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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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näher kennengelernt hatte, war ihm auf eine ganz bestimmte Art sympathisch. Es war schwer zu beschreiben. Es lag eine natürliche Nachsichtigkeit in dem, was er sagte und dem, was er tat. Ohne Zweifel, diese Mann war mit sich im Reinen, er brauchte sich und anderen nichts vorzumachen, ein ehrlicher, ein gerechter Mann.
    Peter Saunders begann seine Geschichte am Morgen des Unglückstages. Es hätte ein so schöner Tag werden sollen. Peter durfte bestimmen, was die kleine Familie unternehmen sollte, denn es war sein sechster Geburtstag. Er hatte sich einen Ausflug zum Lake Glendale gewünscht, wo sie angeln und baden würden. Peters Mutter hatte einen Kuchen gebacken, einen Picknickkorb gepackt und bevor sie abfuhren, hatte Peters Vater seinem Sohn seine erste eigene Armbanduhr geschenkt. Das einzig traurige war, dass Luther nicht mitkam. Er hatte Stubenarrest und durfte lediglich kurz rüberkommen, um seinem Freund zu gratulieren und sein Geschenk abzugeben. So fuhr Peter allein mit seinen Eltern. Sie waren in einer ausgelassenen Stimmung und sangen auf der Fahrt.
    In Peters Augen glänzte die Sehnsucht nach einer Kindheit, die er gemeinsam mit seinen Eltern hätte verbringen dürfen. Auch jetzt, nach so langer Zeit und in einem Alter von 40 Jahren, waren die Wunden noch spürbar, auch wenn sie nicht mehr schmerzten. Peters Erzählung nahm ernstere Züge an.
    - „Ich saß hinten und lehnte mein Kinn auf einen der Vordersitze. Von dieser Position aus konnte ich den anderen Wagen auf uns zufahren sehen, der Sekundenbruchteile später in unseren Pontiac hineinfuhr. Es war ein wuchtiger Aufprall, der uns von der Straße beförderte. Der Wagen überschlug sich mehrere Male, bevor er dort unten gegen die Bäume prallte und auf dem Dach liegen blieb.“
    - „Lassen Sie uns mal runter gehen. Ich will mir das genauer ansehen.“
    Peter stutzte, folgte Mason aber. Peter sprach mit heiserer Stimme weiter.
    - „Meine Eltern waren sofort tot. Man schnallte sich damals nicht an. Sie müssen sich das Genick gebrochen haben. Jedenfalls reagierten sie nicht mehr, sie waren eingequetscht. Ich hatte schreckliche Angst, begriff nicht, dass sie nicht mehr lebten. Ich schrie, versuchte sie aufzuwecken. Dann wurde es heiß und stickig. Beißender Rauch drang in den Wagen. Es war seltsam, die Fenster hatten alle gehalten, nur die Frontscheibe war gesplittert, aber da war kein Durchkommen. Mein Vater und meine Mutter lagen mit den Köpfen nach unten davor, waren richtig verkeilt.“
    Jetzt übermannte es ihn doch, er rang mit den Tränen.
    - „Ich wollte die hintere Fensterscheibe zerschlagen. Aber es funktionierte nicht. Mit aller Gewalt trat ich dagegen. Ich spürte eine Explosion und ich sah das Feuer. Vermutlich hatte sich das Benzin entzündet. Ich geriet in Panik. Immer wieder wand ich mich, schlug auf die Scheibe ein. Doch das Glas wollte nicht bersten. Schließlich sah ich hinter einem Busch einen alten Mann. Ich rief um Hilfe, hämmerte gegen das Glas. Dann wurde ich ohnmächtig.“
    Das Unbehagen war greifbar. Mason spürte, dass der Mann neben ihm ohne jeden Zweifel die zwanghafte Vorstellung hatte, jenen Unfall im Sommer 1975 überlebt zu haben. Und nun begab sich Mason zusammen mit ihm auf eine Reise in eine Vergangenheit, die reine Fiktion war, die Phantasie eines bedauernswerten Menschen, der an einer schweren Gedächtnisstörung litt. Was Mason hier trieb, konnte womöglich ernsthafte Komplikationen auslösen. Doch seine innere Stimme war anderer Meinung.
    - „Was geschah dann?“
    - „Ich erwachte im Krankenhaus. Man erzählte mir, dass irgend so ein Alter mich gerettet hatte. Der ist dann aber genauso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war.“
    Konnten gezielte Nachfragen nun wirklich helfen? Wenn er Marty richtig verstanden hatte, könnte die reale Erinnerung, also der Ursprung der Gedächtnisirritation freigelegt werden, wenn es gelänge, Zweifel an seiner Variante aufzubauen.
    - „Sie wissen nicht, wer Sie gerettet hat? Haben Sie denn nicht versucht, den Retter ausfindig zu machen? Ich meine, um sich zu bedanken.“
    - „Na ja, ich war sechs Jahre alt, da denkt man nicht so weit, außerdem hatte ich gerade meine Eltern verloren. Später habe ich natürlich schon darüber nachgedacht, aber der Mann war wohl schon ziemlich alt, deshalb glaubte ich nicht, dass er noch lebte. Wenn Sie die ganze Geschichte hören wollen, sollten wir meine Tante besuchen. Die kann Ihnen alle Einzelheiten erzählen.“

18.

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