Mr Nanny
Man muss so tun, als ob. Das ist der andere Knackpunkt.«
»Wie? Tun, als ob?«
»Du musst so tun, als ob du total scharf drauf bist, das lieben sie.«
»Also, selbst wenn ich wollte, selbst wenn mir an einem Wochentag frühmorgens vor der Arbeit nach Sex zumute wäre - was nicht der Fall ist -, Phillip ist ja nie da.«
»Ist er denn jetzt häufiger unterwegs als früher?«
»Er ist jetzt im Schnitt drei Nächte pro Woche verreist. Und selbst wenn er in der Stadt ist, muss er sich häufig mit irgendwelchen Klienten zum Abendessen treffen.«
Susannah trat zu meiner immensen Erleichterung von ihrem Dumusstdeinem-Manneinenblasen-Podest herunter und seufzte. »Das ist ganz schön viel für einen Neunjährigen. Der hat sich einen Vater, der nie da ist, auch nicht ausgesucht.«
Wie wahr. »Anfangs, als wir in diese Gegend gezogen sind und ich all die East-Side-Mütter kennen lernte, mit ihrem Tross an Personal, da konnte ich es kaum fassen. Nichts gegen dich, Susannah, ich hatte so etwas bloß noch nie gesehen. Eine Nanny für jedes Kind, Haushälterinnen, die das Haus sauber halten, Köche, Chauffeure, Haus manager , die den Haushalt managen .« Susannah nickte. Sie hatte all das und mehr. »Ich habe sogar gehört, dass neuerdings junge Männer angestellt werden, um mit den Jungs herumzutoben, während die abwesenden Väter die Kohle verdienen. Das hab ich irgendwie nicht mehr aus dem Kopf gekriegt: dass man einen Kerl engagiert, um dem Kind männliche Zuwendung zu geben. Ich hab mir geschworen, ich würde nie zu jenen Frauen gehören, die einen Vaterersatz anstellen.«
Susannah lächelte. »Und?«
»Und dann fing ich an zu überlegen. Ich dachte: Du hast so viel Glück im Leben, du schwimmst im Geld, und, na ja, vielleicht sollte ich ja auch einen Kerl für Dylan engagieren. Du weißt schon, irgendeinen Studenten, der Dylan von der Schule abholen, mit ihm in den Park gehen, Fußball spielen könnte. Sich über Autos unterhalten. Was weiß ich. Aber ist aus mir jetzt auch so eine schreckliche Mutter geworden, die nicht mehr weiß, was sie mit ihrem Sohn anfangen soll? Das ist doch verrückt.« Dieses Gespräch machte mich ganz unruhig. Ich spießte eine Riesengarnele auf und schob sie mir in den Mund.
»Das ist kein Kerl , Dummerchen«, sagte Susannah.
»Doch. Genau darum geht es. Ich gebe mich geschlagen. Ich werde wie du. Gott möge mir beistehen.«
»Das ist kein Kerl«, wiederholte sie. »Das ist ein Manny. M für männliche Nanny. Ein Kindermännchen, wenn du so willst. Das weiß doch jeder .«
Nun, ich offenbar nicht. »Manny? So nennt man das? Und du machst keine Witze?«
»Vergiss den Psychiater. Such dir einen Manny! Auf diese Weise kriegt dein Sohn ein wenig männliche Aufmerksamkeit, während Daddy in Pittsburgh weilt und irgendwelchen Klienten den Hintern küsst.«
»Damit mein Stadtkind in den Park gehen und Jungssachen mit seinem Manny machen kann?«
»Teufel, ja! Jessica Bakers Manny geht mit ihren drei Söhnen jeden Dienstag zur ESPN-Zone am Times Square.Würdest du zur ESPN-Zone am Times Square gehen wollen? Ich nicht . Deine Haushälterin und deine Nanny würden da auch niemals hingehen, und falls doch, würden sie sich gähnend am Rand rumdrücken und es kaum abwarten können, wieder zu verschwinden. Und weißt du, wer sonst noch jeden Sommer Mannys hatte?«
»Nein, wer?«
»Die Kennedys. Alle Kennedy-Cousins hatten im Sommer auf Hyannis Mannys, die auf sie aufpassten. Zum Segeln. Zum Footballspielen. Nur hat man sie da noch nicht so genannt. Weißt du, wie sie sie nannten? Governors .« Ich lachte. Susannah fuhr fort: »Oh ja, meine Liebe, ein Manny ist die Antwort auf deine Gebete. Und schmeiß bloß nicht die Nanny oder die Haushälterin raus, denn ich versichere dir, der Typ wird dir nicht die Fenster putzen oder die Wäsche bügeln. Mach dich noch heute Nachmittag auf die Suche. Und dein kleiner schmollender Dylan wird überglücklich sein. Betrachte ihn als den älteren Cousin, den wir uns alle gewünscht hätten, aber mit einer Geduld, die nur ein gutes Honorar hervorruft.«
5. Kapitel
Manny gesucht
Anruf vom Empfang: »Mr. Nathaniel Clarkson wäre jetzt hier.«
Auf den war ich besonders gespannt. »Schicken Sie ihn bitte los, ich komme ihm auf halbem Weg entgegen. Danke, Deborah.«
Ich rannte aus meinem Büro und stieß prompt mit Charles zusammen, der gerade den Gang entlangkam. »He! Es ist elf Uhr vormittags. Jetzt geht nichts auf Sendung. Immer mit der Ruhe,
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