München Manhattan #1
bin. Vor Weihnachten gibt es ja unendlich viele Partys, auf die ich eingeladen werde.
Und die Feiertage verbringe ich aus Höflichkeit bei Bob und seiner Frau. Spaß macht es mir jetzt nicht, mit denen an Weihnachten rumzuhängen, aber die beiden meinen es gut mit mir und davon gibt es nicht viele Menschen. Und ich will sie nicht enttäuschen.
Aber ich schweife ab. Meine einzige Freundin Sophie. Eine Frau, die aus demselben Holz geschnitzt ist wie ich. Eine Frau, die bereit ist alles zu geben, um ihr Ziel zu erreichen. Egal was es ist. Wir haben uns kennengelernt und sofort gut verstanden, und das ich!
Natürlich hatte sie ihr persönliches Geheimnis, das haben wir ja alle. Und natürlich habe ich es herausgefunden. Da bin ich ja nun wirklich gut drin. Aber Sophie war mir so ans Herz gewachsen, dass ich ihr sogar meins verraten habe. Und jetzt muss sie mir helfen.
Charlotte greift zum Telefon.
„Ja, bitte?“ Sophies Stimme klingt müde.
„Sophie. Ich bin’s.“
„Charlotte? Ich weiß nicht …“ Aber da unterbricht Charlotte sie auch schon: „Hör mal. Ich wollte nicht lange stören. Es ist nur so – ich kann Peter nicht erreichen. Ich dreh bald durch! Hast du eine Ahnung wo er steckt? Hast du in letzter Zeit etwas von ihm gehört?“ Ihre Stimme klingt leicht hysterisch.
Sophie seufzt. „Jetzt hör mir mal zu, Charlotte. Egal was war und egal was los ist. Du musst Peter vergessen. Es ist vorbei. Kristin kommt zurück, hörst du? Sie sitzt gerade im Flieger nach New York! Tu dir selber einen Gefallen und lass dieses eine Mal die Sache fallen …“
„Sophie, auf wessen Seite stehst du eigentlich?“
Sophie antwortet nicht. Dieses Schweigen macht Charlotte rasend. Mit unterkühlter Stimme zischt sie ins Telefon.
„Wann ich eine Sache fallen lasse ist allein meine Entscheidung. Und das betrifft nicht nur meine Affäre mit Peter. Das, meine Liebe, betrifft auch uns.“
Und dann legt sie auf.
Man kann sich eben doch nur auf sich selbst verlassen …
Charlotte kramt aufgewühlt in ihrer Handtasche nach dem Post-it.
***
SPEKULATIONEN
MÜNCHEN. 2 MINUTEN SPÄTER
„Robert …“
Susanna unterbricht sich selber am Telefon. Sie schaut zu Anna hinüber. Ihre Tochter atmet ruhig. „Warte mal, Robert. Ich geh’ kurz den Flur runter in den Aufenthaltsraum. Ich möchte Anna nicht stören.“
„Geht es ihr gut? Was sagen die Ärzte? Wieso hast du mich nicht angerufen?“
Robert hat schon wieder diesen aggressiven Ton obwohl er sie doch gerade eben um Verzeihung gebeten hat. Was ist bloß mit ihm los?
„Jetzt warte mal, Robert!“ Susanna flüstert ins Telefon und huscht so schnell sie kann den Flur entlang. Jetzt bloß nicht schon wieder so eine Szene! Susanna hat das Gefühl, Schwester Ferdinanda hat ihr soeben einen erzieherischen Blick zugeworfen.
Nichts gegen ältere Krankenschwestern. Aber was verstehen die schon von den komplexen Wirren einer Beziehung in diesem Jahrtausend? Von dem Gentleman Robert, den sie vor sechs Jahren geheiratet hat, war nicht mehr viel Gentleman übrig.
Sicher, sie hat auch nicht mehr viel von der mädchenhaften Ausstrahlung übrig, in die sich Robert damals verguckt hatte. Aber in den letzten fünf Jahren hatte sie ihm schließlich auch zwei Kinder geboren. Und das war jetzt der Dank?
„Robert. Jetzt hör’ mir mal zu.“ Susanna zieht die Tür des Besucherzimmers hinter sich zu. Ein Glück ist sie alleine. „Ich pack’ das nicht mehr. Die ständigen Vorwürfe von dir. Und Anna ist auch noch nicht über den Berg. Ich bin total am Ende. Mir brummt der Kopf, ich habe so Angst um sie. Also bitte, tu mir den Gefallen und schrei mich nicht auch noch an.“ Ihre Stimme bricht. Schweigen am Ende der Leitung.
Robert holt tief Luft: „Susanna. Es tut mir leid. Es tut mir alles so leid. Du weißt wie ich bin. Manchmal brennt bei mir einfach etwas durch. Tom geht es gut. Mach’ dir keine Sorgen, ich hab das hier alles im Griff.“
Und dann nach einer ku rzen Pause: „Susanna? Bitte lass uns jetzt nicht den Kopf verlieren. Das Wichtigste ist doch jetzt unsere Tochter. Der Rest kann warten. Ich weiß auch nicht wie …“
„Wovon redest du eigentlich? Welcher Rest kann warten? Und was soll ich dir verzeihen? Dass du nicht da warst?“ Susanna geht im Besucherzimmer auf und ab. Eine Vorahnung macht sich in ihr breit. Sie merkt wie ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinunterläuft.
„Robert.“ Sie bemüht sich mit fester Stimme zu sprechen. „Jetzt
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