MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
Unsichtbaren, das war knapp«, sagte sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Mit einem freundlichen Lächeln ging sie auf Niko zu. »Vielen Dank. Wenn du nicht gewesen wärst, dann...« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, aber ihr Gesicht war beredt genug.
»Schon gut.« Niko tat gelassen. »Das hab ich doch gerne gemacht. Ich habe deine Schreie gehört und dachte mir, dass du Hilfe brauchen könntest.« Besorgt musterte er das Mädchen und ihren Bruder. »Seid ihr okay?«
Das Mädchen legte die Stirn in Falten, rümpfte die Nase und warf ihrem Bruder einen ratlosen Blick zu.
Doch der schien genauso ahnungslos wie sie selbst zu sein. Jedenfalls zuckte er nur mit den Schultern.
Das Mädchen wandte sich wieder an Niko. »O …keh?«, wiederholte es verwundert. »Was meinst du mit ›okeh‹?«
»Hä?« Im ersten Augenblick konnte Niko sich keinen Reim auf die Frage machen. Doch dann verstand er plötzlich: Das Wort war in der Welt hinter den Nebeln offensichtlich nicht gebräuchlich! »Äh... ich meine … äh … ob ihr verletzt seid? Haben diese Schufte euch etwas getan?«
»Nicht der Rede wert.« Kopfschüttelnd winkte das Mädchen ab und wandte sich an den Bruder. »Und wie steht es mit dir?«
Auch Arawynn machte eine beschwichtigende Geste. »Es ist nichts, jedenfalls nichts Schlimmes. Höchstens ein paar Kratzer und so.«
»Danke also«, sagte das Mädchen. »Ich heiße übrigens Ayani. Und das«, sie deutete auf den Jungen, »ist Arawynn, mein Zwillingsbruder.«
Bevor Niko noch auf die seltsamen Namen der zwei reagieren konnte, ertönte plötzlich ein ungewöhnlicher Laut ganz in der Nähe - eine Mischung aus kläglichem Fiepen und ungehaltenem Fauchen.
»Pirrik!«, rief Ayani aus. »Dich hätte ich beinahe vergessen!« Sie drehte sich um und eilte zu einem nahen Baum, unter dem das merkwürdigste Tierchen hockte, das Niko je in seinem Leben gesehen hatte: Es sah aus wie eine Mischung zwischen einer kleiner Katze und einem Mini-Drachen. Sein Körper war vollständig mit rotbraunen Schuppen bedeckt und auf seiner Nase saß ein spitzes Horn.
Ayani kniete sich neben das Tierchen nieder, strich ihm behutsam über den Kopf und sprach es sanft an: »Ist alles in Ordnung, Pirrik?«
Wie zur Bestätigung ließ das kleine Wesen einen weiteren Pfeiflaut hören, breitete die Drachenflügel aus und flatterte auf die Schulter des Mädchens.
Dort hielt das geflügelte Ding es allerdings nicht lange aus. Als Ayani sich wieder zu den beiden Jungen gesellte und Pirrik Niko erblickte, kreischte er entsetzt auf und stieg aufgeregt flatternd in die Luft. Obwohl Ayani ihm noch beruhigend hinterherrief: »Keine Angst, Pirrik. Er ist ein Freund und tut dir nichts«, flog der kleine Drache rasch davon und verschwand zwischen den dichten Bäumen.
Arawynn zog eine Grimasse. »Was für ein erbärmlicher Feigling Pirrik doch ist«, seufzte er.
»Ist er nicht!«, widersprach Ayani vehement. »Der ungewohnte Anblick hat ihn erschreckt.« Für einen Moment sah es so aus, als wolle sie Pirrik hinterherlaufen und ihn suchen, ließ es dann aber doch sein. Offensichtlich war es nicht das erste Mal, dass der Flatterwicht Reißaus genommen hatte, vermutete Niko deshalb.
»Wenn mein Schleichdrache sich wieder beruhigt hat, kommt er schon von alleine zurück«, erklärte Ayani, als habe sie seine Gedanken gelesen. Dann blickte sie Niko voller Dankbarkeit an. »Dich müssen die Unsichtbaren geschickt haben. Wenn du uns nicht beigesprungen wärst, hätte es bestimmt ein übles Ende mit uns genommen. Das war überaus mutig von dir.«
»Ach«, wehrte Niko ab. »An meiner Stelle hättet ihr das bestimmt auch getan.« In diesem Moment bemerkte er, wie Arawynn ihn eindringlich von oben bis unten musterte. »Was ist?«, fragte er überrascht. »Was hast du denn?«
»Na ja …«, sagte der Junge. »Du... äh … du bist wohl fremd im Nivland, oder?«
Diesmal kapierte Niko es schneller: In seinem T-Shirt, den Jeans und den Turnschuhen musste er den beiden wie ein Alien vorkommen! Ihm selbst ging es doch ähnlich: Kleidungsstücke, wie die beiden sie trugen, hatte er zuletzt auf dem Mittelalter-Markt in Falkenstedt gesehen, auf dem eine kostümierte Gauklertruppe aufgetreten war! »J-j-ja«, stotterte er rasch. »Das ist das erste Mal, dass ich hier bin.«
»Das erste Mal?« Ayanis musterte ihn misstrauisch. »Aber … bin ich dir nicht schon gestern
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