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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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nicht so wichtig. Wichtig ist, was ich dir von dem
tollen Gespräch erzählen wollte, das ich gestern Abend mit Harry hatte ...« Von
draußen waren das zänkische Knattern von Knallfröschen und das klirrende
Geräusch einer zerschellenden Glasscheibe zu hören. Ich setzte mich auf den
Boden. »Na ja, dann erzähl schon«, sagte ich zögernd.
    »Also,
gestern Abend haben wir das letzte Mal das Stück gespielt. Hinterher hatten wir
im Theater in der Stadt die Abschlussparty. Aber mir war gar nicht nach
Feiern, irgendwie war es traurig, das Ende unseres ersten Stücks, die erste
Sache, die wir zusammen auf die Beine gestellt haben. Egal, ich erzähl das also
Harry, und er sagt, komisch, genau das Gleiche hat er gerade auch gedacht, und
ob wir nicht einfach verschwinden sollten? Also haben wir uns verdrückt. Über
die Feuerleiter sind wir rauf aufs Dach. Es war wunderschön, Charles, der Blick
über die ganze Stadt, so friedlich, der Himmel voller Sterne, ich hab einfach
gewusst, dass was passieren würde ...«
    »Und das
war?«, warf ich behutsam ein.
    »Na ja,
das tolle Gespräch, das wir dann hatten.«
    »Oh«,
sagte ich.
    »Es war
einfach ...«, sagte sie träumerisch. »Es war so ... Hast du schon mal mit
jemandem gesprochen, und du hast dich so mit der Person verbunden gefühlt, dass
du auf einmal nicht genau gewusst hast, wer von euch beiden eigentlich
spricht, weil ihr redet und redet, und es kommen all deine Gedanken raus, die
du vorher noch nie in Worte fassen konntest? So war das mit Harry. Zum
Beispiel all diese Sachen über den Kirschgarten, als ich
damals die Rolle nicht bekommen habe ... über die Stanislawskij-Methode, dass
man Tschechow nicht spielen kann, dass man ihn leben muss. Tschechow habe ich
in Amaurot praktisch drei Jahre lang gelebt, nur dass ich das nicht erkannt
habe ... Ich wollte jemand ganz anders sein, dabei war ich schon genau das, was
die für das Stück brauchten ... Mein Gott, er ist so scharfsinning ... Es war,
als würde sich mein Herz laut zu
Wort melden und mir genau sagen, was es denkt, und das ist alles so verrückt,
weil wir uns ja jetzt schon Jahre kennen, und plötzlich finden wir raus, dass
wir uns so ähnlich sind ... bei so kleinen Sachen wie, dass wir beide Doris Day
mögen und Mozart und Hart Crane ... und dann der singende Wind in den Hochspannungsleitungen
...« Sie hielt inne und sagte dann noch einmal, als könne sie das alles selbst
nicht glauben: »Mein Gott.«
    »Andererseits
... dein Herz war ja auch vorher schon nicht gerade stumm«, fühlte ich mich
bemüßigt anzumerken.
    »Ja,
sicher, aber du weißt doch, wie es war nach dem College«, sagte sie.
»Eingebunkert in dem Haus hier draußen, hab ich doch gar nicht mehr gemerkt, ob
ich noch lebe - wie in einem kleinen, abgetrennten Bereich direkt neben dem Leben
oder irgendwie am Leben entlang, aber eben
nicht drin. Und jetzt, auf einmal, in einem einzigen Augenblick, steht alles
offen. Ich meine, es ist alles so aufregend, findest du nicht auch?«
    »Was ist
mit Frank?«
    »Was?« Sie
stürzte aus ihrem schwärmerischen Redeschwall. »Was meinst du, was ist mit
Frank?«
    Ich
zögerte. Ich wusste nicht, was ich damit meinte. Es war mir einfach so
herausgerutscht.
    »Seit wann
interessiert dich, was mit Frank ist?«, sagte sie.
    Plötzlich
war ich ziemlich durcheinander. »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Kommt mir ein
bisschen salopp vor, so wie du ihn behandelst, das ist alles.«
    Sie
stöhnte. »Charles, du fängst jetzt nicht wieder damit an,
verstanden?«
    »Ich fang
überhaupt nichts an«, sagte ich. »Aber vor ein paar Wochen wolltest du noch
unbedingt bei ihm einziehen. Und außerdem ... du magst Doris Day überhaupt
nicht.«
    »Was?«
    »Doris
Day, du kannst sie nicht ausstehen. So weit ich mich zurückerinnern kann, hast
du jedes Mal, wenn >Que Sera Sera< im Radio lief, so pubertäre
Kotzgeräusche gemacht. Und letztes Jahr, als ich mir Bettgeflüster angeschaut habe, da hast du gesagt, sie sieht aus wie ein arisches
Sexpüppchen...«
    »Und, was
soll's? Spielt das irgendeine Rolle?«
    »Und was
ist mit Mozart? Ich kann mich noch genau erinnern, wie du mir gesagt hast, dass
man Leute, die Mozart mögen, zu lebenslänglich Fahrstuhlfahren verurteilen
sollte. Und das mit den Hochspannungsleitungen, eigentlich alles Sachen, die du
angeblich gemein hast mit...«
    »Die
Menschen ändern sich, oder nicht?«, sagte sie. »Warum bist du bloß so? Kannst
du dich nicht einmal mit mir freuen, anstatt an allem

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