My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
interessierte mich nicht, was mich allerdings wurmte, war, dass sie mir ständig das Gefühl gab, ich sei eines dieser Monster, wie man sie sonst in den US-Serien im Fernsehen zu Gesicht bekam. Selbst auf meine Frage wich sie einen Schritt zur Seite. Sie sah mich auch nicht direkt an, sondern nur über den Spiegel, als sei ich dann weniger real. Ganz sicher war nicht ich diejenige von uns beiden, die völlig Panne war.
»Du bist â¦Â«, setzte sie ziemlich leise an. »Ich kenne dich gar nicht.«
»Eben«, sagte ich und lieà sie stehen, da mir schon klar war, dass ich von ihr keine ehrliche Antwort erwarten konnte, weil sie viel zu viel Angst vor mir hatte.
Als ich in die Klasse kam, waren die meisten Plätze schon besetzt. Die Fechtner stand bereits hinter dem Pult, vor ihr ein dampfender Becher mit Kaffee, vermutlich der dritte, seit sie vorhin aus dem Zimmer war. Lehrer, hatte ich beobachtet, konnten das Zeug auch brühend heià trinken, ohne dass etwas geschah. Vermutlich hatten die alle schon im Studium ordentlich Hornhaut am Gaumen und in der Speiseröhre antrainiert. Das fiel bestimmt unter Berufsvorbereitung.
Finn stand vorne und wischte die Tafel. Mein Blick fiel auf seinen Stuhl. Er stand noch immer so da, wie ich ihn zurückgelassen hatte. Ich hatte nichts verpasst. Fast schon schade, denn eigentlich wollte ich nicht Zeuge werden, wie der Mann meiner Träume vor allen zur Lachnummer mutierte.
Immerhin war Lukas schon da. Wenn er verpasst hätte, wie ich seine Forderungen erfülle, würde er am Ende noch behaupten, dass ich überhaupt nichts getan hätte. Dann wäre alles umsonst: meine flatternden Nerven, das schlechte Gewissen - für nichts! Ich setzte mich an meinen Platz und versuchte, auszusehen wie immer, was ziemlich schwierig war, da mir plötzlich nicht mehr einfallen wollte, wie ich aussah und mich benahm, wenn ich gerade nicht dabei war, jemanden vor allen zu blamieren. Als Pannen-Anne kam, schob sie sich hinter meinem Stuhl vorbei, setzte sich und richtete ihre Aufmerksamkeit sofort auf die Spitze des Fernsehturms, die hinter dem Schulgelände zu sehen war. Ich dachte schon daran, meine Frage zu wiederholen, allein schon, um sie damit ein wenig zu piesacken, doch ich musste zugeben, dass es mir dicke genügte, einen in der Klasse zu piesacken - in diesem Fall Finn.
Endlich legte er den Schwamm weg und ging zu seinem Tisch. Ich hielt die Luft an. Der Stuhl stand leicht schräg, sodass er ihn gar nicht anpackte, sondern sich einfach hineinfallen lieÃ. Wasser spritzte unter seinem Hintern auf und im nächsten Moment stand er schon wieder auf den Beinen.
»Was zum â¦?!« Er tastete nach seinem Hintern, auf dem sich ein groÃer, dunkler Fleck abzeichnete. Um uns herum begannen die Ersten zu kichern.
»Guck!«, rief Kevin. »Der Hausmann hat sich in die Hosen gepinkelt!«
Noch mehr Gekicher. Es wirkte! Die ganze Klasse war am Lachen und Kichern. Nur ich schnitt eine Grimasse, nicht, um meine Tarnung aufrechtzuhalten und Finn zu zeigen, wie wenig lustig ich die Aktion fand, sondern einfach, weil mir kein Stück nach Lachen zumute war. Immerhin hatte Lukas seinen Willen. In ein paar Tagen wäre das Nasse-Hosen-Intermezzo
vergessen und spätestens nach der Schule musste Lukas mir den iPod zurückgeben.
Meine Probleme gehörten der Vergangenheit an.
Zumindest bis sich Finn entschied, etwas zu sagen.
Mich hätte schon stutzig machen sollen, dass er nicht einmal rot anlief oder zu flüchten versuchte. Stattdessen drehte er sich zu Kevin herum. »Sorry, aber wenn ich dich sehe, muss ich immer so lachen, da konnte ich es einfach nicht mehr halten.«
Das Gelächter wurde lauter, doch diesmal nicht mehr auf Finns, sondern auf Kevins Kosten.
Finn kippte seinen Stuhl und lieà das restliche Wasser auf den Boden tropfen, dann packte er sich ein Papiertaschentuch und wischte alles trocken. »Ich sollte echt nichts mehr trinken, wenn ich weiÃ, dass der Typ auch da ist«, meinte er laut genug, dass es alle hören konnten.
Was musste er ausgerechnet jetzt so souverän reagieren? Konnte er nicht rot werden und stottern, wie alle anderen es an seiner Stelle getan hätten? Warum konnte ihm die Sache nicht einfach peinlich sein? Damit würde er es sich - und mir - entschieden leichter machen!
Ich schielte zu Lukas und erkannte schon an seinem verkniffenen Gesicht, dass er seine Forderung
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