Mr. Hunderttausend Volt!
lustig, einen älteren Mann zu verwirren und in ein Gefühlschaos zu stürzen?
„Tja“, hörte er Jessicas Stimme wie aus weiter Ferne durch den Wust aus Gedanken und Emotionen an sein Ohr klingen. „Ich weiß selbst, dass das ziemlich verrückt klingt. Aber was bedeuten schon Jahre? Ich mag dich einfach, Jonas, weiß der Kuckuck weshalb. Du kannst eklig sein, richtig bösartig, laut, ausflippend, dominant – ein Tyrann. Aber ich mag dich trotzdem. Was soll ich dagegen tun?“
„Äh – nichts.“ Jonas hob den Kopf und musterte Jessica aufmerksam. Plötzlich war es ihm egal, was andere dachten. Er zog sie an sich und hauchte Jessica einen Kuss auf die Nasenspitze. „Du sollst gar nichts dagegen zu. Lass es, wie es ist, ich bin froh darüber.“
Ein zweiter Kuss landete auf Jessicas Nasenspitze.
„Ich möchte dich bei mir haben“, flüsterte Jonas dicht an ihrem Ohr, seine Lippen berührten dabei die die zarte Muschel, was einen feinen Kitzel auslöste, der durch Jessicas Körper rann und heiße Blitze in ihren Unterleib sandte. „Ganz, ganz nahe, meine Süße. Jeden Tag und jede Nacht. Meinst du, du hältst das aus?“
Jessica lachte leise. Es klang warm und sehr sinnlich. John spürte, wie sein Verlangen nach ihr zu einem heißen Feuer wuchs, das ihn innerlich zu verbrennen drohte. „Du bist irgendwie total süß.“ Ihre Hand strich sanft über seine Wange. „Dabei frage ich mich wirklich, was mich so an dir fasziniert? Ach, Jonas, halt mich einfach fest. Ich möchte dich spüren.“
Ihre Worte machten Jonas glücklich. Längst vergangen geglaubte Gefühle und Empfindungen erwachten in ihm. Glück, süß und berauschend, floss durch seine Seele, machte, dass er sich leicht und frei fühlte.
Er liebte! Er liebte – und das nach bald zwanzig Jahren Einsamkeit, Wut, Enttäuschung, Misstrauen und der Angst, in einer neuen Beziehung erneuten Schiffbruch zu erleiden, die es ihm unmöglich gemacht hatte, sich auf andere Menschen einzulassen. Jessica hatte auf diese Befindlichkeiten überhaupt keine Rücksicht genommen. Mit dem ihr eigenen Temperament und ihrer Sturheit sowie einer riesigen Portion Selbstvertrauen war sie in sein Leben gestürmt, hatte ihm gründlich den Kopf gewaschen, sein Gehirn gelüftet und sein Herz entrümpelt und sich darin eingenistet. Jetzt hatte Jonas sie überall, in seiner Seele, in seinem Fleisch, im Blut, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte.
Am liebsten hätte Jonas pausenlos gehört, dass Jessica ihn liebte. Aber er begnügte sich damit, ihr lange und tief in die Augen zu sehen, um auf den Grund der schwarzen Seen die Antworten auf seine unausgesprochenen Fragen zu erkennen. Jessicas Blick war für ihn wie ein offenes Buch und was er darin las, war die schönste, vollkommenste Poesie.
„Ist es wirklich wahr?“, fragte Jonas trotzdem.
Jessica lächelte. Statt einer Antwort hob sie sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss mitten auf den Mund.
„Du weißt, dass sich die Leute über uns die Mäuler zerreißen werden?“ Eigentlich war Jonas das vollkommen egal, was die Leute redeten, aber er konnte nicht aufhören zu fragen.
„Sie werden es das Jessica-Syndrom nennen.“ Jessica kicherte unbefangen und schmiegte ihre Wange an Jonas‘, die sich ein klein wenig rau anfühlte. „Und damit haben sie doch recht, nicht wahr?“
„Mein Gott, Jessie!“ Er zog sie so fest an sich, drückte Jessica so herzhaft, dass ihr für einen Moment die Luft wegblieb. „Ach, ich begreife es gar nicht so richtig, was da mit mir geschieht. Aber fühle mich so herrlich wohl, so stark, dass ich Bäume ausreißen könnte.“
Jessica lachte leise und rieb ihre Nase an seinem Gesicht. Ihr ging es genauso. Auch sie hätte die Welt auf den Kopf stellen können, aber sie blieb nur ganz still stehen und lauschte Jonas‘ Beteuerungen, von denen sie gar nicht genug hören konnte.
Später als sie gemeinsam an der Slalompiste standen und zusahen, wie die riesigen Trecker mit Eleganz und Geschick die schwierige Strecke meisterten, fragte Jessica sich, wie es denn möglich war, dass man einen Menschen, den man zuerst aus tiefstem Herzen verabscheut hatte, auf einmal so verrückt lieben konnte? Neben Jonas fühlte sie sich warm und sicher. Es machte ihr nichts aus, dass er um einiges älter war als sie und es interessierte sie nicht die Bohne, was andere Menschen zu ihrem Verhältnis sagten. Das war ihr Leben und ihre Liebe und die gingen niemanden etwas
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