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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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gesagt hat, er solle sich verpissen. Und das ist auch nicht der Grund, weshalb er sie geschlagen hat. Ich hoffe, das ist deutlich genug für Sie. Falls nicht, können wir die ganze Sache gleich sein lassen.«
    Lewis beugte sich im Sessel vor und machte eine besänftigende Geste. »Mrs. Hagan, niemand erhebt irgendwelche Vorwürfe. Wir wollen nur dieser Sache auf den Grund gehen, genau wie Sie, und das bedeutet, dass wir manchmal Fragen stellen, die wir lieber nicht stellen würden, aber stellen müssen .«
    Es war nicht zu verkennen, dass Lewis solche Gespräche schon oft geführt hatte und deshalb geübt darin war, mit Menschen und deren Empfindlichkeiten umzugehen. Jedenfalls schien Jennifer Sawyer sich zu beruhigen. Tom überließ es Lewis, das Gespräch fortzuführen und möglichst viele Details über die Tage und Wochen vor Melanies Verschwinden zu bekommen. Soweit Tom erkennen konnte, gab es nur wenig von Bedeutung – nichts, was er nicht schon wusste.
    »Wir werden auch mit Ihrem Mann sprechen müssen«, sagte Tom, als sie fertig waren. »Ich hoffe, das ist kein Problem für Sie.«
    Jennifer seufzte müde, als wäre dieser Gedanke für die Realitäten ihres Lebens völlig irrelevant. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen«, sagte sie, »passen Sie lieber auf sich selbst auf.«

25
    Joe Sawyer arbeitete in einer Papierfabrik nur wenige Meilen von dem Ort entfernt, wo er und Jennifer lebten. Sie bezeichnete seinen Job als den eines »Arbeitsaufsehers«. Wie Tom es verstand, bedeutete dies, dass Joe den Männern, die die massiven Baumstämme lieferten und abluden, Anweisungen erteilte – ein Job, der wenig mehr erforderte als die Fähigkeit, jeden zusammenzustauchen, der aus der Reihe tanzte.
    Tom beschloss, vor dem Fabriktor auf Sawyer zu warten, dessen Schicht um fünf Uhr nachmittags endete. Er versuchte, Lewis davon abzubringen, ihn zu begleiten, da er keinen Sinn darin sah, jemanden in Lewis’ Alter in eine Sache einzubeziehen, die unangenehm enden konnte. Doch Lewis wischte Toms Bedenken beiseite und erklärte, es sei die beste Möglichkeit, Ärger zu vermeiden, wenn man sich in Begleitung eines älteren Menschen befand, der sich beim ersten Anzeichen von Gewalt ans Herz griff und sein Leben auszuhauchen drohte. Tom schmunzelte. Oliver Lewis wurde ihm immer sympathischer. Dennoch bestand er darauf, dass Lewis im Wagen blieb, den Tom gemietet hatte, während er selbst auf dem Bürgersteig auf Joe Sawyer wartete.
    Joe kam mit einer Gruppe von Männern, hart aussehenden Burschen, wie er selbst einer war. Er unterhielt sich gerade mit zweien von ihnen, als er Tom entdeckte. Die Männer folgten Sawyers Blick, als er stehen blieb und in Toms Richtung starrte. Er sagte etwas zu den anderen, und sie gingen zu einem Parkplatz ein Stück entfernt. Neugierig geworden, was gleich passieren würde, warfen sie verstohlene Blicke über die Schulter, befolgten jedoch Sawyers Anweisung, sich herauszuhalten.
    Joe Sawyer ging absichtlich langsam auf Tom zu, wobei seine muskulösen Arme locker in den Ärmeln derselben Lederjacke pendelten, die er getragen hatte, als sie sich vor dem Haus der Familie das erste Mal gegenübergestanden hatten. Er schaute beim Gehen auf den Boden und sah Tom erst wieder an, als er sich direkt vor ihm aufgebaut hatte. Tom wich nicht zurück, was Sawyer vermutlich bezwecken wollte; eher wollte er verdammt sein, als sich auf diese primitive Weise einschüchtern zu lassen – ein Gebiet, auf dem Sawyer offensichtlich Spezialist war.
    »Sie haben mir gesagt, dass Sie mich nicht in Ihrem Haus haben wollen, also bin ich zu Ihrer Arbeitsstelle gekommen«, sagte Tom und ergriff die Initiative. Er stand da, die Hände lässig in den Hosentaschen, und sah zu Sawyer hoch, der zehn Zentimeter größer war.
    »Hat meine Frau Sie geschickt?«
    Tom hatte mit Jennifer besprochen, was er sagen sollte, wenn diese Frage kam.
    »Ich habe sie gefragt, ob sie mich mit einem der Polizisten zusammenbringen könnte, die beim Verschwinden ihrer Schwester ermittelt haben. Jennifer sagte, Sie hätten damals mit der Polizei gesprochen. Deshalb …«
    Plötzlich ging Sawyers Blick an Tom vorbei, und seine Augen wurden schmal. »Was, zum Teufel …« , sagte er leise.
    Tom drehte sich um und sah, dass Oliver Lewis mit seiner Miniaturkamera ein Foto von ihnen beiden machte. Dann steckte Lewis die Kamera in die Tasche und kam freundlich lächelnd auf sie zu.
    »Mr. Sawyer, nehme ich an«, sagte er. »Freut mich, Ihre

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