MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
glühten. Die scharfen Reißzähne in ihren lippenlosen Mündern waren gebleckt und ein dunkles Keuchen kam aus ihren Kehlen. In der Kühle des grauenden Morgens formte ihr heißer Atem kleine Dampfwölkchen vor ihren Gesichtern.
Das Ross von Herzog Dhrago stand eine Pferdelänge vor der fast endlosen Linie der Reiter. Neben ihm hatte Hauptmann Grymm Aufstellung genommen. Während der Herzog den Blick in aller Ruhe über die Hütten des kleinen Dorfes schweifen ließ, das im Licht des erwachenden Tages in der kleinen Senke vor ihnen lag, zuckten Grymms Mundwinkel unruhig. Offensichtlich konnte auch er es gar nicht mehr erwarten, dass der Herzog endlich den Befehl zum Angriff gab.
Ein letztes Mal noch streiften Dhragos Augen die Hütten. Er blinzelte und kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, sodass die Narbe auf seiner linken Wange größer wirkte als sonst. Dann wandte er sich zu Grymm. »Sind die Männer bereit?«
»Jawohl!«, schrie der in militärischer Kürze. »Alle bereit.«
Der Herzog drehte den Kopf und blickte erst nach rechts und dann nach links über die Schulter, um den Reitern einen prüfenden Blick zuzuwerfen.
Die Krieger hatten eine leichte Lederrüstung angelegt und die Helme fest geschnürt und ihre finsteren Gesichter strahlten tödliche Entschlossenheit aus.
Schließlich hob Dhrago den rechten Arm. »Dann also - loooos!«, schrie er und ließ seinen Arm wie ein Fallbeil nach unten sausen.
Nur einen Herzschlag später brach ein Inferno los. Der gleiche blutrünstige Kampfschrei erschallte aus mehr als hundert Kehlen. Dann stürmten die Reiter, die blanken Schwerter in den erhobenen Händen, aus dem Schutz des Waldes hervor, schwemmten wie eine schwarze Todeswoge den kleinen Abhang hinunter und fluteten auf das kleine, noch immer ruhige Alwendorf zu.
Doch da strömten auch schon die ersten Dörfler aus den Hütten. Als sie die heranrauschende Meute erblickten, erfasste sie blankes Entsetzen. Vor allem die Vharuuls verbreiteten Panik und höllische Todesangst: Die Geschöpfe der Nacht schienen auch das Licht des Tages nicht zu scheuen und hetzten nun, von maßlosem Blutdurst geleitet, inmitten der Pferde auf die Ansiedlung zu. Obwohl die Rosse mit weiten Galoppsprüngen dahinstürmten, waren die Vharuuls nicht einen Schritt langsamer. Anders als auf ihren Patrouillen- und Pirschgängen, bei denen sie sich auf zwei Beinen bewegten, hetzten die Ungeheuer nun mit gewaltigen Sätzen auf allen vieren dahin und überwanden mit jedem Sprung gleich zehn Menschenschritte, wenn nicht mehr. Mit ihren schwarzen Zottelhaaren und den knochigen Gesichtern erinnerten sie an ein wildes Rudel ausgehungerter Werwölfe auf Beutejagd.
Schon alleine ihr Anblick versetzte die Alwen in nackte Panik. Sie stießen gellende Hilfeschreie aus, die sich mit dem dumpfen Trommeln der Pferdehufe und dem schaurigen Kampfgetöse der Reiter zu einer schrillen, durch Mark und Bein gehenden Todesmelodie mischten. Alle Dorfbewohner waren inzwischen durch den infernalischen Lärm aus dem Schlaf geschreckt worden. Im ersten Schrecken stürzten die meisten völlig orientierungslos ins Freie und liefen damit geradewegs in ihr Verderben. Mit Herzog Dhrago und Hauptmann Grymm an der Spitze fegte die hundertköpfige Todesschlange der schwarzen Reiter durch das Dorf. Sie ritten jedes Hindernis einfach über den Haufen, egal ob Mann oder Frau, ob Junge oder Mädchen, ob Säugling oder Greis. Wer nicht unter die Hufe geriet, fiel ihren im ersten Schein des Großen Taglichts aufblitzenden Schwertern zum Opfer, die eine mörderische Ernte hielten, sodass ihre Klingen sich schon bald blutrot färbten.
Maruna war starr vor Entsetzen. Sie stand vor dem Eingang ihrer Hütte und war zu keiner Bewegung mehr fähig. Ihr Verstand wollte das grausige Geschehen einfach nicht fassen, das sich vor ihren Augen abspielte: Es war kaum drei Hahnenschreie her, dass der Sturm aus wirbelnden Schwertern und trommelnden Hufen in ihr Dorf gefegt war, und schon türmten sich die Leichen ihrer Verwandten und Bekannten, ihrer Freunde und Nachbarn zwischen den Hütten, von denen die meisten bereits in hellen Flammen standen, entzündet von Dutzenden von Pechfackeln, die die Reiter auf die Stroh- und Reetdächer geschleudert hatten. Ströme von Blut färbten den Sand auf dem Dorfplatz und den schmalen Wegen. Todesschreie, Stöhnen und Röcheln drangen an ihr Ohr. Das Entsetzlichste aber waren die vierbeinigen
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