Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
Vom Netzwerk:
auslösen.«
    An Muddis Gesichtsausdruck sehe ich, dass es in ihr arbeitet.
    »Und was ist mit einem großen Vogel?«, will sie wissen. »Wenn der nun zufällig auf dem Stopp-Knopf landet?«
    Herr Dahlke lächelt immer noch. Ist das ein Seufzer, den ich da vernommen habe, oder habe ich mich geirrt?
    »Wenn der Vogel den Alarm auslösen kann, dann kann er auch den PIN eingeben«, sagt Herr Dahlke und zwinkert mir zu.
    Bei der Vorstellung, wie eine Krähe die Klappe öffnet und mit dem Schnabel eine Nummer in die Tastatur hackt, nur um die Rasenmähersirene erklingen zu lassen, muss ich lachen. Und ich stelle fest, dass ich Herrn Dahlke und seine Art, mit Muddi umzugehen, mag. Sehr sogar. Denn eben hat er deutlich bewiesen: Wer ständig dumme Fragen stellt, bekommt irgendwann auch dumme Antworten. Vielleicht kann ich mir von dem noch einiges abgucken.



36
»Laura, weißt du noch, als du so niedlich in den Teich gefallen bist?«
    N iemand erinnert sich gern an peinliche Situationen. Sie kennen das sicher auch. Allein die Vorstellung an eine bestimmte Begebenheit treibt Ihnen noch jetzt die Schamesröte ins Gesicht. Sie entschließen sich dazu, niemals jemandem davon zu erzählen und das Ganze ad acta zu legen.
    Wenn Sie nun, so wie ich, ständig mit einem Elternteil zu tun haben – vergessen Sie’s. Besonders Mütter neigen dazu, Geschichten über ihre Kinder immer wieder aufzubrühen, obwohl sie genau wissen, wie unangenehm denen das ist.
    Meiner Meinung nach gibt es nur eine Möglichkeit, der Schmach zu entgehen: Sie müssen lernen, die Zeichen dafür zu erkennen, dass Ihre Muddi auf dem besten Wege ist, vor versammelter Mannschaft Geschichten aus Ihrer Kindheit zum Besten zu geben.
    Oft gelingt mir das nur leider nicht, weil ich abgelenkt bin oder schlicht den Moment verpasse. So wie neulich.
    Muddi und ich sitzen beim Imbiss im Stader Einkaufszentrum. An unserem Tisch haben unsere neuen Nachbarn und eine ehemalige Arbeitskollegin meiner Mutter Platz genommen, die wir dort zufällig getroffen haben.
    »… und dann sind unsere Nachbarskinder gestern Abend um zweiundzwanzig Uhr in den Pool gesprungen«, erzähle ich gerade eine relativ belanglose Geschichte zu Ende. »Wir hatten ja auch noch sechsundzwanzig Grad.«
    Wenn ich Muddis Gesicht genau betrachtet hätte, wäre es mir vielleicht in den Sinn gekommen, das Gespräch rasch auf ein anderes Thema zu lenken.
    Meine Mutter bekommt nämlich immer einen ganz verklärten Gesichtsausdruck und ihre Augen blitzen, wenn ihr gerade eine Anekdote aus meiner Kindheit eingefallen ist. Zum einen freut sie sich darüber, dass ihr dieses Geschehnis ausgerechnet jetzt ins Gedächtnis kommt, zum anderen hat sie die Hoffnung, dass gleich alle an ihren Lippen hängen werden und jeder auf die Pointe gespannt ist, die allein sie präsentieren kann und wird.
    Den Zeitpunkt, an dem ich hätte gegensteuern können, habe ich also verpasst, weil ich Muddi nicht genau genug beobachtet habe.
    Meine Mutter lehnt sich nun gemütlich in ihrem Stuhl zurück.
    »Lauraaa?«, fragt sie. »Weißt du noch …?«
    Spätestens jetzt hätte ich mein Getränk verschütten müssen. Oder aufschreien und so tun sollen, als ob ich mir die Zunge an der Currywurst verbrannt hätte.
    Aber ich bekomme just in dieser Sekunde eine SMS von Laszlo. Naaa? Was treibt ihr so? schreibt mein Mann. Und das gibt Muddi die Gelegenheit, ihre Erzählung einzuleiten.
    »Lauraaa? Weißt du noch, als du damals in den Gartenteich gefallen bist und Jürgen versucht hat, dich da wieder herauszufischen?«
    Eh, wie?
    Pling. Eine neue SMS von Laszlo: Wieso antwortest du nicht?
    Am liebsten würde ich schreiben: Meine Mutter bringt mich gerade mal wieder in eine unangenehme Situation, Hase. Aber ich muss die Geschichtenerzählerin im Auge behalten.
    »Muddi, da war ich drei Jahre alt«, sage ich. »Ich kann mich also gar nicht erinnern!«
    Dann schreibe ich an Laszlo: Wir sitzen beim Bäcker, und Muddi entgleitet gerade meiner Einflussnahme.
    Meine Mutter glaubt offenbar, dass sie gerade das »Go!« von mir erhalten hat, und plaudert munter drauflos.
    »Ihr müsst euch das mal vorstellen«, sagt sie mit leuchtenden Augen. »Laura ist ständig auf- und wieder untergetaucht …!«
    Pling. Neue SMS . Der Gatte fragt beunruhigt nach: Wieso? Was ist denn los? Habt ihr Streit?
    »Muddi, nun hör doch auf, davon zu erzählen!«, versuche ich, ihren Redefluss zu stoppen.
    »Aber wieso denn, Laura? Das ist doch so eine niedliche

Weitere Kostenlose Bücher