tag«, sagte Scopes auf deutsch.
    »Möchten Sie lieber Englisch sprechen, Mr. Scopes?« fragte der Mann und blickte devot in die Kamera.
    »Nein«, sagte Scopes und fuhr in schlechtem Deutsch fort: »Ich will praktizieren mehr meine Deutsch. Bitte sprechen Sie langsam und klar. Und sagen Sie alles zweimal.«
    »Wie Sie wollen«, sagte der Mann. »Zweimal, bitte!«
    »Wie Sie wollen. Wie Sie wollen.«
    »Gut, Herr Saltzmann. Unser Freund hat mir gesagt, daß Sie haben Zugriff auf alte Nazi-Akten in Leipzig.«
    »Das ist richtig. Das ist richtig.«
    »Und da sind auch die Akten aus dem Ghetto von Lodz, nicht wahr?«
    »Ja. Ja.«
    »Sehr gut. Ich brauche etwas aus diese - wie sagt man auf deutsch? Aus diese Archiv. Dafür sind Sie spezialisiert, nicht wahr? Ich zahle sehr gut, Herr Saltzmann. Einhunderttausend Deutschmarks.«
    Jetzt kam das Grinsen des Mannes von Herzen. Scopes schilderte dem Mann in gebrochenem Deutsch, was er von ihm wollte. Während sein Gesprächspartner ihm aufmerksam zuhörte, verflüchtigte sich das Grinsen immer mehr aus seinem Gesicht.
    Etwas später, als der Schirm wieder dunkel war, gab das Telefon auf dem Couchtisch einen leisen, kaum hörbaren Ton von sich.
    Scopes, der noch immer mit der Tastatur auf dem Schoß dasaß, beugte sich vor und drückte auf einen Knopf. »Ja?«
    »Ihr Mittagessen ist fertig, Sir.«
    »Wunderbar.«
    Kurz darauf trat Spencer Fairley ein -in Pantoffeln, was einen fast schon lächerlichen Kontrast zu seinem korrekten, grauen Anzug bildete. Lautlos kam er an den Tisch und stellte eine Schachtel mit Pizza und eine Dose Coca-Cola auf einen der

Weitere Kostenlose Bücher