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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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sich entfernenden Gummistiefel. Als die Luft rein war, sagte Rachel: »Als Deborah nach St. Ambrose kam, hatte sie zuerst Angst, wir könnten ein wenig zu ›vulgär‹ für die Kinder sein und zu oft ›Schimpfwörter benutzen‹, aber sie war bereit, das Risiko einzugehen …«
    »Ich bin trotzdem froh, dass sie es getan hat«, sagte Tom und zeigte Rachel den Scheck. »Gucken Sie sich das mal an.«
    Rachel stieß einen leisen Pfiff aus. »Vielleicht kriegen Sie Ihre Bibliothek ja doch noch.«
    »Unsere Bibliothek, meinen Sie wohl.« Tom erhob sich und zog Rachel an der Hand. »Eine Bibliothek für alle. Genau. Und Sie können endlich Ihre Zeitleiste malen!«
    Schluck. Die verdammte Leiste. »Ach ja, wie schön.« Hatte ich ja völlig vergessen.
    »Die wird sicher ganz toll. Haben Sie schon angefangen?« Er zog die Jacke aus und legte sie ihr um die Schultern. »Die werden Sie brauchen.«
    Gemeinsam wateten sie hinaus. »Ich stehe noch ganz am Anfang, wissen Sie. Muss erst ein paar Ideen sammeln.« Nicht einen Handschlag hatte sie getan. Mist. Sie schlüpfte halb in die Sandalen, dann liefen sie in Richtung Straße. »Aber jetzt, wo wir wissen, dass es was wird …« Es regnete nicht mehr, aber die Luft war kühl. »… kann ich ja richtig durchstarten.«
    Rachel stieg ins Auto und gab Tom die Jacke zurück. »Also, ähm, danke …«
    »Keine Ursache.« Tom hielt sich an der Tür fest und beugte sich lächelnd zu ihr hinab. »Ich danke dir. Für einen wirklich unvergesslichen Abend.«
    Beide lachten. Sie schloss die Tür. Er winkte. Da hast du’s, Mutter!, dachte sie auf dem Heimweg. Ich habe einen neuen Freund!

Montagmorgen
8.50 Uhr: Vor Schulbeginn
    Auf dem Weg den Hügel hinauf hörte Rachel Heather zwar plappern, aber bei ihr kam nichts an. Ihre Welt war etwas aus den Fugen geraten, und sie fühlte sich ein wenig flau. Als sie zum Schulhof kamen, standen die üblichen Verdächtigen schon wieder unter dem Baum und erfüllten die Luft mit geschäftigem Summen.
    »Hi!«, grüßte – wer? Jasmine? Sharon? Eine von beiden. »Wir sind das gerade noch mal durchgegangen. Mit dem Läusekamm sozusagen. War das nicht die Vollkatastrophe?«
    »Hm? Was? Was war die Vollkatastrophe?« Einen Moment lang stand Rachel auf dem Schlauch. »Ach so. Der Ball! Findest du?« Mit einer flüchtigen Handbewegung wies sie Poppy in Richtung Eingang. »Also, ich fand ihn ziemlich … gelungen.«
    »Wie schön, dass wenigstens eine was von dem Abend hatte«, versetzte Georgina bedeutungsvoll und verengte die Augen. »Woran das wohl liegt? Magst du’s uns verraten?«
    »Mein Richard hat ja gemeint, er hätte sich glatt darauf gefreut, wenn er vorher gewusst hätte, dass es Fish and Chips gibt und um halb elf Schluss ist«, erzählte Jasmine.
    »Pssst. Lasst euch nichts anmerken, da kommt sie.«
    Sie sahen zu, wie der Range Rover von Deborah im Schneckentempo auf den Parkplatz kroch. Sie ließ die Kinder aussteigen, die schnurstracks auf die Schule zuliefen, und schlurfte hinterdrein. Ihr Haar war weder gewaschen noch gekämmt, sie trug eine Jogginghose und eine ausgeleierte rostbraune Strickjacke. »Hey!«, flüsterte Heather. »Schaut mal. Hausschuhe!« Deborah trug eine Sonnenbrille, und ihr Gesicht war ungeschminkt und bleich.
    »Die Ärmste«, sagte eine.
    »Sie ist wie …«, setzte eine andere an.
    »Sie sieht aus wie …«, lautete Heathers Versuch einer Beschreibung.
    Nur Georgina traf den Nagel auf den Kopf.
    »Sie sieht aus wie eine von uns«, diagnostizierte sie souverän.
    Als ihr Handy klingelte, schob sie Hamish zu Heather rüber und kramte in der Tasche herum, bis sie es gefunden hatte.
    »Ja?… Was?«
    Ein unheilvoller Unterton lag in Georginas Stimme. Alle wandten sich von Deborah ab und starrten sie an.
    »Bin gleich bei dir, okay? Schon unterwegs.«
    Sie ließ das Handy sinken und starrte mit geweiteten Augen in die Runde. Der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Das war Joanna. Steve ist was passiert.«
    Ihre Stimme brach. Sie versuchte, einen sinnvollen Satz herauszubekommen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Nur ein Wort brachte sie hervor.
    »Selbstmord.«
9 Uhr: Versammlung
    Die Schulglocke hatte schon lange geläutet, doch niemand rührte sich vom Fleck. Nach dem Schock über die furchtbare Nachricht hatte tiefe kollektive Trauer die Gruppe erfasst. Rachel stand wie vom Donner gerührt ein wenig abseits. Sie war sprachlos. Schon wieder hat es einen erwischt. Noch eine völlig normale Familie aus St.

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