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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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weinen, und die schwarz gekleidete Frau bringt
eine Zitronenbaisertarte auf einem Tablett herein. »Und, wer treibt heutzutage
in Seabrook so sein Unwesen?«, erkundigt sich Loris Dad. »Ist Bugsy O'Flynn
noch da? Was ist mit Big Fat Johnson? Und Pater Green, schleppt er die Jungs
immer noch in die Armensiedlung? Ha, ha, ich weiß noch, wie ich mal mit den
Kisten an so einem Puff vorbei musste und Mordsschiss hatte. Hab mir aber
nichts anmerken lassen. Der alte Pere Vert.«
    »Du und diese Schule«, lacht Loris Mutter und fragt
dann, als die Frau erneut hereinkommt, um abzuräumen: »Was meinst du, darf
unsere Tochter Daniel noch ein Stündchen für sich haben, bevor sie mit den
Hausaufgaben anfängt?« Loris Dad grinst und sagt: »Denke schon - okay, ab mit
euch, ihr zwei.«
    Lori und Skippy gehen zurück ins Wohnzimmer. Diesmal kuschelt
sich Lori auf der Couch dicht an ihn, die Beine seitlich angezogen. »Meine
Eltern sind hin und weg von dir.« Sie lächelt. Ihre Zehen stupsen verspielt
gegen seine Hüfte.
    »Sie sind echt nett«, sagt er.
    Im Fernsehen läuft ein alter Film, über den Typen aus
einer amerikanischen Highschool, der herausfindet, dass er ein Werwolf ist.
Skippy hat ihn schon mal gesehen, aber das ist egal: Lori hält seine Hand, ihr
kleiner Finger streicht abwesend über seinen kleinen Finger, und das ganze
Universum fließt in diesen beiden kleinen Fingern zusammen. Ihr Handy, das auf
dem Tisch liegt, fängt an zu klingeln, aber sie stellt es auf lautlos, dreht
sich wieder zu ihm hin und lächelt ihn an. Er kämpft lange mit sich, ob er ihr
den Arm um die Schultern legen soll, und ist gerade zu dem Entschluss, ja, er
soll, gekommen und mit dem Ellbogen schon auf der Oberkante der Couch, als es
an der Haustür klingelt. Beide fahren zusammen. Lori springt auf und lugt
durch den Vorhang, dann - mit einem kleinen Schreckenslaut? - läuft sie zur
Tür und ruft »Ich geh schon!« durch den Flur.
    Solange sie weg ist, versucht sich Skippy auf den Typen
in dem Film zu konzentrieren, der gerade entdeckt, dass er als Werwolf im Basketball
ein echtes Ass ist. Aber auch wenn er die einzelnen Worte nicht versteht, hört
er doch Loris Stimme - gedämpft und dringlich zugleich - durch den Flur sowie
die desjenigen, der da vor dem Tor steht und sich durch die knisternde
Sprechanlage scheußlich abgehackt und wütend anhört ...
    Dann ist Lori wieder da. »War bloß wer, der sich
verfahren hat«, sagt sie und wischt sich die Hände an den Jeans ab.
    »Ah«, sagt Skippy.
    Sie setzt sich wieder neben ihn, doch diesmal bleiben
ihre Füße auf dem Boden, und sie starrt vorgebeugt mit zusammengekniffenem
Mund auf den Bildschirm. Seine Hand ruht traurig und ungeliebt auf seinem Knie.
Nein, ihm wird nicht flau im Magen, kein Gedanke. »Willst du nicht mal eine
von den Pralinen probieren?«, fragt er.
    »Eigentlich mache ich gerade eine Diät«, sagt sie.
    »Ach so.«
    »Sag's nicht meinen Eltern, ich hab ihnen nichts davon
erzählt.«
    »Okay«, sagt er und fügt galant an: »Wobei ich finde,
dass du wirklich keine Diät nötig hättest.«
    Sie hört nicht hin, starrt nur weiter in die Glotze, wo
der Werwolfjunge gerade ein tiefgründiges Gespräch mit dem Mädchen führt, in
das er verliebt ist.
    »Du, was du vorhin gesagt hast, von wegen, ich soll bei
der Schwimmmannschaft aufhören?«, sagt Skippy.
    »Was ist damit?«
    »Meinst du wirklich, ich sollte? Einfach aufhören?«
    Sie drückt den Rücken durch und ruckt mit den
Schultern, erst mit der einen, dann mit der anderen, als kralle sich die Katze
dort fest. »Ich weiß nicht«, sagt sie. »Ich meine, es klingt bloß so langweilig.«
Sie wendet sich wieder dem Fernsehen zu. »Ist das nicht der Typ, der in dieser
Show war und dann diese eklige Krankheit gekriegt hat?«
    Skippy weiß nicht, warum, aber auf einmal ist alles
anders. Schweigend sehen sie den Film bis zu Ende. Dann geht die Tür auf, und
Loris Mum steht da. »Zeit für die Hausaufgaben, Fräuleinchen.«
    Loris Miene ist ein einziges enttäuschtes »Ooooch«.
    »Morgen ist Schule«, sagt ihre Mum. »Daniel muss doch
sicher auch noch Hausaufgaben machen.«
    »Kann ich Daniel nur noch ganz schnell was in meinem
Zimmer zeigen?«
    Ihre Mum lächelt. »Na gut. Aber schnell.«
    Lori schenkt Skippy ein kurzes Lächeln. »Okay?«, fragt
sie. Einen Moment lang glotzt Skippy sie nur verständnislos an, als wäre sie
ein neuer Buchstabe im Alphabet. Dann reißt er sich am Riemen, murmelt
irgendwas und dackelt

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