Mundtot nodrm
Wald, einen verdächtigen Kombi entdeckt habe.
»Genaue Position?«, kam die Rückfrage.
»In Blickrichtung Göppingen, bei den letzten Häusern links hoch. Immer dem Weg folgen bis zum Waldrand«, erklärte der Mann aus dem Hubschrauber.
»Okay«, bestätigte der Einsatzleiter, der diese Angaben sogleich wiederholte und sie damit an alle weitergab.
Vermutlich, so dachte Linkohr, hatten sich einige Kräfte des Spezialeinsatzkommandos bereits unauffällig in dem kleinen landwirtschaftlichen Flecken verteilt, in dem jede Zufahrt und jedes freie Plätzchen zugeparkt war. Einen Häuserkampf würde es hoffentlich nicht geben, durchzuckte es den Jungkriminalisten.
Häberle bremste am ersten Haus scharf ab, weil er Mühe hatte, zwischen den beidseits stehenden Autos durchzukommen. Während er durchrangierte, sahen sie weiter vorne einen Streifenwagen links in Richtung Göppingen fahren. Linkohr versuchte krampfhaft, dem Geschehen eine Logik abzugewinnen. »Ich versteh nicht ganz, was der Kombi soll und welche Probleme er dem Bleibach machen soll.«
Häberle konzentrierte sich auf die Weiterfahrt. Er hatte keine Lust auf detailreiche Erklärungen. »Ist Ihnen nicht selbst in diesem Bauernhof in Neu-Ulm eine Schachtel mit Flugmodellen aufgefallen?«, sagte er knapp.
Linkohr fiel es schlagartig ein: Im November war’s gewesen, als sie diesen Ollerich-Bruder besucht hatten. Und erst kürzlich hatten sie in der Wohnung von Miriam Treiber eine Drohne gefunden, diesen ferngesteuerten Video-Hubschrauber. Vermutete Häberle einen ferngesteuerten Angriff auf Bleibach?
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Alle verfügbaren Kräfte der Polizeiinspektion Neu-Ulm waren mit Sirene und Blaulicht an den genannten Ort gerast. Mittlerweile hatte die Einsatzleitung auch Unterstützung aus dem Baden-Württembergischen angefordert – aus Ulm. Außerdem war ein Polizeihubschrauber mit dem Spezialeinsatzkommando aus München im Anflug. Die Streifenwagen näherten sich aus unterschiedlichen Richtungen dem einsamen Gehöft. Ziel war es, von allen Seiten anzugreifen, um dann unerwartet aus der Luft zuschlagen zu können.
Im Inneren des Hauses war es still. Auch die Gänse hatten inzwischen wieder Ruhe gefunden. Noch immer aber lag in der Luft der strenge und beißende Geruch nach explodiertem Schießpulver. Der Mann, der zuerst über die zerschlissene Couch und dann über den davorstehenden Tisch gefallen war, regte sich nicht mehr. Er lag bäuchlings auf dem Boden, seine Beine waren abgewinkelt und aus dem Rückenteil der zerfetzten Jacke quoll Blut. Langsam sickerte es dunkelrot durch die Kleidung und verfärbte auch den Teppich unter der leblosen Person. Ein Sonnenstrahl, der durch einen schmalen Vorhangschlitz eindrang, war wie ein Scheinwerfer, der ein Stück schwarzes Metall in Szene zu setzen schien: Eine Pistole, die nur einen halben Meter von dem Toten entfernt lag.
In der Ferne war bereits der Hubschrauber zu hören.
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Bleibach hatte von seinen Helfern einen Zettel zugeschoben bekommen. »Weitermachen, alles im Griff, kein Problem«, las er, während die Menge gerade wieder applaudierte, obwohl sich immer mehr Menschen in Richtung Abgang aufmachten. Möglicherweise waren Hinweise auf den Polizeieinsatz am Fuße des Hohenstaufen per Handy oder SMS verbreitet worden. So etwas ging heutzutage innerhalb von Sekunden.
»Liebe Freunde «, fasste sich Bleibach, nachdem er die Meldung gelesen hatte, ohne deren Brisanz zu ahnen, »lasst euch nicht beirren von Botschaften derer, die nur Hass gegen uns predigen und danach trachten, uns auszuschalten, weil wir nicht in ihr machtpolitisches Kalkül passen. Es wird uns nichts geschehen. Das kann ich euch zu dieser Sekunde versichern – auch wenn euch Schreckliches angedroht wird .« Er hoffte, damit ein Signal gegen etwas gesetzt zu haben, dessen Ausmaße er gar nicht kannte. »Was glaubt ihr, liebe Freunde – und ich will da keinen Wahlkampf machen –, wie manche in diesem Bundesland morgen Abend schreckensbleich dastünden, wäre plötzlich eine jahrzehntelange Vorherrschaft gebrochen? Sie würden mit allen Mitteln versuchen, denen, die dies geschafft hatten, das Leben schwer zu machen. Und irgendetwas, liebe Freunde, muss doch faul sein, wenn seit Wochen jene, die von diesen Verhältnissen bisher profitiert haben, das Wehklagen anstimmen und sogar drohen, in die USA auszuwandern, falls sich an bestehenden Strukturen etwas ändert. Dafür muss es doch Gründe geben.« Wieder Beifall.
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Als
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