Mueller, Carin
vorbei. Ab zehn geht’s los, oder?«
»Ja genau, und du kannst deine Freundin natürlich gerne mitbringen.«
»Anuschka? Ja, mal sehen.« Er gähnte erneut. »Sei mir nicht böse, aber ich muss jetzt schnell unter die Dusche und noch ein Geschenk besorgen. Danke für die Plätzchen, und dir auch schöne Weihnachten!«
»Du hast noch kein Geschenk für sie?«, rief Christian entsetzt auf, und Giovanni zuckte nur mit den Schultern. »Dann gib Gas, die Läden haben nicht mehr lange auf!« Armes Mädel, dachte er, als er wieder in sein Auto einstieg und zur nächsten Adresse fuhr.
»Ja, bitte?«, krächzte eine verzerrte Piepsstimme durch die Sprechanlage.
»Hohoho, hier ist der Weihnachtsmann!«
»Christian? Bist du das?«
»Nein, der Weihnachtsmann! Darf ich raufkommen?« Die Tür wurde entriegelt, und kurz darauf stand der fliederfarbene Weihnachts-Christian vor Jennys Wohnung im dritten Stock. Zu seiner Erleichterung war Jenny vollständig bekleidet, schien aber auch nicht gerade in der allerfeierlichsten Stimmung zu sein. Er küsste sie auf die Wangen und drückte ihr Weihnachtsstern und Keksdose in die Hand. »Frohe Weihnachten, Süße! Alles klar bei dir?«
»Hach, ich weiß auch nicht. Ich kann Tom nicht erreichen. Aber komm erst mal rein.« Sie führte ihn in ihr Wohnzimmer, in dem sogar ein kleiner geschmückter Weihnachtsbaum stand. Aus dem Radio säuselten Weihnachtslieder.
»So, jetzt noch mal von vorne. Du kannst also deinen Tom nicht erreichen?«
»Ja, ich habe den ganzen Vormittag versucht, ihn anzuskypen, aber er ist nicht online. Und an seinem Handy meldet sich nur die Mailbox. Das finde ich echt total seltsam, ich meine, der sitzt doch alleine in seiner Bude in Kapstadt, und ich war ganz sicher, dass er auch mit seiner Familie telefonieren wird oder so. Aber er ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich hoffe, dass ihm nichts passiert ist.« Sie klang wirklich besorgt.
»Wird schon nicht«, versuchte Christian sie zu beruhigen. »Hast du schon mit deiner Cousine gesprochen? Die wohnt doch neben ihm, da kann sie ja mal nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«
»Nein, Lisa feiert Weihnachten in Deutschland. Ihr Flieger landet heute Mittag. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.«
»Ich fürchte, da kannst du im Augenblick gar nichts machen, Süße. Aber ich bin mir ganz sicher, dass er sich noch meldet. Wahrscheinlich ist er einfach am Strand oder so. Würde ich ehrlich gesagt auch tun, wenn ich in Südafrika wäre. Wo feierst du denn heute?«
»Ich fahre nachher zu meinen Eltern raus. Wir feiern immer ganz groß mit der ganzen Familie – alle Großeltern, meine Schwestern, etliche Tanten, Onkel, Cousinen –, ich weiß gar nicht genau, wer alles kommt.«
»Aber das klingt doch richtig nett. Und wenn dir die Decke auf den Kopf fällt, kommst du einfach zu meiner Party! Du kannst auch gerne deine Cousins und Cousinen mitbringen. Dann tanzen wir die ganze Nacht. Das wird dich auf andere Gedanken bringen.«
»Ach, ich weiß nicht.« Jenny lief tatsächlich eine Träne übers Gesicht. »Ich habe einfach das Gefühl, dass er mit mir Schluss machen will. Er war schon die ganzen letzten Tage so komisch. Warum habe ich denn einfach kein Glück mit Männern?« Jetzt weinte sie richtig.
»Aber Schnecki, das darfst du nicht sagen!« Christian nahm sie in den Arm. »Du bist so ein bezauberndes, liebenswertes Geschöpf, und wenn dieser Trottel von Tom das nicht begreift, dann hat er dich auch nicht verdient! So, und jetzt putz dir die Nase und hör zu weinen auf. Heute ist das Fest der Liebe und der Freude und der Geschenke. Und du hast meine noch nicht mal angesehen!«
Jenny schnäuzte sich geräuschvoll, nahm die rosa Dose und öffnete sie. »Oh, die sind aber schön! Ich wusste gar nicht, dass du so ein toller Konditor bist.« Sie nahm einen der rosa-silbernen Sterne und biss hinein. »Köstlich! Danke schön.« Sie hauchte ihm ein Küsschen auf die Wange und stand auf. »Ich habe auch ein Geschenk für dich!«
»Das gibt’s ja nicht!«, rief er aus, als er das Päckchen ausgewickelt hatte. »Woher wusstest du das? ›Musical-Mega-Hits‹, diese CD wünsche ich mir schon lange!«
»Ich habe Marius gefragt. Er hat mir den Tipp gegeben. Ich gehe übrigens auch total gerne ins Musical. Am tollsten finde ich ›Tanz der Vampire‹!« Jetzt lächelte sie schon wieder.
»Und wahrscheinlich bist du heimlich in Graf Krolok verliebt«, er schüttelte mit gespielter Empörung den Kopf, »immer die
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