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Mutter macht Geschichten

Titel: Mutter macht Geschichten
Autoren: Troy Una
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hast.« James lächelte nachsichtig. »Sie war gestern äußerst vergnügt, als ich ihr den Maulkorb für ›diesen Hund‹ brachte, und ganz erstaunt, daß ich für den Wagen ein, wenn auch sehr niedriges, Angebot habe. Verstehst du, sie ist einfach froh, daß sie sich jetzt keine Sorgen mehr zu machen braucht und wir ihr die ganze Verantwortung abgenommen haben.«
    Pamela schwieg dazu. Nachdem James ins Büro gefahren war, nahm sie die Zwillinge und fuhr mit dem Bus zu ihrer Schwiegermutter raus. Der hellgelbe Wagen stand noch vor dem Haus. Er war sorgfältig gewaschen und poliert. Pamela blickte traurig auf den armen herausgeputzten alten Krieger. Die Zwillinge, wie immer begeistert, wenn sie ihre Lieblings-Großmutter und den Hund besuchen durften, schlugen mit den Fäusten an die Eingangstür wie betrunkene Landstreicher. Sie wurden von Elsie und einem maulkorblosen Cucullan begrüßt, beide lächelten fröhlich. Pamela blickte erleichtert auf Cucullan.
    »Ja«, sagte Elsie, die sehr vergnügt aussah, aber mit einer seltsam tonlosen Stimme sprach, so, als ob sie etwas Auswendiggelerntes herunterleierte. »James meint, er braucht seinen Maulkorb nicht vor Montag zu tragen. Alles soll am Montag passieren.«
    Pamela sagte – es rutschte ihr einfach heraus, ohne daß sie es wollte – »Ach Gott, du Arme!«
    »I wo, aber vielleicht ist es besser, wenn ich mich möglichst oft daran erinnere.« Elsies Antwort klang heiter, aber irgendwie seltsam. Sie beugte sich zu den Zwillingen hinunter und gab ihnen die Hand. Elsie gehörte nicht zu den Frauen, die Kinder abküssen, sie behandelte sie mit derselben Höflichkeit wie Erwachsene. Doch die Zwillinge erdrückten sie fast, und sie mußte erst mal nach Luft schnappen, bevor sie beteuern konnte: »Es ist wirklich nett, euch zu sehen.«
    Im Wohnzimmer beherrschten erst mal Ben und Susie das Feld, doch kaum waren sie müde, wurden sie von Cucullan abgelöst, der sich in die Mitte des Zimmers setzte und gnädigst gestattete, daß man ihn bewunderte.
    »Gott sei Dank, jetzt ist mal für einige Zeit Ruhe«, stöhnte Pamela. »Ich bin gekommen, um dich fürs Wochenende abzuholen, Schwiegerma; ob ihr beide, Cucullan und du, es wohl bei uns aushalten könnt?«
    »Ich schon«, Elsie beobachtete Cucullan, der mit schicksalergebener Leidensmiene sein rechtes Auge aus dem Bereich der bohrenden Kinderfinger zu retten versuchte. Cucullan machte keinen Hehl aus seiner Verachtung für Menschenkinder, ertrug aber großmütig und mit überhündischer Geduld diese ermüdenden kleinen Kreaturen, die seine Herrin seltsamerweise und aus nur ihr bekannten Gründen so gern mochte. »Manchmal glaube ich fast, daß Cucullan im Grunde seines Herzens direkt auf Kinder wartet, weil er dann mit seinem guten Charakter angeben kann«, meinte Elsie und fuhr fort: »Nein, Pamela, so gerne ich sonst zu euch komme, aber dieses Wochenende vielleicht doch besser nicht.«
    »Liebe Ma, ich dachte gerade dieses Wochenende! Ich hab' mir lauter lustige Sachen für dich ausgedacht, als Gegengift für den miesen Wochenanfang.«
    »Nichts freut mich mehr als unsere sogenannten kleinen Orgien«, lächelte Elsie, »aber irgendwie nicht dieses Wochenende. Jills Abwesenheit gibt mir die Möglichkeit – nun, sagen wir, Zwiesprache mit mir selbst zu halten.«
    »Ich wußte doch, daß ich ein besserer Psychologe bin als James! Ma, du wirst nur ins Grübeln kommen, und ich bin fest entschlossen, das nicht zuzulassen, und wenn ich dich an den Haaren von hier fortschleppen muß.«
    »O nein, ich kann dir in die Hand versprechen, daß ich keineswegs die Absicht habe, hier wie ein Trauerkloß herumzusitzen«, sagte Elsie bestimmt. »Ich will einfach mal in Ruhe nachdenken. Es tut mir leid, wenn es unfreundlich klingt, und wahrscheinlich ist es für dich schwer zu verstehen und von mir sehr egoistisch gedacht, aber ich möchte dieses Wochenende ganz für mich alleine haben. Wenn du willst, nenn es eine Art von ungeistiger Klausur.« Der Satz schien ihr besonders gut zu gefallen. »Ja, ich glaube, so könnte man es nennen – in gewisser Weise.«
    Pamela konnte trotz aller Aufmerksamkeit keinen Hauch von Rebellion im Verhalten ihrer Schwiegermutter spüren – im Gegenteil, sie schien die Entscheidung, die man über ihren Kopf hinweg für sie getroffen hatte, fast mit der Ergebenheit einer Heiligen hinzunehmen. Oder spielte sie Komödie? Aber bevor Pamela sich eingestehen mußte, daß sie als Psychologin vollkommen versagt
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