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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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plötz­li­chen Pu­ri­ta­nis­mus viel­leicht nicht ge­teilt hat, aber jetzt ist es zu spät, um den Feh­ler wie­der­gutz­u­ma­chen. Wir spra­chen haupt­säch­lich dar­über, wie wir zur Ar­chäo­lo­gie ge­kom­men sind. Sie frag­te mich da­nach, und ich sag­te: „Weil ich die Vor­stel­lung ver­ab­scheue, ir­gend et­was könn­te ver­schwen­det wer­den. Ich mei­ne, daß ir­gend et­was, was für je­man­den ein­mal wich­tig und be­deu­tend und wert­voll war, ein­fach ver­gra­ben liegt und ver­ges­sen wor­den ist. All die­se Din­ge möch­te ich ber­gen, auf daß sie er­neut für ir­gend je­man­den wich­tig sind … und sie sich so­mit nicht ver­nach­läs­sigt vor­kom­men.“
    Und ich er­zähl­te ihr die Ge­schich­te von der ver­lo­re­nen Sta­tu­et­te.
    Er­in­nerst du dich, Lo­rie? Wie könn­test du es ver­ges­sen ha­ben! Wir wa­ren sechs Jah­re alt. Va­ter hat­te sich auf ei­nem Pla­ne­ten auf­ge­hal­ten, an des­sen Na­men ich mich nicht mehr ent­sin­ne – im Ep­si­lon-Eri­da­ni-Sys­tem –, und dort eins sei­ner Im­mo­bi­li­en­ge­schäf­te ab­ge­wi­ckelt. Und er brach­te uns zwei von dort stam­men­de Sta­tu­et­ten als Spiel­zeu­ge mit, ei­ne für dich, und ei­ne für mich. Es wa­ren Dar­stel­lun­gen von Haus­tie­ren je­nes Pla­ne­ten; sie be­stan­den aus ei­ner Art Por­zel­lan und fühl­ten sich so au­ßer­or­dent­lich weich und ge­schmei­dig an, daß man sie gar nicht mehr los­las­sen woll­te, hat­te man sie erst ein­mal be­rührt. Du hast dei­ne Sta­tu­et­te in der Nä­he dei­nes Bet­tes im Kran­ken­haus auf­be­wahrt, und ich trug mei­ne in mei­ner Ta­sche bei mir. Au­ßer wenn ich zu Bett ging: Dann stand sie auf dem Nacht­schränk­chen, so daß ich sie auch des Nachts se­hen und an­fas­sen konn­te. Ich lieb­te die­ses klei­ne Por­zel­lan­tier mehr als al­les an­de­re, was ich be­saß, und dann, ei­nes Ta­ges, nahm Va­ter mich mit, da­mit ich beim Bau ei­nes neu­en Ge­bäu­des zu­se­hen konn­te, das er in Alas­ka er­rich­te­te. Ich stand auf die­sem Bal­kon und blick­te zum Fun­da­ment hin­ab, mit der Sta­tu­et­te in der Hand, und dann nies­te ich oder so, und sie fiel hin­un­ter. Ich be­gann zu schrei­en und bat Va­ter, sie mir zu­rück­zu­ho­len, doch die Bau­ma­schi­nen wa­ren zu schnell. In den nächs­ten fünf Mi­nu­ten schüt­te­ten sie Ton­nen von Be­ton in das Loch. „Sag ih­nen, sie sol­len sie aus­gra­ben!“ ver­lang­te ich von Va­ter. „Das Haus ge­hört dir. Du kannst ih­nen das be­feh­len. Ich will sie zu­rück!“ Er lach­te und sag­te, es wür­de Tau­sen­de von Kre­dit­ein­hei­ten kos­ten, un­ter all dem Be­ton nach mei­nem Spiel­zeug zu su­chen, und ob ich woll­te, daß er so­viel Geld ver­schwen­de? Au­ßer­dem, sag­te er, wür­den in ei­ner Mil­li­on Jah­ren Ar­chäo­lo­gen hier­her kom­men und die Rui­nen die­ses Ge­bäu­des un­ter­su­chen und mein Spiel­zeug fin­den und in ei­nem Mu­se­um aus­stel­len. Ich wuß­te nicht, was ein Ar­chäo­lo­ge war, und ich woll­te nicht, daß man mei­ne Sta­tu­et­te in ei­ner Mil­li­on Jah­ren aus­grub. Ich woll­te sie so­fort zu­rück, und in mei­nem Wut­an­fall ge­bär­de­te ich mich so wild, daß sie mich fort­brin­gen und mir ein Me­di­ka­ment ge­ben muß­ten, um mich zu be­ru­hi­gen. Und als du hör­test, was pas­siert war, hast du ge­sagt: „Gut, wenn Tom sei­ne Sta­tu­et­te nicht mehr hat, dann will ich mei­ne auch nicht mehr.“ Und du hast dei­ne Kran­ken­schwes­ter ge­be­ten, sie ei­nem an­de­ren klei­nen Mäd­chen zu ge­ben, und sie er­füll­te dei­ne Bit­te. Was ei­ne dei­ner ganz ty­pi­schen, mit­füh­len­den und ge­schick­ten Re­ak­tio­nen war, denn ich war wie ver­rückt vor Neid, daß du dein Spiel­zeug noch hat­test und meins ver­lo­ren­ge­gan­gen war. Ich ver­mu­te, ei­ne ge­wöhn­li­che, gut­her­zi­ge Schwes­ter hät­te ih­rem Bru­der ein­fach ihr ei­ge­nes Spiel­zeug ge­ge­ben, aber du hast dich nie auf ge­wöhn­li­che Wei­se ver­hal­ten. Und was du ge­tan hast, war ge­nau rich­tig: Mit ei­nem Er­satz für mei­nen Ver­lust wä­re ich nicht zu­frie­den ge­we­sen, aber daß du dei­ne Sta­tu­et­te nun eben­falls nicht mehr hat­test, das nahm dem

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