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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hunt
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eine Decke rauslegen und – «
    »Kommt nicht in Frage!« Er schritt auf den Hinterbeinen zur Haustür.
    Esther blieb auf der Treppe sitzen, verwundert, dass sein Fortgehen sie ein wenig betrübte. »Werden Sie heute Nacht zurückkommen?«
    »Sehr spät.« Black Pat fummelte am Türknauf herum, der für ihn schwer zu greifen war. Endlich hatte er es, und die Tür ging auf. Da erregte etwas seine Aufmerksamkeit.
    Neben der Tür hing ein Korkbrett mit Schlüsselhaken an der Wand. Das Brett war eine Biographie aus Schlüsseln und Schlüsselanhängern: eine lederne Puppensandale aus Griechenland an den Autoschlüsseln; eine Muschel an einer Kette neben dem walisischen Drachen als rotem Plastikanhänger; ein großer verschnörkelter Schlüssel, zu dem es schon lange kein Schloss mehr gab. An einem anderen Schlüssel, gestohlen, hing ein Pappschild mit der Zimmernummer der Flitterwochensuite. In der Mitte des Bretts war ein Schlüssel vergraben, an dem ein Gabelbein angebracht war. Aus dem ganzen Durcheinander von Schlüsseln und Talismanen nahm Black Pat gerade diesen vom Haken. Er beugte sich darüber, und seine dicken Barthaare stellten sich auf, als er ihn beschnupperte. Esther streckte sich, um zu sehen, was er da hatte.
    Für Black Pats Nüstern war der Geruch des Gabelbeins immer noch aufschlussreich, erzählte eine chemische Geschichte von Taschen und Jacken, von Frost und Regen und Feuchtigkeit. Es war eine Art Palette der Hormone, die durch die Hände des Besitzers gegangen waren, und mit dem Herzen verbunden.
    Esther erkannte den Umriss des weißen Knöchelchens in seiner Pfote. Sie wollte nicht, dass er diesen Schlüssel anfasste. »Oh, ich habe ganz vergessen, Ihnen einen Schlüssel zu geben. Ich suche Ihnen einen.«
    Black Pat sah sie flüchtig an und hängte das Gabelbein zurück an den Haken. »Schon gut, ich brauche keinen.«
    »Sie brauchen keinen Schlüssel?«, sagte Esther ungläubig.
    »Nein.«
    Sie musterte ihn. Der Ausdruck ihres Gesichts veränderte sich. »Warum haben Sie sich dann den genommen?«
    »Der hat mir schon immer gefallen«, sagte Black Pat. Nein, zu deutlich. »Gabelbeine haben mir schon immer gefallen, ich mag sie sehr«, korrigierte er sich. Dass er sich dabei an der Backe kratzte, machte es nicht überzeugender.
    Abermals wandte er sich zu gehen und wurde diesmal von einem Ton in Esthers Stimme aufgehalten. Sie hatte sich hinter ihm angeschlichen und nahm den Schlüssel vom Korkbrett. Nur Zentimeter trennten sie voneinander. Eine gefährliche Anziehung, die Fremdartigkeit seiner Nähe hielt sie dort fest. Black Pat fühlte die Bannwirkung, die seine physische Präsenz auf sie ausübte. Das verstand er, der unheimliche Verführer.
    »Black Pat, kommen Sie wieder?« Ihre Frage sollte eigentlich nicht hoffnungsvoll klingen. Es war ihr peinlich.
    Er neigte ihr den pelzigen Kopf zu, das Maul zu einem Grinsen verzogen, das sie noch nicht deuten konnte. »Deswegen müssen Sie sich keine Sorgen machen.«
    Die Tür schlug zu.
    Minuten vergingen im Halbdunkel des Flurs. Das leere Haus legte sich auf sie wie ein Leichentuch. Esther hielt den Schlüssel fest umschlossen, so dass das Gabelbein weiße Kerben in ihren Daumenballen drückte. Es war Michaels Schlüssel gewesen, und schützend presste sie ihn an die Brust.

11
    21 Uhr 30
    E s sind schon alle da, Mr. Pug«, versuchte Clementine behutsam, ihn zu einer Äußerung zu bewegen. Als Silhouette vor dem warmen Flurlicht stand sie in der offenen Tür.
    Das Arbeitszimmer war eine Höhle. Zwei Stehlampen durchbrachen die Dunkelheit und beleuchteten Churchill, der mit dem Rücken zu ihr am Tisch saß. Der wuchtige Mahagonitisch mit den Kugelklauenfüßen war ein Erbstück von seinem Vater Lord Randolph Churchill, dem dritten Sohn des siebten Herzogs von Marlborough. Wild durcheinander türmten sich darauf Fotos, Papiere und Bücher, alle unbeachtet. Churchill saß vor diesem ganzen Chaos wie ein Klotz aus rotem Samt. Er hatte einen seiner »Strampler« an, einen bequemen einteiligen Hausanzug mit einem Reißverschluss an der Vorderseite, der nicht zugezogen war und daher einen weißen Hemdstreifen freigab. Statt den glimmenden Zigarrenstummel zu halten, drückten seine Hände fest auf die Schläfen und schoben die Haut zu dicken Wülsten zusammen.
    Er war von etwas in Anspruch genommen, das Clementine nicht hören konnte, etwas, das aus der Richtung des Kamins kam. Es war ein abscheuliches Knirschen, so als ob jemand Steine kaute, aber so heftig

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