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Mythor - 063 - Die Bestie erwacht

Mythor - 063 - Die Bestie erwacht

Titel: Mythor - 063 - Die Bestie erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giesa Werner K.
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Vielleicht waren sie nur Ornamente, vielleicht aber hatte jede einzelne Linie, jede Figur eine bestimmte Bedeutung. Wer konnte es sagen außer einer Hexe?
    Drei Mannslängen ragte die Mauer empor. Zwischen den Zinnen war niemand zu erkennen, aber Mythor war sicher, daß sie genau beobachtet wurden. Auch in ihm regte sich ein ungutes Gefühl, das von Gerreks Gezeter noch verstärkt wurde.
    »Ich traue diesen Hexen nicht«, sagte er. »Man sollte überhaupt keiner Frau trauen, wenn man nicht in einen Beuteldrachen verwandelt werden will. Rachsüchtig und hinterhältig sind sie…«
    »Hüte deine Zunge«, drohte Scida, »und bedenke, daß auch ich eine Frau bin, du aber nicht einmal ein Mann!«
    »Den Göttern sei’s gedankt«, flötete Gerrek spitz.
    »Noch so eine vorlaute Bemerkung, und ich lasse dich von den Hexen dieses Forts vom Beuteldrachen in eine Beutelratte verwandeln!« drohte Scida an. Gerrek schrumpfte merklich zusammen und flüsterte Mythor ziemlich laut zu: »Siehst du? Nicht einmal Kritik können sie vertragen, diese Weiber! Wenn du jemals wieder in deine Heimat zurückkehrst, nimm mich mit!«
    »Meinst du, ich höre dein Geschwätz nicht?« fuhr Scida auf. »Was soll das?«
    Sie trat jetzt auf das große Portal zu. Die Schnitzereien ließen es zierlich erscheinen, aber Mythor war sicher, daß es kompakt gearbeitet war. Einen Türgriff konnte er nirgends entdecken, aber gerade als er sich Gedanken machen wollte, wie die Tür aufzubrechen sei, öffnete sie sich von selbst.
    Geräuschlos bildete sich in der Mitte der Spalt, wurde schnell breiter, und die beiden Türflügel schwangen nicht zurück, sondern verschwanden einfach in der Mauer!
    »Huch!« kreischte der Beuteldrache. Es sah fast so aus, als wolle er Mythor auf die Schultern springen, um hinter ihm Schutz zu suchen. Der Vorgang war in der Tat überraschend und ungewöhnlich.
    »Recht eindrucksvoll«, sagte Scida laut, »aber von Jewa war ich Besseres gewohnt als billige Taschenspielertricks!«
    Sie trat in die Tür und sah sich um. Mythor und Gerrek folgten ihr und nahmen schräg hinter der Amazonenführerin Aufstellung.
    »Niemand zu sehen…«
    Das stimmte nicht mehr.
    Im Innenhof, der zwischen der starken Mauer und dem eigentlichen Gebäude lag, waren Gestalten förmlich aus dem Nichts getreten. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte Mythor die schmalen Durchlässe in der Hauswand, die im Schatten einer vorspringenden Galerie lagen und daher kaum wahrnehmbar waren. Aus ihnen waren junge Frauen hervorgetreten, Mädchen noch, vielleicht fünfzehn oder siebzehn Lenze jung. Gemessenen Schrittes kamen sie auf die drei Ankömmlinge zu.
    Ihre Schritte auf dem gepflasterten Innenhof waren lautlos. Ebenso lautlos schloß sich hinter den drei Gefährten das Portal wieder.
    »Novizinnen«, flüsterte Scida. »Sie sind noch keine Hexen, werden aber dazu ausgebildet und können auch jetzt schon erstaunliche Dinge tun.«
    »Auch Beuteldrachen verzaubern?« fragte Gerrek erschrocken.
    »Wir werden sehen«, murmelte die Amazone.
    Die Novizinnen kamen heran. Fünf waren es, die jetzt stehenblieben, sich vor Scida verneigten und offenbar nur für sie Augen hatten. Mythor und Gerrek zählten nicht, und vor der Erscheinung des Beuteldrachen zeigten sie auch kein Erschrecken.
    Ist der Anblick eines solchen Ungeheuerchens für sie normal? fragte Mythor sich, der sich entsann, Gerrek beim ersten Anblick auf den »Blutigen Zähnen« für eine wilde Bestie gehalten zu haben. Hier aber interessierten sich die Novizinnen nicht einmal für die ungewöhnliche Gestalt des hochgewachsenen Drachen.
    Die Hexen-Anwärterinnen erhoben sich wieder. Zwei von ihnen waren außerordentlich hübsch, wie Mythor feststellte, und ihre schwarzen Gewänder, die die jungen Körper weich um spielten, standen ihnen gut.
    Die mittlere sprach.
    »Wir bitten die fremde Amazone, ihren Namen zu nennen.«
    Wenn Scida sich durch den seltsamen Empfang unangenehm berührt fühlte, zeigte sie es nicht.
    Sie stellte sich vor – sich allein!
    »Und ich bin Gerrek, der Mandaler«, platzte der Beuteldrache hinter ihr heraus. »Ich bin der netteste, höflichste, sympathischste und zuvorkommendste aller Beuteldrachen und bitte daher…«
    Ein vernichtender Blick der Novizinnen-Sprecherin traf ihn. »Das Tier soll schweigen!«
    »Hast du das gehört?« flüsterte Gerrek Mythor empört zu. »Tier hat sie mich genannt! Die weiß wohl nicht, wen sie vor sich hat!«
    »Wir bitten die fremde Amazone und ihre

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