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Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Titel: Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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innere Bauchfett und damit der Taillenumfang wächst. Im oberen Teil des Diagramms (dunkelgrau) haben die Menschen ihre Position, die extrem stressbelastet sind; im unteren Bereich (hellgrau) finden sich die Positionen der entspannten Menschen wieder

    Abb. 13: Bin ich ein A- oder B-Typ? Wie sich Stress auf unsere Lebenserwartung auswirkt
Wenn Menschen aus einer sicheren Umgebung heraus in eine unsichere Umgebung geraten, ändert sich ihre Position im Sterblichkeitsdiagramm. Für Typ-A-Menschen erhöht sich die allostatische Last in der unsicheren Umgebung, ihre Position wandert zunächst nach oben (Typ A = grauer Pfeil). Ihr Stresssystem bleibt langfristig hochaktiv, deshalb nehmen sie an Körpergewicht ab. Somit formen Typ-A-Menschen den linken Arm der J-förmigen Sterblichkeitskurve. Wenn Typ-B-Menschen aus einer sicheren Umgebung in eine unsichere Umgebung geraten, steigt zunächst auch ihre allostatische Last an und damit ihre Sterblichkeit (Typ B = weißer Pfeil). Das Besondere an ihrer Stressreaktion ist jedoch, dass sie sich an den Dauerstress gewöhnen (habituieren). Dadurch ist es ihnen möglich, ihr Stresssystem trotz der unsicheren Umstände herunterzufahren, womit die allostatische Last sinkt und ihre Sterblichkeit geringer wird. Allerdings hat die Habituation im Stresssystem einen Preis, den sie zahlen müssen, um ihren Hirnstoffwechsel ausgeglichen zu halten: Die Menschen müssen mehr essen, der BMI steigt an. Typ-B-Menschen formen damit bei Übergang in eine stressvolle Umgebung den rechten Arm der J-förmigen Sterblichkeitskurve
    Und wie sieht die neue Interpretation der BMI -Mortalitätskurve im Zusammenhang mit der Selfish-Brain-Forschung unter Berücksichtigung der beiden Stresstypen aus?
    Abbildung 13 zeigt folgenden Zusammenhang: Geraten Typ-A-Menschen in eine unsichere Umgebung, steigt ihr Sterberisiko, sie nehmen an Gewicht ab und bewegen sich im Diagramm nach links oben und bilden den linken Arm der J-förmigen Sterblichkeitskurve. Geraten hingegen Typ-B-Menschen in eine unsichere Umgebung, so bewegen sie sich im Diagramm zunächst steil nach oben, aber dann reduzieren sie durch Habituation des Stresssystems ihre allostatische Last, senken damit faktisch ihr Sterberisiko, sie nehmen an Gewicht zu und bewegen sich im Diagramm nach rechts unten; sie bilden damit den rechten Arm der J-förmigen Sterblichkeitskurve. Es ist bemerkenswert, dass in unsicherer Umgebung der Taillenumfang bei den B-Typen deutlich weniger wächst als bei den A-Typen. Das liegt daran, dass bei den B-Typen das Stresssystem sich seiner Ruhelage wieder annähert und so das Cortisol an Einfluss verliert. Unter Stressbelastung manifestieren sich also zwei unterschiedliche Phänotypen, was sich als eine Bifurkation (von lat. bi »zweifach« und furca »Gabel«) in der Sterblichkeitskurve ausdrückt. (In dieser Bifurkation kann man übrigens die Bifurkation aus der Abbildung 2 wiedererkennen; über die mathematische Entstehung von Bifurkationen siehe Anmerkungen in den Literaturhinweisen). Es wird jetzt offenbar, dass die gestressten dicken Menschen eine geringere Sterblichkeit haben als die gestressten Dünnen – und manche Dicke sogar eine gleichermaßen günstige Lebenserwartung haben wie alle entspannten Dünnen.
    Warum dicke Menschen länger leben als dünne – die wahren Risiken von Stressbelastungen
    Unter dem Einfluss von chronischem Stress ist unser Organismus in der Lage, Einschränkungen, Engpässe oder erhöhten Aufwand bei der Energieversorgung des Gehirns zu kompensieren – mehr oder weniger effektiv. Doch das bleibt nie ohne Folgen, und zwar für den Körper, für das Gehirn und für die Gesundheit. Tatsache ist, dass chronischer Stress eine enorme Belastung für die Gesundheit darstellt und trotzdem als Risikofaktor in der Medizin bis heute kaum berücksichtigt wird. Wenn wir aber eine relevante Einschätzung unseres Gesundheitszustands haben wollen (und welcher Patient möchte das nicht?), dann muss sich das unbedingt ändern.
    Wie sich die cortisolbedingte Instabilität im Einzelnen auf bestimmte gesundheitliche Risiken auswirkt, zeigt die nachfolgende Tabelle. Sie basiert auf mehr als fünfzig medizinischen Studien, die höchsten wissenschaftlichen Anforderungen genügen, das heißt, sich über einen hinreichend langen Beobachtungszeitraum erstreckten und insbesondere stress-relevante Faktoren (wie Stressbelastungen, Stressreaktivität, Bauchfett als Stressmarker) direkt in die Auswertung mit einbezogen

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