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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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– zahlt sich aus.«
    »Aber so war das nicht gemeint.«
    »Ach, hör doch auf«, widersprach Max. »Glaubst du, das hätte keiner bemerkt? Du fährst sie jeden Morgen zur Schule, du starrst ihr sehnsüchtig hinterher, und den Rest des Tages gehst du ihr geflissentlich aus dem Weg. Gestern beim Essen sagst du etwas über ihre Schuhe , meine Güte, und eine Stunde später gehst du auf dem Flur an ihr vorbei und tust so, als hättest du nicht bemerkt, wie sie dich anlächelt.«
    Er meinte die Pause zwischen der fünften und sechsten Stunde, Englisch und Mathe. Sie saß in diesen Stunden in einem benachbarten Klassenzimmer, weshalb ich gewöhnlich durch einen anderen Flur ging, um ihr nicht zu begegnen. Am vergangenen Tag war ich spät dran gewesen, weil ich mit dem Lehrer gesprochen hatte. Da ich für den Umweg nicht mehr genug Zeit gehabt hatte, war ich geradeaus durch den Flur gelaufen und hatte den Boden angestarrt, um sie nicht ansehen zu müssen.
    Und das gefiel ihr sogar? Wie konnte ich jemals hoffen, die Menschen zu verstehen?
    Das musste ein Ende haben. Ich durfte sie nicht noch näher an mich heranlassen, nicht auf diese Weise. Mr. Monster wollte sie so sehr, dass es wehtat.
    »Das hat nichts zu bedeuten«, erklärte ich. »Sie ist einfach nur das Mädchen, das ich zur Schule mitnehme, mehr nicht.«
    »Willst du mich veräppeln?«, fragte Max. »Inzwischen weiß die ganze Welt, dass du in sie verknallt bist.«
    »Ich habe sowieso schon zu viel Zeit mit ihr verbracht.«
    »Was soll das denn jetzt?«, fragte Max. »Sie ist total heiß, und wenn ich sage, sie ist das zweitschärfste Mädchen in der Schule, dann kannst du mir glauben, dass ich eine Menge Zeit für genaue Vergleiche aufgewendet habe. Du musst dich überwinden und sie einladen.«
    Ich starrte ihn an. »Bist du verrückt?«
    »Nein, du bist verrückt«, widersprach Max. »Ich glaube, du übertreibst es mit deiner Unnahbarkeitsnummer. Wahrscheinlich hätte sie dich schon längst gefragt, wenn du etwas zugänglicher wärst.«
    »Warum sagst du das?«
    »Weil ich aufpasse«, sagte Max. »Sie ist, wie schon gesagt, echt heiß. Während du sie eifrig übersiehst, blickt sie dauernd interessiert in deine Richtung. Wahrscheinlich findet sie dich geheimnisvoll. Ich halte dich allmählich aber eher für einen ahnungslosen Trottel.«
    Das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Ich hatte schon genug Mühe, Mr. Monster unter Kontrolle zu halten – nachts durchlebte ich seine Phantasien, und tagsüber musste ich mir einen Käfig aus Regeln und Verhaltensweisen bauen, damit die Phantasien keine Realität wurden. Er wollte Menschen wehtun, manchmal sogar höchst dringend, und was er mit Brooke vorhatte, war fast zu schrecklich, um überhaupt darüber nachzudenken. Er wollte sie ganz und ohne Einschränkungen besitzen, und das war erst möglich, wenn sie tot war. Während sich in mir diese Abgründe auftaten, blieb mir nichts übrig, als sie anzusehen und zu lächeln. Jetzt riet mir mein Freund, mein einziger Freund, ich solle mich sogar noch stärker auf sie konzentrieren. Mehr Zeit mit ihr verbringen, öfter an sie denken und mich so verhalten, dass sie mir noch näher kam.
    Da musste sich etwas ändern, und zwar bald, denn sonst war niemand in meiner Umgebung mehr sicher.

SIEBEN

Zum sechzehnten Geburtstag bekam ich eine Leiche, mit der ich spielen konnte. Mrs. Soder, die älteste Einwohnerin von Clayton County, war endlich im Krankenhaus gestorben. Vom Leichensack befreit, lag die Tote reglos auf der Edelstahlfläche des Einbalsamierungstischs. Die Klinik hatte sie in ein Anstaltshemd gesteckt und bei uns eingeliefert. Das vereinfachte die Angelegenheit wesentlich. Statt uns mit echter Kleidung abzumühen oder die Erlaubnis der Familie einzuholen, die Sachen einfach zu zerschneiden, mussten wir nur eine Strippe hier und eine zweite dort durchtrennen und hatten ihr das Hemd in Sekunden abgenommen. Das Einbalsamieren würde problemlos verlaufen. Ich wollte mir so viel Zeit wie möglich lassen und es wirklich genießen.
    Mom saß im Büro und unterschrieb zusammen mit dem Leichenbeschauer Ron die erforderlichen Papiere. Margaret war noch nicht da. Eigentlich war Lauren unsere Bürokraft, doch seit Mom und sie sich gestritten hatten, war sie nicht mehr aufgetaucht.
    Umso mehr Zeit hatte ich nun für mich selbst.
    Ich strich Mrs. Soder durch das lange, sehr feine weiße Haar. Sie war fast hundert Jahre alt geworden, und wegen des Buckels, den sie im Alter

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