Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
putzte sie ihren Pferdeanhänger. Jedes Jahr fettete sie die Kugellager ein, kontrollierte die Bretter, schmirgelte allen Rost ab und lackierte die betreffenden Stellen neu. Im Moment glich ihr Anhänger einem Dalmatiner, da er voller Flecken war. Sie hatte die Spachtelmasse aufgetragen und war vor der Jungtierjagd, die gewöhnlich im September begann, nicht fertig geworden. Bei dieser Jagd gesellten sich junge Jagdhunde zu den älteren, und junge Füchse lernten zusammen mit den jungen Hunden, was von ihnen erwartet wurde. Harry hoffte, bei dem schönen Wetter heute mit der Arbeit fertig zu werden.
Blair hatte ihr seine Spritzpistole geliehen. Da Blair immer nur beste Qualität kaufte, rechnete sie sich aus, die Arbeit in zwei Stunden erledigen zu können. Höchstens. Sie hatte bei Art Bushey günstig supermanblauen Metalliclack erstanden.
»Das Zeug stinkt fürchterlich.« Tucker rümpfte die Nase über die Farbbehälter.
»Sie wird den ganzen Nachmittag für die Spritzerei brauchen.« Pewter streckte sich. »Ich verzieh mich ins Haus.«
»Faulpelz. Leg dich doch unter den Ahornbaum schlafen und lass dir die Sonne auf den Pelz brennen«, schlug Mrs Murphy vor.
»Fang bloß nicht wieder mit deinen Vorträgen über Bewegung im Freien an und dass wir Katzen zum Rennen, Springen und Töten geboren sind. Diese Katze ist dazu geboren, auf Seidenkissen zu ruhen und Tartar zu essen.«
»Tucker, komm, lass uns toben.« Mrs Murphy schüttelte sich, dann tollte sie durch den Stallhof.
»Ich mach nicht mit, und dass ihr mir nachher bloß nicht ankommt und Geschichten erfindet, was ich alles verpasst habe«, rief Pewter ihnen nach. »Und ich will auch nichts von dem Rotluchs hören. Das ist ja wohl die größte Übertreibung, die mir je untergekommen ist.« Während sie aufs Haus zusteuerte, führte sie Selbstgespräche. »Oh, und wenn es nicht der Rotluchs ist, dann ist es die Bärin mit ihren zwei Jungen. Und wenn ich mir noch ein einziges Mal anhören muss, wie Tucker von einem wütenden Biber fast unter Wasser gezogen wurde, als sie den Bach überquerte … als Nächstes wollen sie mir noch weismachen, dass da draußen ein Elefant rumläuft. Schön, sollen sie sich doch die Ballen aufritzen. Ohne mich.« Sie hüpfte auf die umzäunte Veranda und durch die offene Tür in die Küche. »Hmmm.« Pewter sprang auf die Anrichte, um Blätterteigkrümel zu verschlingen. »Zu schade, dass Harry nicht kochen kann.«
Sie rollte sich auf der Anrichte zusammen. Durch das Fenster über dem Spülbecken flutete die Sonne herein, und Pewter fiel in einen tiefen Schlaf.
Die Katze und der Hund trabten nach Nordwesten. Gewöhnlich strebten sie zum Bach, der Harrys Grundstück von Blairs Anwesen trennte, aber weil sie ihn heute Morgen gesehen hatten, als er auf dem Weg zur Jagd die Spritzpistole vorbeibrachte, beschlossen sie, in die andere Richtung zu sprinten.
»Über Pewter könnte ich mich krümeln.« Mrs Murphy lachte.
»Ich mich auch.« Tucker blieb stehen und hob die Nase. »Rehe.«
»Nah?«
»Da drüben.« Die Corgihündin wies auf eine Baumgruppe, die von hohem Gras umgeben war.
»Wir wollen sie nicht stören. Es ist Jagdsaison, und bestimmt läuft irgendein Idiot mit einem Gewehr rum.«
»Ich habe nichts gegen gute Jäger. Sie tun uns einen Gefallen. Aber die anderen …« Der Hund schauderte, trabte dann weiter. »Mom und Blair hatten sich nicht viel zu sagen, was?«
»Sie war in Eile. Er auch.« Mrs Murphy fuhr fort: »Manchmal mache ich mir Sorgen um sie. Sie hat sich in ihren Lebensgewohnheiten eingerichtet. Das macht es schwierig, sich mit einem Partner zusammenzutun, weißt du.«
»Sie lebt gern allein. Die ganze Zeit habe ich mir gewünscht, dass Fair zurückkommt, was er ja auch versucht hat – aber ich glaube wirklich, es gefällt ihr, unabhängig zu sein.«
»Tucker, sie war nun wirklich keine typische Ehefrau.«
»Nein, aber sie hat Zugeständnisse gemacht.«
»Er auch.« Mrs Murphy blieb einen Moment stehen, um einen großen Fuchsbau zu inspizieren. »He, haben sie euch heute Morgen gescheucht?«
»Nein«, lautete die kühle Antwort.
»Nächste Woche brechen sie von der Old Greenwood Farm auf.«
»Danke.«
»Seid wann pflegst du intimen Umgang mit Füchsen?«, fragte Tucker. »Ich denke, du hasst sie.«
»Nee, bloß ein paar.«
»Scheinheilig.«
»Rückständig. Denk an Emerson: ›Eine thörichte Beständigkeit ist das Steckenpferd kleiner Geister.‹«
»Wohin gehen wir?« Tucker ignorierte
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