Muetter ohne Liebe
omnipräsent und erstreckt sich auf dessen Verhalten, auf seine Gedanken und Gefühle bis hin zu seinem Erscheinungsbild, seinem Image.
Die Klamotten sollten unterstreichen, hervorheben und vor allem mich von den anderen unterscheiden. Kleider sollten unseren Doktortitel ankündigen, unsere Individualität unterstreichen, unseren Stand und Rang in der Gesellschaft widerspiegeln. (Ebd., S. 78)
Meine Mutter ist Friseurin, also hat sie mir die Haare frisiert. Ich habe immer so ausgeschaut, wie es ihr gefallen hat. Es war schrecklich, mein Äußeres. Ich habe mich damit überhaupt nicht identifizieren können. (Ebd., S. 79)
4.1.3 Manipulation und Kontrolle
Die emotional ausbeutende Mutter versucht mit allen Mitteln, die Anpassung und Unterordnung ihres Kindes zu erreichen. Ihre Strategien, entsprechenden Druck auf das Kind auszuüben, sind zahlreich und äußerst wirksam. In vielen Fällen manipuliert sie ihr Kind bei jedem Versuch zur Eigenständigkeit, indem sie Schuldgefühle erzeugt, sinngemäß zum Beispiel: «Was habe ich nicht alles für dich getan», «Du wirst schon sehen, was du davon hast, wenn du dich nicht um mich kümmerst.»
Auch mit Krankheit und Leiden wird Druck ausgeübt. Eine Patientin und ein Patient berichten in diesem Zusammenhang von ähnlichen Erfahrungen:
Immer wenn ich in Urlaub fahren wollte, wurde meine Mutter krank.
Als ich das erste Mal ohne sie verreisen wollte, da war ich immerhin schon 23 Jahre alt, und auch später dann immer wieder, wurde sie krank oder bekam einen ihrer «Herzanfälle». Sie drohte auch mit Selbstmord. Mit 25, am Tag meines Auszugs, musste ich sie auch ins Krankenhaus bringen.
Ein anderes Mittel, um das Kind an die eigenen Vorstellungen anzupassen, ist die Manipulation durch Lob und Bewunderung. Manipulativ deswegen, weil Anerkennung und Lob der Mutter nur insoweit zu erhalten sind, als das Kind ihre Erwartungen erfüllt.
Ich habe versucht, ihnen immer alles recht zu machen, und dafür habe ich auch Lob bekommen. (Zit. n. Schützenhöfer 2004, S. 80).
Die Mutter erzeugt vielfach ein elitäres Bewusstsein des Kindes, um es zu besonderen Leistungen anzutreiben. Sie bedeutet ihm, dass es «hübscher», «gescheiter» oder «begabter» sei, nicht nur etwas «Besonderes», sondern etwas «Besseres». So lauteten die einleitenden Worte Mutter des weiter oben beschriebenen Falles nicht etwa: «Meiner Tochter geht es gar nicht gut, ich mache mir große Sorgen um sie», sondern: «Meine Tochter ist hochbegabt», hat aber «irgendwelche Probleme, die den Studienerfolg gefährden».
Im Fall des Nicht-Genügens des Kindes oder bei Handlungen, die Distanz erzeugen, werden auch verschiedene Formen der Bestrafung als Mittel der Macht eingesetzt, wie etwa Abwendung und kühle Distanz oder auch verbale Angriffe auf das Selbstbewusstsein des Kindes, Verachtung und Entwertung.
Ich habe von ihr immer das Gefühl bekommen, dass ich nichts bin und dank ihr etwas werde. Aber nur dank ihr. Ich habe das Gefühl vermittelt bekommen, dass ich grundsätzlich nicht gut bin, moralisch schlecht, wenn ich sie nicht hätte, die mich auf den geraden Weg führt. Und das Gefühl habe ich heute noch. (Zit. n. Schützenhöfer 2004, S. 85)
Auch Drohungen («Das treibe ich dir schon noch aus») und Beschimpfungen («Du bist ja krank») sind möglich.
Ich habe auch sehr oft den Vorwurf bekommen, ich bin unbequem und schwierig und recht ein Dickkopf und eine Spinnerin. Das hat sie mir so oft hineingesagt, teilweise verletzend, dass ich das selbst schon geglaubt habe […] In Wirklichkeit war das ja eigentlich nur ein Versuch von mir, auch einmal etwas anderes zu entwickeln, als diesem Bild zu entsprechen. (Ebd., S. 84)
In selteneren Fällen wird auch körperliche Gewalt ausgeübt, um sich durchzusetzen. Meist sind die Methoden der emotional missbrauchenden Mutter jedoch raffinierter und subtiler.
4.2 Ursachen und Hintergründe
Sie besass keine innere, eigene Ausrichtung, weil ihr Inneres kein Eigenes war und deshalb leer, unerträglich leer. Sie musste es auffüllen, zuerst und immer wieder mit der Lebendigkeit ihrer Kinder, die sie sich stets zur Verfügung hielt. Sie war also so recht eine kinderfressende Mutter, wie viele der von der Gesellschaft hochgelobten Frauen […] Es heißt dann: «Sie lebt durch und mit ihren Kindern. Sie sind ihr alles. Sie ist ein richtiger Muttertyp.» (Aus: Gerber 1993, S. 28f.)
Die emotional ausbeutende Mutter missbraucht ihre Kinder nicht bewusst in
Weitere Kostenlose Bücher