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Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Titel: Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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ab, sondern auch bei Menschen, die eine kalorienreduzierte Diät machen – und das ebenfalls durch erhöhtes Cortisol.
    Kommen wir noch einmal zurück zu den Diäten als Zustand des Cortisol-Exzesses. Der Begriff »Diät« muss an dieser Stelle präzisiert werden. Denn aus der Sicht der Stressforschung beschreibt eine Diät nicht nur den Zeitabschnitt, in dem ein Mensch seine Ernährung nach den Anweisungen eines Abnehmprogramms ausrichtet. Menschen, die – aufgrund eines Entscheidungsprozesses im Präfrontalen Cortex, einem Teil des Frontallappens des Gehirns, der hinter der Stirn seinen Sitz hat – ihre Kalorienzufuhr permanent kontrollieren, sich quasi willentlich Mahlzeiten versagen, kurz, sich beim Essen disziplinieren, versetzen ihren Körper ebenfalls in einen Diät-Zustand. Und das geschieht oft über Jahre, manchmal sogar über Jahrzehnte hinweg. Alles, was in diesem Kapitel über permanent erhöhte Cortisolwerte, über die Folgen der Überlastung des Stresssystems, über allostatische Last und Verkürzung der Lebenserwartung ausgeführt wurde, trifft auf diese Menschen zu. Die anglo-amerikanische Stressforschung gab diesem Verhaltensmuster die Bezeichnung »restrained eating« – auf Deutsch: »gezügeltes Essen«. Gezügeltes Essen ist in unserer Welt des kategorischen Schlankheitsimperativs ein weit verbreitetes Phänomen. Menschen, die von sich sagen, sie müssten auf ihre schlanke Linie achten, sind womöglich gezügelte Esser. Schlank zu sein und schlank zu bleiben, ist dabei nicht einfach nur Ausdruck persönlicher Eitelkeit, sondern gilt auch als wesentliches äußeres Merkmal erfolgreicher Menschen. In manchen Berufen sind Menschen, die erfolgreich sein wollen, sogar regelrecht dazu gezwungen, ihr Gewicht zu kontrollieren.

Bin ich ein gezügelter Esser?
    1 , 70 Meter, 60 Kilogramm, BMI 21 . Mit dieser Formel lässt sich eine der bemerkenswertesten Karrieren Hollywoods beschreiben. Die Zahlen beziehen sich auf Körpergröße, -gewicht und -umfang von Kate Elisabeth Winslet, einer 1975 im englischen Reading geborenen Schauspielerin. Die Britin brachte es bisher auf fünf Oscar-Nominierungen (einmal hat sie ihn erhalten). Sie wurde im Kassenmagneten »Titanic« zum Weltstar, gilt aber auch als anerkannte Charakterdarstellerin von Weltrang.
    Ein BMI von 21 im Alter von 36 Jahren verweist auf einen schlanken Körper, das unerlässliche »Werkzeug« eines weiblichen Hollywood-Stars. Und wie bei den meisten ihrer Kolleginnen ist auch für Kate Winslet der Erhalt dieses Zustands harte Arbeit. Eine Arbeit, über die sie mit einer für das Showgeschäft ungewohnten Offenheit erzählt. In mehreren Interviews spricht sie darüber, dass sie als Jugendliche nicht gerade gertenschlank war und wegen ihres Gewichts und ihrer runden Figur gehänselt wurde. Um sich den Berufswunsch der Schauspielerin zu erfüllen, ernährte sie sich figurorientiert und nahm ab. Während ihrer Karriere gab es aber immer wieder auch Phasen, in denen sie sich satt aß und deutlich zunahm, um sich dann wieder auf ihr Arbeitsgewicht zu hungern. Kate Winslet ist seit über zwanzig Jahren im Filmgeschäft, und wenn man weiß, dass ihre Figur ohne kalorienreduzierende Maßnahmen eher vollschlank wäre, ahnt man, dass diese Frau seit zwei Jahrzehnten wahrscheinlich das Verhalten einer »gezügelten Esserin« zeigt, also das Essverhalten ständig zu kontrollieren und die Nahrungszufuhr zu begrenzen. Gezügelte Esser machen nicht unbedingt eine klassische Diät (obwohl sie durchaus einen Hang dazu haben, immer wieder neue Abnehmprogramme auszuprobieren). Sie versuchen vielmehr, sich eine Art Netzwerk aus Regeln, Geboten, Verboten und Ritualen zu schaffen, mit dem Ziel, weniger zu essen und weniger zu wiegen. Typische Verhaltensweisen sind beispielsweise:
eine Mahlzeit wegzulassen,
nichts mehr nach 20 Uhr zu essen,
nur Salat – ohne Dressing – zu essen,
Süßstoff statt Zucker zu verwenden,
Kalorien zu zählen
oder generell auf Kohlenhydrate zu verzichten.
    Nehmen wir an, Kate Winslets »Wohlfühlgewicht« läge statt der aktuellen 60 bei 75 Kilogramm (was eine durchaus realistische Einschätzung ist). Dieses Wohlfühlgewicht, das Ausdruck der zerebralen und emotionalen Homöostase ist, bezeichne ich auch als »Neutralgewicht« – das Körpergewicht, bei dem der »Gehirnstoffwechsel ausgeglichen« ist. Das ist der Fall, wenn erstens die Energiekonzentration im Gehirn genau richtig ist, zweitens die Energieanforderung des Gehirns nicht

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