MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
einem Bein auf das andere, legte die Hand an die Stirn und stapfte davon, ehe sie noch etwas sagen konnte.
Ellie sah ihm nach, gerührt von der Unbeholfenheit des alten Mannes, seinem Stolz und dem riskanten, großzügigen Geschenk. Die Hasen hingen schwer an ihrem Arm. Sie würden ein Festmahl abgeben. Und je früher sie im Topf schmorten, desto sicherer wäre es für alle Beteiligten. Gleich nach dem Aufstehen hatte sie Amy gratuliert und ihr ein kleines Geschenk überreicht: ein Paar selbstgestrickte Fäustlinge. Nun würden sie als Geburtstagsessen sogar noch einen feinen Eintopf bekommen. Und wenn der Mann oben je wieder aufwachte, könnte sie ihm auch etwas Ordentliches zu essen geben.
Sie lächelte in sich hinein, während sie sich daranmachte, den ersten Hasen für den Kochtopf vorzubereiten. Wegen des Taschentuchs hatte sie den Fremden für einen Dieb gehalten. Wie kam sie dazu, mit dem Finger auf ihn zu zeigen, ausgerechnet sie, Ellie Carmichael, stolze Besitzerin zweier fetter, gewilderter Hasen?
Eine Nacht und einen Tag hatte er jetzt geschlafen, ohne sich zu rühren. Ellie starrte auf ihn hinunter und wünschte sich, dass sie etwas tun könnte. Sie wollte, dass er aufwachte. Sie wollte, dass er aufstand und aus ihrem Bett verschwand. Sie wollte ihn nicht mehr im Haus haben. Es war beunruhigend, ihn hier in ihrem Bett liegen zu haben. Tagsüber fiel es ihr nicht so schwer, sich damit abzufinden, sich zu sagen, dass er bestimmt harmlos war, ihrer Tochter zu erlauben, sich zu ihm zu setzen und einen bewusstlosen Mann – einen Fremden – wie einen Spielkameraden zu behandeln. Tagsüber fand sie ihn nicht so einschüchternd. Jetzt hingegen am Abend…
Sie zog ihren Hausmantel enger um sich, versuchte den Mut aufzubringen, ein zweites Mal zu dem Fremden ins Bett zu schlüpfen. Im Dämmerlicht schien er auf einmal zu wachsen, größer und dunkler zu werden, bedrohlicher.
Aber er hatte sich eine ganze Nacht und einen ganzen Tag nicht gerührt. Was sollte schon geschehen? Außerdem hatte sie doch gar keine andere Wahl … Nein, du hast diese Wahl getroffen, korrigierte ihr Gewissen sie. Sie hätte sich Hilfe holen können. Sie hätte ihn ins Armenhaus schaffen lassen können. Aber dort wäre er nicht richtig versorgt worden. Um einen verletzten Gentleman hätte sich der Arzt oder sogar der Squire gekümmert. Aber dieser Mann war kein Gentleman, und seit dem Sieg gegen Napoleon gab es in England zu viele arme, verletzte Männer. Bei ihrer Rückkehr hatte man sie als Helden gefeiert. Jetzt, einige Monate später, suchten sie verzweifelt nach Arbeit oder bettelten und wurden allgemein als Last betrachtet. Welche Rolle spielte es da, wenn noch einer von ihnen starb.
Und es gibt auch zu viele verarmte Witwen mit kleinen Mädchen, dachte Ellie betrübt.
Sie konnte ihn nicht im Stich lassen. Obwohl sie kaum miteinander gesprochen hatten, fühlte sie sich irgendwie verantwortlich für den Mann – egal ob er ein Fremder, egal ob er ein Dieb war. Er war in Not und brauchte Hilfe. Sie wusste, wie es sich anfühlte, Not zu leiden und Hilfe zu brauchen. Und sie würde ihm helfen.
Ohne weitere Bedenken wickelte Ellie sich in ihr eigenes Laken – allen Sinn für Anstand hatte sie noch nicht verloren – und schlüpfte zu ihm ins Bett. Wohlig seufzte sie auf. Er wärmte besser als jeder heiße Ziegelstein.
Diesmal war es sich nicht mehr ganz so merkwürdig. Die Kuhle in der Matratze fühlte sich genau richtig an, und Ellie sträubte sich nicht mehr allzu sehr dagegen, dicht an ihm zu liegen. Aber ihr fiel die schamlose Stellung ein, in der sie aufgewacht war, und wandte ihm entschlossen den Rücken zu. Einem Fremden den Rücken zuzukehren ist nicht ganz so intim, dachte sie schläfrig, während sie sich an seine Hüfte kuschelte.
Und wieder wurde sie von der Wärme und seinen tiefen, regelmäßigen Atemzügen eingelullt. Sie vergaß alle Angst, streckte die Zehen aus, schmiegte sie behaglich an seine Waden – und schlief ein.
Ellie wurde von einem köstlichen Gefühl der … Lust geweckt. Sie hatte wunderbar geträumt. Sie ließ die Augen geschlossen, um die berückende Empfindung noch in sich nachklingen zu lassen, dass sie … geliebt wurde. Hartley liebkoste sie auf eine Art, von der sie immer nur geträumt hatte … Seine großen, warmen Hände strichen liebevoll über ihre Haut. Sie fühlte sich schön, geliebt, begehrt wie nie zuvor. Mit einem schlaftrunkenen Lächeln reckte und streckte sie sich, wand sich
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