Mythor - 023 - Befehle aus der Schattenzone
es!«
»Gerade an diesem Tag werden die Kräfte der Schwarzen Magie stärker sein als die Waffen des Lichtes.«
»Pah«, machte Vassander. »Wer sagt das?«
»Ich«, antwortete Thonensen gelassen. »Und ich weiß, wovon ich rede.«
Mythor fühlte sich unwillkürlich mehr zu Thonensen hingezogen. Nicht nur, dass ihm Vassanders anmaßendes Gehabe überhaupt nicht gefallen wollte, aus Thonensens ruhigen Worten sprach wesentlich mehr Sachkenntnis als aus dem tönenden Pathos des Erzmagiers.
»Unsinn!« behauptete Vassander. »Der Tag ist recht, der Ort ebenfalls.«
Was letzteres betraf, hatte Mythor seine Zweifel. Ein Hochmoor schien ihm durchaus nicht der passende Platz, um eine große Schlacht zu schlagen. Über Hochmooren lag nicht selten dichter Nebel, ganz besonders in dieser kalten Jahreszeit, und im Nebel waren die Caer wahrscheinlich besser als die Verbündeten.
»Sucht euch einen anderen Tag, Freunde!« sagte Thonensen. »Ich bin nicht so vermessen zu behaupten, ich vermöchte alles zu sehen und zu weissagen.«
»Ha!« machte Vassander.
»...aber ich weiß eines: Habe ich recht mit meiner Befürchtung, dann wird sich die Macht des Lichtes niemals mehr gegen die Kräfte der Finsternis durchsetzen können.«
Gapolo ze Chianez erhob sich. Sein Gesicht verriet große Besorgnis. »Sterndeuter«, sagte er. »Was soll das heißen? Willst du Vassander beschuldigen, der Schwarzen Magie in die Hände zu arbeiten?«
»Ich beschuldige niemanden«, sagte Thonensen. Vassander machte eine Geste der Verachtung. »Ich will nur Unglück verhüten.«
»Ein Feigling ist er«, rief Vassander laut.
Mythor bemerkte, dass sich die Versammelten in zwei Lager zu spalten begannen. Es gab etliche, die Thonensen glauben wollten, es gab aber auch andere, die dem Erzmagier der Ugalier blind vertrauten; schließlich war er ein einflussreicher Mann.
»Graf Corian«, sagte Thonensen. »An dir wird es vielleicht liegen, die Entscheidung zu treffen.«
Der Graf biss sich auf die Lippe. Mit allen Widerwärtigkeiten hatte er gerechnet, nicht aber damit, dass sich zwei der bedeutendsten Magier Ugaliens in die Haare geraten würden, noch dazu in einer so ungeheuer wichtigen Frage. Corians Blick pendelte zwischen Vassander und Thonensen hin und her.
Mythor vermochte den Blick zu lesen. Corian gab aus Gewohnheit dem Hausmagier recht, Thonensen war der Mann seines Vertrauens. Auf der anderen Seite schien er gewisse Anweisungen und Befehle empfangen zu haben, vermutlich vom L'umeyn, und diese Anweisungen begünstigten zweifelsohne die Position des Erzmagiers.
»Vertagen wir die Entscheidung!« Der Vorschlag kam, niemand hatte es anders erwartet, von Jamis von Dhuannin. »Wir werden alles genau prüfen und dann unser Urteil fällen«, sagte der Diplomat. »Bis dahin, Freunde, lasst uns die Großzügigkeit des Herrn von Anbur genießen!«
Er hob den Humpen und tat Graf Corian Bescheid. Die anderen Gäste folgten seinem Beispiel. Vassander rauschte davon, Thonensen zog sich lautlos zurück. Noch war das Duell der Magier nicht entschieden.
»Holt die Tänzerinnen herein und die Sänger!« rief Corian und klatschte in die Hände.
Ein Dutzend Mädchen betraten den Raum, dunkelhaarige, biegsame Gestalten, in jenen sündhaft teuren Stoff gekleidet, der aus den südlichen Gefilden um teures Geld eingeführt wurde und eigentlich so aussah, als gebe es ihn gar nicht. Angesichts der Körper der Tänzerinnen begann Mythor zu begreifen, dass es sehr wohl einsichtig sein konnte, teures Geld für einen Stoff auszugeben, der nicht zu verhüllen in der Lage war.
»Abendlich kränzt sich das Gestirn...«
Mythor fuhr herum. Aus einem der Nebeneingänge war ein Sänger in den Saal getreten, den Mythor sofort an der mäßigen Stimme erkannt hatte: Lamir, der hellhaarige Jüngling, der sich den Beinamen »von der Lerchenkehle« gegeben hatte.
Mythor grinste in sich hinein. Die Lerchenkehle machte ihrem Namen wieder einmal alle Ehre. Zuerst lag er einen halben Ton neben der Melodie, die er eigentlich singen wollte, danach irrte er sich in einer Textzeile. Als er dann auch noch über einen Fuß stolperte, war der Erfolg des Sängers sichergestellt.
Lamir steckte das Hohngelächter der Versammlung mit der Großmut eines Künstlers ein, der sich zu Unrecht verkannt fühlte. Er fühlte sich zum Minnesang berufen, es gebrach ihm aber arg am Gesang.
»Heda, Lerchenkehle!« Lamir drehte sich um und erblickte Mythor. Sein Kiefer klappte herunter.
»Nimm einen
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