Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
Vom Netzwerk:
flatterten dann wieder in die Höhe. Ihr Geruchssinn hatte sie hergelockt.
    Die Leichen, die hier vor zwei Tagen gelegen hatten, waren längst im Dschungel verschwunden, dem großen Kreislauf der natürlichen Wiederverwertung zugeführt. Lediglich der Tote im Hubschrauber war für die großen Tiere schwierig zu erreichen. Die Aasvögel umflatterten vergeblich das Cockpit. Offenbar wagten sie sich nicht in die Maschine hinein.
    Pérez duckte sich hinter die Bäume am Waldrand. Die anderen taten es ihm gleich. Eine Weile beobachteten sie die Vögel. Außer diesen Tieren bewegte sich nichts.
    „Sieht doch gut aus“, flüsterte d’Albret schließlich. „Allerdings wird es in dem Hubschrauber gewaltig stinken.“
    „Das ist mir sowas von egal“, stellte Tilly fest und richtete sich auf. Sie trat auf die Lichtung hinaus und drehte sich nach den anderen um. „Was ist jetzt?“
    Langsam lösten sich alle aus der Deckung des Waldes und folgten ihr. Sie passierten den Schuppen, in dem sich Tilly bei ihrer ersten Begegnung mit den Basilisken versteckt hatte. Fliegen surrten um die Kisten. Eine Ameisenstraße führte über den Weg. D’Albret hielt das Gewehr im Anschlag und drehte sich immer wieder um. MacLoughlin hatte ihre Pistole Pérez gegeben und ihm kurz erklärt, wie man damit umging. Jetzt hielt der Peruaner die Waffe in Richtung Tunneleingang.
    Tilly hatte ein nervöses Kribbeln im Bauch. Jeden Augenblick konnte ein Bolzen aus dem Wald oder dem Tunnel heranfliegen und sich in ihren Körper bohren.
    Sie eaub>
    rreichten den Hubschrauber. Aus seinem Inneren wälzte sich ihnen ein infernalischer Gestank entgegen. Fliegen summten die Tür hinein und hinaus. Es klang wie in einem Bienenstock. MacLoughlin, die bereits die ausgeklappte Treppe des Hubschraubers betreten hatte, drehte sich wieder um, als hätte sie jemand ins Gesicht geschlagen.
    „Tut mir leid“, sagte sie. „Das schaffe ich nicht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass etwas so riechen kann.“
    „Zwei Tage in einem Metallgehäuse in der Sonne, dazu die Fliegen“, sagte Pérez mehr zu sich selbst. Er stellte einen Fuß auf die steile Treppe. Doch dann drehte er sich zu dem Piloten um.
    „Gibt es hier irgendwo Kerosin?“, fragte er. Carlos zeigte auf den Schuppen. Zwei große, hüfthohe Fässer aus Metall standen dort neben den Kisten im Schatten.
    Der Biologe lief hastig hinüber und öffnete bei einem der Behälter den Verschluss. Dann zog er sich das Hemd aus, drehte es zusammen und stopfte es in das Fass, bis es sich mit dem Flugbenzin vollgesaugt hatte. Das mit Benzin getränkte Hemd legte er sich um den Hals.
    „Vielleicht nicht so gesund“, sagte er, „aber besser als dieser Gestank.“
    Er sprang die Treppe des Hubschraubers hinauf und schaute ins Cockpit. Eine Wolke von metallisch schimmernden Fliegen hüllte ihn ein und suchte den Weg hinaus. Das störte ihn nicht. Doch das Bild, das die Leiche bot, war schlimmer als alles, was er sich in seiner Fantasie hätte ausmalen können.
    Er drehte sich um und wankte zurück in den Laderaum. Carlos hatte sein Hemd ebenfalls in Kerosin getränkt und um den Hals gebunden. Jetzt half er Pérez, der die Pistole zur Seite gelegt hatte, einige der Gurte von den Wänden des Hubschraubers zu lösen. Sie kehrten ins Cockpit zurück, legten die Riemen um die Schultern des Toten und hievten ihn mit vereinten Kräften aus dem Sitz. Sie ließen den Körper durch die Luke die Treppe hinunterfallen, hinaus ins Freie.
    MacLoughlin schauderte es. Das ist der Lauf der Dinge, dachte sie. Hätte man vielleicht auch irgendwie schöner einrichten können. Der Gedanke, dass dieses Etwas mal ein Mensch mit Gefühlen, Träumen und Ängsten gewesen war, löste zu ihrer Verwunderung kein Mitleid in ihr aus. Dafür hatte es vielleicht einfach nicht mehr genug Ähnlichkeit mit dem menschlichen Wesen, das es einmal gewesen war.
    Pérez stürzte ins Cockpit zurück und schob die Fenster auf beiden Seiten so weit nach hinten auf, wie es ging. Carlos folgte ihm und ließ sich auf dem Pilotensitz nieder. Er begann, Schalter und Hebel vor seiner Nase und über seinem Kopf umzulegen.
    Pérez wies auf die beiden kleinen Ventilatoren, die hinter den Armaturenbrettern vor den beiden Sitzen in die Höhe ragten. „Vielleicht stellst du die gleich an“, forderte er Carlos auf. Er drückte hinter dem Piloten die Tür zum Cockpit zu.
    D’Albret stand einige Meter vom Helikopter entfernt mit dem Rücken zur Luke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher