Myriams letzte Chance
Sarah darunter? Sie entdeckte sie schlieÃlich am Anfang der linken Schlange. Sarah hatte gerade ihr Gepäck aufgegeben und steuerte in Richtung Ausgang.
Inzwischen war Charlie merklich irritiert. Die vielen Leute, die lauten Stimmen, die Lautsprecherdurchsagen, das grelle Licht, so etwas hatte er noch nie erlebt. Das gefiel ihm überhaupt nicht. Er wollte sich umdrehen und die Halle schnellstmöglich wieder verlassen, aber der Steinboden war glatt und er schlitterte sogar noch ein Stück in den Raum hinein. Das gab ihm den Rest. Der Wallach brach in ein schrilles, angsterfülltes Wiehern aus und versuchte sich aufzubäumen. Myriam reagierte blitzschnell. Sie sprang von seinem Rücken, packte die Zügel dicht unter seinem Kinn und zog sie mit Nachdruck nach unten. Gleichzeitig sprach sie besänftigend auf ihn ein und brachte ihn schlieÃlich dazu, stillzuhalten.
Um sie herum brach auf einmal Applaus los. Die Passagiere vor den Schaltern, die Reisenden auf den Wartebänken, in den Cafés und an den Infoständen klatschten Beifall, als wären sie im Zirkus.
âCooler Auftritt!â, rief ein Mann mit tätowierten Oberarmen und prostete Myriam mit seiner Colaflasche zu.
Myriams Augen glitten durch die lachende, jubelnde Menge zu dem Gate, an dem sie Sarah gerade noch gesehen hatte. Sie war einer der wenigen Menschen in der Halle, die sich nicht nach Myriam umgedreht hatten. Stattdessen ging sie mit groÃen Schritten auf die Sicherheitsschleuse zu.
âHaltet sie auf!â, schrie Myriam so laut, dass Charlie verängstigt zusammenzuckte. âDie Frau dahinten ist eine Betrügerin! Lasst sie nicht entkommen!â
Die Leute klatschten und lachten noch lauter. Was für ein groÃartiger SpaÃ, den sich die Flughafengesellschaft da zu ihrer Belustigung hatte einfallen lassen!
âMach dir mal keine Sorgen, Myriam.â Plötzlich stand ein Polizeibeamter in Uniform neben Myriam. âFrau Reddich entkommt uns nicht.â
Sie starrte den Mann verständnislos an. âWoher wissen Sie ⦠und woher kennen Sie meinen Namen?â
âWir wissen so einiges.â Der Polizist strich sich schmunzelnd über seinen blonden Schnurrbart. âAber das erklären dir am besten deine Freunde.â
Myriam folgte seinem Blick und sah Sue, Stefan, Tom und April, die quer durch die Halle auf sie zueilten.
âCharlie!â, schrie April völlig aufgelöst. âMein lieber süÃer Charlie!â
Charlie schnaubte verwirrt. Nun verstand er wirklich gar nichts mehr.
Und Sarah? Bestimmt nutzte sie das Chaos und die Aufregung, um unbemerkt zu entkommen. Myriams Blick flog zurück zum Ausgang.
Sarah wurde gerade von zwei Polizeibeamten abgeführt.
Das Spiel war aus.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
âIch verstehe immer noch nicht, wie ihr so schnell herausgefunden habt, dass Sarah heute Morgen das Land verlassen wollteâ, sagte Myriam.
Nachdem die Polizisten Sarah und April abgeführt hatten, hatte Stefan Charlie zurück zur Sunshine Ranch gebracht. Sue hatte währenddessen Myriam nach Hause gefahren und Tom hatte sie begleitet. Jetzt saÃen sie völlig übernächtigt um den Esstisch der Freys. Myriams Mutter schenkte Kaffee ein. Ihre Hände zitterten. Vor Sorge um ihre Tochter hatte sie die ganze Nacht kein Auge zugetan.
âTom hat mich gestern ganz aufgeregt angerufenâ, erzählte Sue. âEr hat sich Sorgen gemacht, weil du dich doch nach dem Treffen mit April bei ihm melden wolltest. Stefan und ich waren gerade auf dem Rückweg aus der Stadt. Auf der Ranch haben wir April zur Rede gestellt. Da hat sie uns erzählt, dass der Entführer sie am Abend noch einmal kontaktiert hätte und sie das Lösegeld bereits gezahlt hätte. Also, ich war vollkommen durch den Wind.â
âApril hat so getan, als wärt ihr überhaupt nicht verabredet gewesenâ, sagte Tom. âSie ist ein mieses, abgebrühtes Luder. Aber ich bin ihr trotzdem auf die Schliche gekommen.â
âWie hast du das denn gemacht?â, fragte Myriam.
âIch hab im Internet recherchiert. Genau wie du auchâ, erklärte Tom. âAber ich hab mir Aprils Vergangenheit angesehen. War gar nicht so schwierig. Sie ist ja bei so vielen Turnieren mitgeritten, da hatte ich schnell den Namen der Ranch in Santa Rosa raus, auf der sie trainiert hat. Und rate mal, wer dort zwei Jahre lang als Trainerin
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