Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
hier.«
»Keine Bange, Irene wird ihm jede Silbe von diesem Treffen berichten.« Murphys Schwanzspitze zuckte hin und her, ein Zeichen leichter Erregung.
»Wir müssen Fair bitten, bei Mom zu bleiben.« Tucker nahm mit Recht an, dass dies zusätzlichen Schutz bedeuten würde.
»Keine Chance.« Murphy stand auf, streckte sich und rief ihren Freundinnen zu: »Kommt mit mir hinten raus. Die Menschen müssen immer palavern. Auf uns wartet Arbeit.«
Tucker war dagegen. »Wir sollten hierbleiben und die Dinge im Auge behalten.«
»Das Kind ist schon im Brunnen. Wir müssen schnell handeln. Kommt jetzt.«
Tucker schlängelte sich durch die vielen Beine und flitzte durch die Tierpforte. Draußen angekommen, sagte sie: »Wo gehen wir hin?«
»St. Elizabeth.«
»Murphy, das ist zu weit.« Pewter malte sich den Marsch aus.
»Willst du helfen, oder willst du ’n Schlappschwanz sein?«
»Ich bin kein Schlappschwanz.« Pewter schlug trotzig nach der Tigerkatze.
»Dann lasst uns gehen.«
Nach fünfundvierzig Minuten erreichten sie die Football- und Fußballplätze. Erschöpft setzten sie sich für einen Augenblick hin.
»Bleibt zusammen. Wir nehmen uns Raum für Raum vor.«
»Wonach suchen wir?«
»Das weiß ich noch nicht genau. Wenn April noch andere Bücher an sich genommen hat, sind sie jetzt bestimmt frisiert. Aber keiner von diesen Menschen hatte damit gerechnet, dass er umgebracht würde. Irgendwo muss noch Unerledigtes herumliegen, und wenn die Büros picobello aufgeräumt sind, kann das nur bedeuten, dass April die Wahrheit kennt – die ganze Wahrheit, oder etwa nicht?«
49
Eine unheimliche Stille schlug den Tieren entgegen, als sie durch den Flur des alten Hauptgebäudes tappten, wo die Verwaltung untergebracht war. Die erregte Versammlung des Lehrerkollegiums fand im Auditorium auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes statt. Im alten Hauptgebäude war keine Menschenseele, nicht mal eine Rezeptionistin.
»Glaubt ihr, in diesem Teil gibt es eine Kantine?«, quengelte Pewter.
»Nein. Außerdem möchte ich wetten, dass niemand in der Kantine arbeitet.« Tucker wollte unbedingt in das Gebäude hinein und wieder draußen sein, bevor das Postamt zumachte. Wenn Harry ihre Tiere nicht finden konnte, drehte sie durch.
»Wie passend.« Mrs Murphy las DIREKTOR in Goldbuchstaben an der schweren Eichentür, die angelehnt war. Die Katze prüfte die Breite der Lücke mit ihren Schnurrhaaren, wusste, dass sie es schaffen konnte, und zwängte sich durch. Dickmops hinter ihr musste sich etwas mehr anstrengen, um sich durchzuquetschen.
Tucker zwängte ihre lange Nase in die Tür. Mrs Murphy drehte sich um und konnte nicht widerstehen, Tucker einen Nasenstüber zu versetzen.
»Das ist nicht fair.«
»Wo hast du deinen Sinn für Humor gelassen? Pewter, hilf mir mit der Tür.«
Die beiden Katzen zogen mit den Vorderpfoten, während Tucker mit der Nase schob. Schließlich ging die schwere Tür weit genug auf, dass die Corgihündin durchschlüpfen konnte. Alles war ausgeräumt worden bis auf den majestätischen Doppelschreibtisch und den sattroten Perserteppich, der vor dem Schreibtisch lag.
»Tucker, du beschnupperst die Wände, die Unterseite vom Schreibtisch, die Bücherregale, alles. Pewter, du untersuchst die Regalwände. Vielleicht ist da eine Geheimtür oder so was.«
»Und was tust du?« Pewter hechtete in die leer geräumten Bücherborde.
»Ich mach die Schubladen auf.«
»Das ist Schwerstarbeit.«
»Für mich nicht. Ich hob das zu Hause gelernt, weil Harry die frische Katzenminze immer in ihrer rechten Schreibtischschublade versteckt hat … bis sie dahinterkam, dass ich sie aufmachen konnte.«
»Wo versteckt sie sie jetzt?«, fragte Pewter begierig.
»Küchenschrank, ganz oben. Innen drin.«
»Verdammt.« Pewter fluchte selten.
»An die Arbeit.« Mrs Murphy warf sich auf die Seite und schob die Pfote durch den polierten Messinggriff. Mithilfe ihrer Hinterbeine stemmte sie sich nach vorn. Die breite mittlere Schublade knarrte ein bisschen, dann rollte sie heraus. Die Schublade war angefüllt mit Kugelschreibern, Bleistiften und einer Lawine von Büroklammern und geprägtem St.-Elizabeth-Briefpapier. Sie schob die Pfoten in die hinterste Ecke der Schublade. Mrs Murphy schauderte. Sie wollte das Papier zu gern auf den Boden werfen und dann kopfüber hineintauchen. Eine Papiertüte war ja schon ein großer Spaß, aber teures, luxuriöses, geprägtes, geripptes Schreibpapier – das war
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