Mythor - 067 - Krieg der Hexen
die Blume herum und hockte sich auf die gegenüberliegende Seite auf den Boden. Er holte die Flöte hervor und spielte gedankenverloren damit.
»Gerrek!« sagte Mythor. »Gerrek ist der lebende Beweis dafür, daß ich die Wahrheit spreche.«
»Gerrek, Gerrek…«, murmelte die Blume. »Sollte ich diesen Namen kennen?«
»Gerrek war Vinas Zauberlehrling«, erklärte Mythor. »Und er war ein Mann wie ich, bevor ihn eine Hexe in einen Beuteldrachen verwandelte.«
»Ah, ja.« Die Blume seufzte. »Ich erinnere mich dunkel. Es fällt mir nur schwer, weil dieser Name zu einem anderen Lebensabschnitt gehört. Gerrek, der Mandaler… er kam als Beuteldrache zurück! Ich entsinne mich wieder. Was ist mit ihm?«
»Er ist bei mir«, sagte Mythor. »Er kann meine Worte bestätigen.« Mythor hob die Stimme und rief: »Gerrek, sag Ambe, wer ich bin. Gerrek!«
Der Beuteldrache schreckte hoch, blickte sich verwirrt um, bevor seine Augen Mythors Blick kreuzten.
»Ich habe schon verstanden«, sagte er griesgrämig. »Es stimmt daß du Mythor aus Gorgan bist und unter dem Schutz der Zaubermutter Zahda stehst. Und jetzt laß mich in Ruhe. Ich habe ein Problem. Diese Flöte ist der Schlüssel zu einem Geheimnis… Ich werde schon noch dahinterkommen.«
»Bist du nun zufrieden, Ambe?« fragte Mythor.
»Hast du sonst nichts mehr vorzuweisen?« fragte die Blume.
Mythor war nahe daran, die Geduld zu verlieren, aber ein strafender Blick Scidas ließ ihn die Beherrschung wiederfinden. Er sah ein, daß er mit Gefühlsausbrüchen nichts erreichte. Er mußte Ambe überzeugen, alles andere war Zeitverschwendung.
Er griff in die Tasche und holte einen Kristallring hervor, der einst Vina gehört hatte und den sie zusammen mit den anderen Ringen der Feuergöttin Ramoa vermacht hatte. Als Ramoa der vierarmigen Bestie Yacubs zum Opfer fiel, hatte Mythor den Ring an sich genommen, der als einziger erhalten geblieben war.
Er hob ihn hoch und sagte:
»Dieser Zauberring stammt von Vinas rechtem Zeigefinger. Ich habe ihn als Andenken an sie an mich genommen. Ich weiß nicht, welche Kraft ihm innewohnt, aber die Hexe Fieda hat mir geraten, ihn zu behalten, weil er mir noch helfen könnte. Jedenfalls hat sich die Kraft des Ringes nicht gegen mich gewandt. Ist dir das Beweis genug für meine lauteren Absichten?«
»Das herauszufinden war gar nicht der eigentliche Grund für dieses Gespräch«, sprach Ambe aus dem Mundkelch. »Ich habe zuvor schon erkannt, daß du ein Mann von Bedeutung bist, Mythor. Ein außergewöhnlicher Mann in unserer Frauenwelt. Doch steckst du auch voller Widersprüche, so daß ich mir erst einmal ein Bild von dir machen wollte. Du hättest immerhin auch ein Spion meiner schlimmsten Feindinnen Vone, Niez und Cele sein können.«
»Was hast du von diesen Hexen denn noch zu befürchten?« fragte Mythor nicht ohne Spott. »Hast du mit deiner Strategie der Liebe und der Güte denn nicht über Zaems gewalttätige Hexen triumphiert?«
»Doch, und ich glaube auch, daß dies ein endgültiger Sieg sein wird«, sagte die Blume. »Aber ich verspüre keinen Triumph. Ich werde nur glücklich sein, wenn ich diese Hexen endgültig bekehrt habe. Und ich werde auch dich noch bekehren, Mythor.«
»Genug davon«, sagte Mythor ungeduldig. »Empfängst du uns nun, oder willst du nicht hören, was ich dir zu sagen habe?«
»Ich werde euch eine meiner Gärtnerinnen schicken«, sagte die Blume. »Ihr Name ist Isgrin. Sie wird euch zu mir führen.«
»Woran werden wir sie erkennen?« wollte Mythor wissen.
»Sie wird euch finden.«
»Beeile dich damit, denn…« Mythor verstummte. Er überlegte sich, ob er Ambe einen Anhaltspunkt geben sollte, daß es für Fronja um Leben und Tod ging.
Bevor er sich jedoch entschließen konnte, kam es zu einer unerwarteten Wendung. Die Situation veränderte sich von einem Augenblick zum anderen schlagartig.
Ein Sturm fegte über den Garten des Friedens dahin. Ein greller Lichtstrahl zuckte aus heiterem Himmel. Der Blitz schlug in Ambes Mundkelch ein und ließ ihn in Flammen aufgehen.
Und ringsum welkten die Liebesranken dahin, so schnell, daß man diesem Vorgang mit den Augen nicht folgen konnte.
»Was hat das zu bedeuten?« rief Mythor außer sich.
»Der Krieg der Hexen ist wieder entflammt«, erklärte Lankohr. »Jetzt bricht für uns eine harte Zeit an.«
Gerrek sprang plötzlich schreiend auf die Beine. Er reckte seine Drachenschnauze, sperrte den Rachen weit auf, sog die Luft geräuschvoll ein und
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