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Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Titel: Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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    Die Drosselung der Energiezufuhr bringt den Gehirnstoffwechsel ins Ungleichgewicht. Das Gehirn ist in diesem Zustand starken, teilweise entgegenläufigen Kräften ausgesetzt. Zum einen wirkt die Strategie des Energiesparens, die zu Müdigkeit, Lustlosigkeit und sogar den oben beschriebenen neuroglykopenischen (Unterversorgung des Gehirns mit Glukose) Ausfällen führen kann, auf das Befinden des Menschen ein. Andererseits wird das Stresssystem dauerhaft belastet, um so die Bereitstellung von Energie aus den Körperdepots zu gewährleisten. Deshalb haben gezügelte Esser deutlich erhöhte Cortisolwerte im Blut – und hohes Cortisol im Blut zeigt genau die allostatische Last an, die auf Dauer den Organismus zermürbt. Der Mensch, der eine Diät macht oder seine Kalorienzufuhr senkt, befindet sich also in einer zermürbenden Schleife aus Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Heißhungerattacken, denen er seine Willensentscheidung entgegenhält, die auferlegte Diät einzuhalten, um sich dann wieder erschöpft zu fühlen – und so weiter. Diese Person ist also gleichzeitig gestresst und müde und hungrig.
    Stellen wir uns weiter vor, wir würden mit so einem Menschen in einer Partnerschaft zusammenleben – also mit jemandem, dessen Gedanken meist ums Essen und die Verhinderung von Nahrungsaufnahme kreisen, dessen Lust auf Liebe genauso niedrig ist wie die Geduld in Konfliktsituationen; jemand, der aufbrausend, vielleicht sogar aggressiv reagiert, um dann wieder in eine Phase von Apathie und Depression zu fallen. Wir ahnen, welche Belastungen da auf eine Ehe oder Familie einwirken können. Hinzu kommt, dass Menschen, die so wenig essen, dass Gehirn und Körper nicht ausreichend versorgt werden können, häufiger zu Substanzen greifen, die das Stresssystem dämpfen oder entlasten – wie Alkohol und Nikotin.
    Das Minnesota-Hunger-Experiment gilt in der Wissenschaft heute deshalb als umstritten, weil es große ethische Bedenken gibt, Menschen – selbst wenn es sich um Freiwillige handelt – im Rahmen einer solchen Testreihe über einen so langen Zeitraum Nahrung zu entziehen. Andererseits gibt es zahllose Diäten, die bedenkenlos genau dies propagieren. Vielleicht liegt es ja auch an den Euphemismen des Diät-Sprechs, dass es uns heute so schwer fällt, diesen Zusammenhang kritisch zu sehen. Wenn’s um Diäten geht, ist meist schönfärberisch von Gewichtsreduzierung, Abnehmen, Schlanker-(und Gesünder-)werden die Rede. Die Wahrheit klingt anders: Jede Diät ist hungern. Es kommt zu Gewichtsverlust. Und wie bei einer echten Hungersnot kämpfen Gehirn und Körper auch bei einer Diät oder beim gezügelten Essen um die knappen Ressourcen. Dass wir dabei schlanker werden, liegt nur daran, dass das Gehirn immer gewinnt. Das Gehirn fordert, erkämpft und erpresst die Energie, die es braucht, vom Körper – und der zieht den Kürzeren, hungert und nimmt ab.

    Kehren wir noch einmal zu Kate Winslet und den Hollywood-Stars zurück, die nicht zuletzt auch mit ihren Eskapaden und Exzessen, ihren Scheidungen, Burnouts und Aufenthalten in Entzugskliniken die Seiten der People-Magazine füllen. Im Vergleich zu anderen Hollywood-Stars ist Kate Winslet eher unauffällig. Aber auch sie hat mit sechsunddreißig schon zwei Ehen hinter sich. Sicherlich spielen da Erfolgsdruck und das exponierte Leben in der Öffentlichkeit eine Rolle. Wenn man sich aber die Ergebnisse des Minnesota-Experiments anschaut, liegt der Verdacht nahe, dass auch das Hungern für die Extremfigur einen starken und nachhaltigen Einfluss auf das Leben und Verhalten von Filmschauspielern haben kann.
    Wer sich jetzt fragt, ob man selbst zu den gezügelten Essern gehört, weil das Frühstück nur aus einer Tasse Kaffee besteht oder er Salat als Lieblingsspeise angibt, hat hier die Möglichkeit, es selbst herauszufinden. Die folgenden 21 Fragen sind angelehnt an den »Fragebogen zum Essverhalten« von Volker Pudel und Joachim Westenhöfer und geben über das eigene Essverhalten Auskunft.







Niemand ist eine Insel
    Menschen, die sich beim Essen zügeln, versuchen also, trotz der chronischen Überlastung ihres Stresssystems ihr Gewicht zu halten – allein durch ihre einmal getroffene Entscheidung. Stress ist eng mit unserem Essverhalten und unserem Körpergewicht verknüpft, enger und stärker als bisher angenommen. Immer wieder in diesem Buch werden wir an Punkte kommen, an denen die Frage auftaucht, was das eigentlich für ein

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