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Mutter macht Geschichten

Titel: Mutter macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troy Una
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gemieteten Mercedes angebraust kam. Daß sie es nicht war, lag wahrscheinlich an der zu schnellen Umstellung. Auf einmal mußte sie wieder die Jill sein, die George liebte, und nicht mehr die Jill, die … na, egal, auf jeden Fall war die Umstellung ein bißchen zu abrupt. Unglücklicherweise erwischte er sie auch noch in ihren teerbeschmutzten Jeans und einem Sporthemd, mit von Meer und Sonne völlig zerzausten Haaren. Aber nach dem ersten Schrecken – das heißt nach der ersten Überraschung – war sie natürlich furchtbar froh, ihn wiederzusehen, die mangelnde Wärme ihrer Begrüßung schien er Gott sei Dank gar nicht bemerkt zu haben.
    »Liebling, du bist hübscher denn je. Eine Dryade, nein, eine Meeresnymphe!«
    Jill lachte.
    »Mehr ein Schiffsjunge, würde ich sagen.«
    »Nein, den Vergleich mit einem Jungen lehne ich ab«, widersprach George liebevoll, nahm ihre Hände und hielt sie auf Armeslänge von sich. »Vielleicht etwas verwildert, um dich der primitiven Umgebung anzupassen.«
    »Aber Dooneen ist ein hübscher Ort, nicht wahr, George?«
    Er blickte von den Hotelstufen kurz um sich. »O ja, ganz hübsch!«
    Dann stellte sie ihm James und Pamela und Dina vor, die er bislang noch nicht getroffen hatte. Das verlief ausgezeichnet. George war so reizend, wie nur er sein konnte, und jedes Mädchen wäre mit Recht stolz darauf gewesen, so ein Prachtstück als Verlobten präsentieren zu können. Später nahm sie ihn mit in die Bar zu Mammi. Jill dachte: Der arme George, noch vor einem Moment hätte er es sicher für unmöglich gehalten, daß er je in die Situation kommen würde, einem Barmädchen über die Theke freundschaftlich die Hand zu schütteln. Aber er tat es sehr charmant. Das einzige, was er anscheinend doch nicht über sich brachte, war, stehenzubleiben und sich mit ihr zu unterhalten oder gar was zu trinken -aber das hatte Jill auch kaum erwartet. Schließlich war selbst ihr Mammis Job anfangs wahnsinnig gegen den Strich gegangen (und James war immer noch ganz außer sich), und so konnte man wirklich nicht erstaunt sein, wenn George dachte (ohne es natürlich zu sagen), daß eine Kneipe nicht der passende Ort sei, um sich mit seiner zukünftigen Schwiegermutter auf vertrauteren Fuß zu stellen.
    »Mammi platzt vor Stolz«, erklärte Jill, »weil sie uns bewiesen hat, daß sie auf eigenen Füßen stehen kann. James hat sie angefleht, doch um Gottes willen in eitel Lust und Pracht zu leben, bis wir alle zusammen abreisen, aber nein, sie wollte nicht.«
    »Jeder nach seiner Façon«, meinte George leichthin, »aber du bist ja deiner Pflichten jetzt zum Glück ledig; es genügt vollauf, wenn deine Schwester und dein Bruder sich von nun an um deine Mutter kümmern. Ich werde dir was sagen, Liebling, auf meinem Rückflug werde ich dich hier abholen, und die letzte Woche deines Urlaubs können wir dann beide in Sussex bei meinen Eltern verbringen. Wie gefällt dir der Vorschlag?«
    Was konnte man anders sagen, als daß es schrecklich nett sein würde? Und es würde auch nett sein.
    Noch am selben Tag trafen sie zufällig Fergus. George sah besonders vornehm und elegant aus, Fergus dagegen auffallend jung und ungepflegt, und natürlich benahm er sich wie immer völlig ungeniert. Man brauchte nicht viel Menschenkenntnis, um zu sehen, daß die beiden schlecht zueinander paßten, und so versuchte Jill vernünftigerweise, ein Treffen zu vermeiden, doch der unmögliche Junge stellte sich ihnen buchstäblich in den Weg und – Schrecken über Schrecken – spielte sofort den Starreporter, der einen Touristen interviewt. Sie wünschte ihn innerlich zum Teufel, wagte aber nicht mal, den Mund aufzumachen, weil sie sich mit aller Macht das Lachen verkneifen mußte. »Noch nie in Irland gewesen, Mr. Dundon? Wie interessant!« Der idiotische Knabe zückte sein Notizbuch. »Ich bin vom ›Dooneener Wochenblatt‹! Könnten Sie mir bitte Ihre ersten Eindrücke mitteilen? Man hat heutzutage nur selten Gelegenheit, erste Eindrücke zu hören, wo doch jeder unentwegt von Land zu Land jettet, verstehen Sie?«
    George kannte die Hauptstädte vieler Länder. Er blickte Fergus prüfend an. Vielleicht überlegt er, ob die Kreatur vor ihm ein Mensch ist, dachte Jill und versuchte, ernst zu bleiben. Doch dann zuckte es um seine Mundwinkel und – ganz der gewandte Mann von Welt, der sich von einem jugendlichen Dorfnarren amüsieren läßt, antwortete er leutselig: »Ja, junger Mann, ob Sie es nun glauben oder nicht, aber

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